November 2004                         www.hermann-mensing.de                                 

mensing literatur

zum letzten Eintrag

Mo 1.11.04  14:44

Alle waren da. Alle tranken und rauchten. Alle sprachen über dies und das, bis Zungen und Lider schwerer wurden. Ein schöner Abend, der sich bis in den Morgen zog. So begann der November. Nun bin ich gespannt, wie er weitergeht.

15:55

Da das Leben sinnlos ist und nur danach trachtet, fortzubestehen, bleibt uns, den potentiellen Verfielfältigern, nichts weiter als eigenen Sinn zu schaffen. Jedes Mittel ist recht. Das eine ist so gut wie das andere. Sollten Sie also glauben, ein Kleingarten, aus Streichhölzern historische Gebäude bauen oder ähnliches sei der Sinn ihrer Existenz, bitte, daran ist nichts auszusetzen. So lang ihre Versuche nicht die Rechte anderer verletzen, ist das Feld möglicher Sinnschöpfung so groß und vielfältig wie die Welt. Hauptsache, Sie werden aktiv, denn das das Leben will uns nicht als passiv Jammernde, es will uns als Unternehmende. Dass es nicht immer leicht ist, vom Einen überzeugt zu sein und dennoch das Andere zu tun, versteht sich von selbst, aber mit diesem Widerspruch muss man leben. So wie es viele Dinge gibt, die man aushalten muss.

 

Di 2.11.04   13:25

Halli hallo liebe Deutsche, ich bin's, your local scrutinizer.
Sicher wisst ihr, dass heute nur eines wichtig ist. Freut euch also auf die ersten juristischen Auseinandersetzungen über den Wahlausgang, die aller Erwartung nach gleich nach Mitternacht europäischer Zeit einsetzen werden, denn wie könnte es anders sein in der ältesten Demokratie dieser Welt. 10.000 Juristen auf dieser und 10.000 auf jener Seite stehen bereit.
Während ihr also zittert und dem ein oder anderen Kandidaten die Daumen drückt, bleibe ich gelassen.
Mein Alter-Ego, Meister M., hat seine Helden nämlich gerade auf einer Insel im Fluss erwachen lassen. Die Sonne scheint, man frühstückt und ist bereit, die beunruhigenden Ereignisse des Vorabends auf sich beruhen zu lassen. Man will seine Reise genießen und sonst nichts.
Da Meister M. aber einen Gruselroman schreibt, muss irgendetwas geschehen. Er weiß noch nicht was, daher dieser Eintrag, eine Übersprungshandlung, die ihm Spielraum gibt, aber spätestens in fünf Minuten wird er sich an die Arbeit machen und dann helfen keine Ausreden mehr.
Drücken Sie ihm also die Daumen, vermitteln Sie ihm ihr Mitgefühl, und seien Sie nicht enttäuscht, wenn sich die Welt nicht verändert, nur weil in Amerika ein Präsident geht oder nicht.
Alles bleibt anders, behauptet ein knödelnder deutscher Sänger. Vielleicht hat er Recht. Vielleicht ist alles nur eine atemberaubend unglaubliche Inszenierung, so unglaublich und verschachtelt, dass niemand die Wahrheit glauben würde und es besser ist, dass man uns weiter Lügen auftischt.

16:48

Optimisten leben länger, sagen niederländische Forscher. Meine Rede. Ich bin Optimist und schon 55.

 

Mi 3.11.04   7:32

Well, my Deutschländer, wie ihr seht, hat der trocken gelegte Säufer, wiedererweckte Christ, der Cowboy aus gutem Hause und herzengute George Dabbljuh gewonnen. Gewählt von einem Amerika, dat nicks von die Welt weiß und sich für die Krone der Schöpfung hält. Bravo! Jetzt kann George makken, wat er will und das wird er auch. Also zieht euch die Mützen übers Gesicht, denn was Unilateralismus tatsächlich bedeutet, werdet ihr erst in den nächsten Monaten erfahren.

11:06

Hohooo, heute ist Weltmännertag.
George Dabbljuh wird es freuen, ist er doch ein ganz besonders effizientes, kluges Exemplar unserer Gattung. Ein Highlight der Evolution. Glückwunsch, wenn sich das Blatt denn nicht doch noch wendet.

13:20

Ein deutscher Schriftsteller muss sich mit keinem amerikanischen Präsidenten gut stellen. Er darf sowohl den einen als auch den anderen beschimpfen. Er darf ihn anpöbeln, darf ihn verspotten, er darf ihn Betrüger nennen und Wahlfälscher, er darf ihn sogar mit Eiern bewerfen, angenommen, er bekäme die Chance dazu, allerdings könnte er das nur tun, wenn er bereit wäre, anschließend sehr schnell zu rennen.
Da aber um 13:20 alles wieder offen scheint, da die Zuversicht der Republikaner vom frühen Morgen augenblicklich eher wie positive thinking erscheint, verweist dieser deutsche Schriftsteller, den keinerlei Sympathien mit amerikanischen Präsidenten verbinden, es sei denn, er denkt an seine jugendlichen Schwärmereien für JFK, mit Hingabe darauf, wie viel Spaß es macht, unabhängig zu sein, zu verspotten, zu verhöhnen, zur Not mit Eiern zu bewerfen.
Wie viel Spaß es macht, klein und unbedeutend zu sein, wie gut es tut, wenn man seine Hilflosigkeit für Momente überwindet mit Spott, Hohn und faulen Eiern.
Sein Rat: bewerfen Sie jeden Präsidenten jedes Landes, den sie nicht mögen, mit Eiern. Seien Sie allerdings darauf gefasst, dass man sie zur Verantwortung zieht. Anders ist das mit Spott und Hohn. Der gilt als ihre persönliche Meinung und kann nicht bestraft werden.
Wundervoll, finden Sie nicht.
Die Rache des kleinen Mannes. Ohne Folgen. Ohne Aussichten. Aber immerhin!

 

Do 4.11.04   11:10

Geriet mit dem Bassisten der Session-Gruppe in ein funkiges Duo, was mich bis zum nächsten Mal ruhig stellen, meine Illusionen nähren und bei der Stange halten sollte. Gelingt das nicht, garantiere ich für nichts.

Traf heute früh den Dorftrinker H. (auch: Der Rucksackmann genannt), den ich vor fünfzehn Jahren einmal vor sich selbst rettete und der in mir seitdem einen Freund sieht, was nicht stimmt. Er tut mir nur Leid, aber man kann ihm nicht helfen. Das müsste er selbst tun. Wie's ginge, fragte ich, und er sagte, was das für eine Scheiße wäre, die Tabletten funktionierten zwar, aber ein Bier hin und wieder wäre viel einfacher. H. könnte sicher einen bewegenden Roman über Psychopharmaka und ihre Nebenwirkungen schreiben.

Heute wird Meister M. Seite 100 anstreben.

 

Fr 5.11.04   11:06

Blieb gestern auf Seite 97 stecken. Stecke jetzt auf Seite 99 und habe das Gefühl, dass Beharren zu nichts führt. Werde daher wohl besser einen ausgedehnten Spaziergang unternehmen, statt mir den Kopf einzurennen.

16:02

Stecke auf Seite 103, nachdem ich mich von Seite 95 mit grundlegenden Veränderungen noch einmal wieder bis 99 und von dort auf 103 vorgearbeitet habe. Die Nacht liegt vor meinen Helden. Es soll eine grauenhafte Nacht werden, und am Tag darauf, nachdem ihnen die Nacht schon zugesetzt hat, soll es ins Finale gehen. Mal sehn, ob es klappt. Mal sehn, was passiert. Was zu Ende geschieht, weiß ich. Wie sich alles auflöst, weiß ich auch. Nur die Strecke liegt noch im Dunkeln.

 

Sa 6.11.04   11:32

Der israelische Justizminister Tommy Lapid sagt, Arafat könne keinesfalls in Jerusalem bestattet werden. "Dort sind jüdische Könige begraben, keine arabischen Terroristen." Wie immer sie die Geschichte des jüdischen Volkes sehen, wie groß ihre persönliche Scham, ihr Schuldgefühl gegenüber Juden auch sein mag, lassen Sie sich diese Unverschämtheit eines - vom Namen her - wahrscheinlich nicht einmal in dieser Region geborenen Menschens auf der Zunge zergehen. Die Politik des Staates Israel ist eine arrogante Zumutung.

 

Mo 8.11.04  10:09

Heute: Das Beste vom Besten auf Seite 1:
Ausnahmezustand. Sturmangriff. Ausgangssperre. Anschläge. Überfälle. Geiseln. Autobomben. Schwerste Angriffe. Unbezahlte Mehrarbeit. Castor Gegner Beine abgefahren. Um das Dorf zu befreien, mussten wir es vernichten. Terror Kampf. Aufgepeitschte Stimmung.

Sie sehen: ein schöner Morgen zu Beginn einer schönen Woche in einem schönen Land, ein schöner Mensch sitzt an einem schönen Schreibtisch, trinkt leckeren Kaffee und schreibt schöne Geschichten. Schöne Scheiße.

11:08

Das Kontrastprogramm: Meditation

14:15

herbstgold
strahlt tief ins fleisch
noch ist stadt
sorgfältig maskiert
treibt hier alles sein spiel
bald ist wald
jetzt weites feld
mais steht. tausend verdörrte soldaten
raps bleicht
hält ganz still
für verspätete honigschlecker
der landwind
zaubert lametta in duckende weiden.

am grünen winkel
vor oktoberlich summender wand
verfallenes traumhaus
ort für gemäßigte ländler
ich seh mich im fenster
streiche mir stadtrand aufs brot.

aus all dem herbstbunten zeugs
kratzen grau
die kliniktürme am horizont
da gleich hinterm spielfeldrand
und graue bänder halten die stadt
in schach.

(aus: Hermann Mensing "...und Silbermond und..." Gedichte. 1980)

 

Di 9.11.04   9:30

Chip war überrascht, als er feststellte, wie sehr sich der schwarze Markt Litauens und der freie Markt Amerikas ähnelten. In beiden Ländern konzentrierte sich der Wohlstand in den Händen weniger; jede belangvolle Unterscheidung zwischen privaten und öffentlichem Sektor war verwischt; Handelskapitäne lebten in ständiger Anspannung und weiteten ihre Imperien deshalb skrupellos aus; einfache Bürger lebten in ständiger Angst, gefeuert zu werden, und in ständiger Ungewissheit darüber,welches mächtige private Interesse irgendeine ehemals öffentliche Institution gerade regierte; und die Wirtschaft wurde im Wesentlichen von der unersättlichen Nachfrage der Elite nach Luxusgütern angeheizt. ... Der Hauptunterschied zwischen Amerika und Litauen lag, soweit Chip das beurteilen konnte, darin, dass in Amerika die wenigen Wohlhabenden die vielen Nichtwohlhabenden mittels geisteinlullender und seelentötender Zerstreuungen und Technikkinkerlitzchen und Pharmazeutika unterdrückten, während in Litauen die wenigen Mächtigen die vielen Ohnmächtigen unterdrückten, indem sie ihnen Gewalt androhten. (1)

 

Mi 10.11.04   9:31

Mein progressiver Alltag kreist nach wie vor um den Fluss.
Auf Seite 111 wartet das finale Grauen. Meinen Helden wird heute entsprechendes Wetter zugeteilt, ich sehe es vor mir, ich habe es nur noch nicht aufgeschrieben.
Morgen verlasse ich meine friedliche, über die Katastrophen der Welt sich erhebende Stube und lese in Essen aus der Großen Liebe. Ich bin gespannt, ob meine Zuhörer ähnliche aufmüpfig, unbeleckt und bunt zusammengewürfelt sind, wie sie es in Essen vor ein paar Wochen waren.

Ansonsten gilt: nichts ist so schön, wie das stille Verblöden im Alter.
Mit Freude sehen wir den zu erwartetenden Ausfällen verschiedener Organe entgegen. Da, wo in der Fernsehwerbung die orangefarbenen Punkte auf schmerzende Gelenke hinweisen, schmerzt es uns auch, aber grimmig und ohne uns zu schonen fahren wir trotzdem mit dem Rad über Land oder machen stundenlange Spaziergänge, konsumieren verschiedenste legale und illegale Drogen, immer in der Hoffnung, dass das Leben tatsächlich so schön sei, wie wir es manchmal empfinden.
Der unerträgliche Schmerz, der uns den Schlaf raubt und das Herz rasen lässt, dieser Schmerz hat keine organischen Ursachen, dieser Schmerz ist das Leiden an einer völlig aus den Fugen geratenen Welt.
Eigentlich gibt es gegen ihn kein Rezept.
Wir trotzen ihm dennoch. Wir versuchen, ihn zu verlachen.
So.
Die Arbeit beginnt.

 

Do 11.11.04 16:05

Sehr gute Lesung in Essen.
Wenn alles stimmt, was gesprochen wurde, gibt es 4 Anschlussjobs im nächsten Jahr.
We shall see. Overcome sowieso. Jetzt aber heißt es: Mittagsschlaf.

19:05

Stellen Sie sich vor, ein israelischer Politiker hätte Herz und Größe, Arafat in Jerusalem beerdigen zu lassen. Stellen Sie sich vor, wie Palästinenser sich fühlen, wenn ihr Held nicht einmal im Tod Recht erfährt.
Angenommen, man hätte Herz und Größe, es wäre nicht leicht, aber machbar. Oder, John?

 

Sa 13.11.04   9:58

Guten Morgen,
wie Ihnen nicht entgangen sein kann, ist Meister M. nicht nur Meister der billigen Sofortlösungen, nein, er ist auch Propagandist des problemlosen Miteinander, des gegenseitigen Verstehens und Verfechter der Gewaltfreiheit. Sicher ließe sich die Liste seiner Träume und Hirngespinste erweitern, aber das lassen wir.

Meister M. hat Jahrzehnte gehofft und schaut nun mit Grausen auf das, was tatsächlich ist.

Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. Er will das nicht. 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So 14.11.04    17:50

Sinnfreies Sprechen an einem Sonntagabend beim Tee

Tasslala nank tri moktola, äpätloda, lodi
hamdork kasta, knitom ribra, ribit anaka ha.

Danke.


Mo 15.10.04   9:59

Wenn ich nach Lesungen mit meinen Zuhörern ins Gespräch komme, werde ich fast immer nach meinem Einkommen gefragt. Eine Weile habe ich mich mit 5 Trizillionen Mark herausgeredet, aber das liegt lange zurück. Heute antworte ich Klartext. Letzte Woche in Essen sagte ich, dass ich in einem guten Jahr (und 2004 ist ein solches) vor Steuern ca. 1000 Euro im Monat verdiene. Da Kinder in den seltensten Fällen wissen, wieviel ihre Eltern verdienen, sie also den von mir genannten Betrag nicht in Beziehung zu anderen Einkommen setzen können, ernte ich meist erstauntes Raunen. Sie glauben, das sei eine Menge Geld.
Ich finde auch, dass mein Einkommen nicht schlecht ist, vor allem, wenn ich es in Beziehung zu anderen sehe, die weit weniger Freiräume haben. Dass meine Freiräume Luftschlösser sind, die sich jeden Augenblick auflösen können, steht auf einem anderen Blatt. Aber ich liebe meine Arbeit, und nehme diese Unsicherheit als Preis für meine Freiräume gern in Kauf. Vielleicht sähe das anders aus, wäre ich nicht verheiratet und hätte keinen zusätzlichen Rückhalt, aber darüber nachzudenken ist müßig, denn a: bin ich verheiratet und b: bin ich freiwillig verheiratet und c: fußt das Arrangement meiner Ehe auf Übereinkunft.
Als ich am Donnerstag die Frage nach meinem Einkommen beantwortet hatte, dachte ich, vielleicht wäre es interessant, einen Bezugsrahmen herzustellen. Also fragte ich die die Schüler begleitende Lehrerin, wieviel sie denn verdiene. Sofort wurde gedruckst und gestottert. Ich soufflierte, und so kam heraus, dass sie etwa das 3- fache meines Einkommens erzielt.
Ich war sehr zufrieden mit dem Verlauf des Gesprächs. Hin und wieder ist es angenehm, Missverständnisse gerade rücken zu können. Kinder glauben nämlich, jemand der Bücher schreibt, müsse reich und berühmt sein. Überhaupt scheint Reichtum und Ruhm Kindern äußerst erstrebenswert.

So. Und nun wünsche ich eine angenehme Woche.

Am 16. 11. lese ich in Detmold, am 19.11. in Warendorf, am 25. 11. in Dorsten und am 27.11. in Herne. Zwischendurch (jetzt gleich) werde ich versuchen, die letzten zwanzig, dreißig Seiten meines Romanes zu schreiben. Also, an die Arbeit.

PS.:
Wenn Ihnen alles zuviel wird, wenn es in Ihnen angesichts der verkorksten Welt kocht und brodelt und Sie ganz genau wüssten, wen Sie füsilieren würden, angenommen, Sie lebten nicht in einer Gesellschaft, die sich verbindlichen Regeln der Konfliklösung unterworfen hätte, wenn Sie sich also so fühlen und Auswege nirgendwo zu erkennen sind, versuchen Sie es mit sinnfreiem Sprechen. Das hilft.

15:26

Krättn hättn hättn.
Schnättn.
Schättn mättn.
Krättn.
Krättn nättn.

16:04

Sehr geehrter Herr Mensing,
haben Sie vielen Dank für die Übermittlung des Manuskripts "Mein Prinz". Wir sind an einer Veröffentlichung des Romans interessiert und würden das Werk im Paperback-Format (12,5x18,7cm) bei 112 Seiten Umfang zu einem
Ladenpreis von EUR 9,90 und einem Honorar von 8% auf den Nettoladenpreis bei einer Auflage von 2.000 Exemplaren herausbringen wollen. Wenn Sie mit diesen Konditionen einverstanden sind, schlage ich ein Treffen im Verlag vor, bei dem wir alle weitere Einzelheiten besprechen könnten.
Ich würde mich freuen, bald wieder von Ihnen zu hören und verbleibe....

Tja.
Was sagt man dazu?
Zuschlagen oder ablehnen?
Schnättn hättn.
Krätt. Schnätt. Hätt.

19:26

Wak tshana. Lol back. Tshakka nana.

 

Di 16.11.04   10:30

Ein Glück, dass ich heute mit der Bundesbahn reise, statt mit dem Auto auf verschlungenen Wegen. Zweieinhalb Stunden werde ich unterwegs sein, die Stops sind ungezählt, tief und tiefer hinein ins östliche Westfalen arbeitet sich der brüllende Diesel, bis es dann heißt: Detmold. Detmold. Bitte aussteigen, der Zug endet hier. Man wird mich vom Bahnhof abholen, wird mich an den Ort meiner Lesung eskortieren, und so es sich nicht um eine Lesung handelt, zu der Schulklassen geladen sind, sondern um eine, zu der man geht oder nicht, werden sich ein paar engagierte Mütter mit ihren Kindern einfinden. Das ist mein Brot. Gibt es Schöneres?

 

Mi 17.11.04   9:16

Ich hatte mir im Foyer der Grundschule, in der ich gestern las, den Entwurf für einen Kinderspielplatzes angeschaut. Es gab eine Sitzpyramide, einen Tunnel, einen Matschplatz, Hochsitze und eine Feuerstelle. Mir hatte das gefallen. Es hatte mich ein wenig an die Grundschule erinnert, die meine Söhne besucht haben.
Vom Foyer führte ein Gang zur Lobby, eine Aula.
Es war 15:10, meine Lesung sollte um 15:30 beginnen, sie war ausverkauft.
Ich verließ das Foyer, um noch ein wenig herum zu gehen. Als ich in der Mitte des Ganges war, kam von der Lobby her ein Junge gerannt. Mir schräg gegenüber stand ein weiterer Junge. Als der Rennende auf seiner Höhe war, stellte er sein Bein vor. Der Rennende stürzte. Ich herrschte den Beinchensteller an. "Sag mal, bist du bescheuert, so etwas kannst du doch nicht machen."
Ich hatte noch nicht zuende gesprochen, als auch schon eine blonde Endzwanzigerin bei mir war, den Beinchensteller, der mittlerweile zu weinen begonnen hatte, tröstend bei der Hand nahm, und mir sinngemäß sagte, dass man an dieser Schule so einen Ton nicht gewohnt sei, sicher habe ich im Affekt gesprochen, dennoch, das sei nicht akzeptabel. Zudem sei das Kind schuldlos, Sie werde es schon zur Rede stelle.
Ich sagte, das Kind sei nicht schuldlos, im Gegenteil, es habe sehr zielgerichtet gehandelt, sie aber bestand auf ihrer Sicht der Dinge. Da mir die guten Sätze mangels Schlagfertigkeit oft erst Tage später einfallen, überließ ich mich meiner grenzenlosen Verwunderung über so eine Fehleinschätzung. Ich hielt sie für die Mutter des Kindes (was sie nicht war, wie ich dann erfuhr, sie war Pädagogin), eine Kundin also und dachte nur, Scheiße, jetzt habe ich eine Feindin.
Vor der Tür zur Aula stand Frau R., die Bibliothekarin, die diese Veranstaltung organisiert hatte.
Ich ging zu ihr und sagte, Frau R., ich glaube, ich habe mir eine Feindin gemacht.
Frau R. schaute mich an und sagte: "Ich habe das gesehen. Der hat ein Beinchen gestellt. Das ist diese Kuschelpädagogik hier, wo alle erschrecken, wenn mal jemand Klartext redet. Das müsste viel öfter passieren."

Vielleicht waren die schönsten Momente der Lesung die, in denen ich mit den Kindern die Ohrenbär-Melodie pfiff, ein Thema aus Peter und der Wolf. Ein schönes Flöten war das. Aber 80 Kinder zwischen 4-6 Jahren sind zuviel des Guten. Ich habe einiges gespielt, besser wäre gewesen, ich hätte den Text ganz beiseite gelassen und die gesamte Geschichte szenisch gemacht. Möglich wäre das. Ich trau mich nur nicht so recht, schließlich bin ich kein Schauspieler.

 

Do 18.11.04   10:01

Ich drücke mich noch ein wenig vorm entscheidenden Kapitel meines Romans, weil ich weiß, dass dahinter ein Loch gähnt. Fürs erste leer geschrieben und arbeitslos. Vor mir die unerquicklichste Seite meines Berufes: die Notwendigkeit, den Roman zu verkaufen. Der Automatismus, mit dem das in den letzten fünf Jahren vonstatten gegangen ist, ist vorüber. Mein Verlag ist vorsichtig geworden. Wirtschaftliches Handeln hat oberste Priorität. Lieber verkauft man mindere Ware gut, als gute Ware schlecht.
Ich habe deshalb Kontakt mit einer Literaturagentin aufgenommen. Im Idealfalle würde sie Verlage ansprechen und wir machten gemeinsame Sache. Sie hielte mir die Schönredner, Verlagsstrategen und Lektorinnen vom Halse, ich lieferte ihr Literatur für Kinder.
Aber so weit sind wir noch nicht. Weder weiß ich, ob sie meine Arbeit schätzt, noch, ob ich ihr vertrauen kann. Ihre Konditionen kenne ich auch nicht. Ich werde also sehen.
Gestern fuhr ich bei neblig trübem Wetter zur Listruper Schleuse. Dort spielt das letzte Kapitel meines Romans. Die Ems, die in der Geschichte nur als der Fluss auftaucht, die Schleuse, die dort Lüstruper Schleuse heißen wird, damit ich die den realen Ort meiner Diktion unterwerfen kann, sind beeindruckend.
Die Ems macht ca. 400 Meter vor der Schleuse eine scharfe Linkskurve, dann geht es aufs Wehr zu. Die Zufahrt zur Schleuse ist weiter rechts. Zwischen Wehr und Schleuse liegt eine Freiflut, ein Überlauf, daneben ist eine Fischtreppe. Auf Warnschildern in der Kurve vorm Wehr wird auf Querströmungen hingewiesen. Es herrscht Lebensgefahr.
Genauso hatte ich mir den Ort für mein letztes Kapitel gewünscht. Und wie der Schleusenwärter aussieht, weiß ich jetzt auch. Ich traf ihn gestern vor Ort, sprach ihn an, fragte, ob ich mich umschauen dürfe, ich sei Kinderbuchautor und recherchiere für einen Roman. Natürlich, antwortete er.
Ich werde also gleich beginnen. Ich werde mich an den Rand dieses furchtbaren Loches vorschreiben, ich werde hinein starren und mir wünschen, ich könnte nahtlos zum nächsten Roman übergehen.

15:44

Es gibt, dessen habe ich mich gerade noch einmal versichert, keine Garantie des Verlages für weitere Veröffentlichungen. Das ist das höchste an Gewissheit, was ich aus dem Lektorat herauskitzeln kann. Alles weitere ist Spekulation. Alle Freundlichkeit war vorgetäuschte Freundlichkeit. Es gibt keine Freundschaft in diesem Geschäft. Es gibt nur Plus und Minus. Meine Aktien fallen. Interessant wird nun sein, wie die Weihnachtsgratulation ausfällt. Vor gut drei Jahren erhielt ich eine Sachertorte. Vor zwei Jahren kündigte mich der Geschäftsführer P. ("My name ist Panzer, I'm a pacifist", sagte er zu einer amerikanischen Literaturagentin auf der vorletzten Buchmesse.) in einem Katalog des Hauses als "Erfolgsautor" an. Entsprechend beglückte er mich zu Weihnachten mit einem Anruf. Im Jahr darauf rief er nicht an, was ich - so weiß ich jetzt - instinktiv richtig deutete, aber noch nicht wahr haben wollte. Nun bin ich gespannt, ob man mir in diesem Jahr überhaupt Wünsche zum Fest übermittelt.

20:16

Habe heute mittag über zwei Stunden wichtiger Lebenszeit damit verbracht, einen Digitalreceiver, der es mir ermöglicht, dass terrestrisch abgestrahlte digitale neue Fernsehen zu empfangen, in meine Sammlung aus DVD-Player, Video-Recorder und Fernseher zu integrieren. Fragen waren unter anderem, wo kommt das Signal an, wie leite ich es weiter, leite ich es durch den Video-Recorder, ja oder nein, welche Scart-Verbindung lege ich, die vom Video-Recorder, die vom Digital-Receiver, ist es nach erfolgter Installation noch möglich, Videos aufzunehmen, muss ich, da mein Fernseher nur einen Scart-Anschluss hat, umstöpseln, wenn ich DVD's sehen will, und dann, will ich diesen ganzen Mist überhaupt? Die dritte Stunde verrann, nun bin ich in der Lage, der Inszenierung Brot und Spiele zur Massenverdummung in großem Rahmen zu folgen. Hach, wie ich mich freue.

20:24

Die Liebe eines Verlages zu seinem Autor klingt so:

Lieber Herr Mensing,
da ich Sie telefonisch nicht erreiche, hier meine Rückmeldung bezüglich des "Prinzen". Leider können wir Ihnen im Moment kein Angebot für Ihren historischen Roman machen und also auch keine Garantie dafür geben, dass dieser Titel in nächster Zeit bei uns erscheinen kann.
Mit herzlichen Grüßen

 

Sa 20.11.04 13:46

Aus Träumen kommend, sich des Wachseins noch nicht gewiss, fährt der Patient hoch. Er glaubt, sein Herz habe aufgehört zu schlagen. Panik steigt auf, er reißt sich die Decke fort, stemmt den Kopf vom Kissen und atmet begierig und tief. Jetzt beginnt sein Herz wieder zu schlagen, es jagt in hoher Frequenz, aber immerhin, es schlägt und so ist er davongekommen. Im nächsten Augenblick jedoch weiß er, dass dies nur ein Vorspiel war: der Schmerz ist zurück. Dieser Schmerz.

 

Mo 22.11.04   10:23

Deutsche, Mitbürger, Heimatliebende, unsere Leidkultur ist in Gefahr. Kameltreiber, Ziegenficker und Turban-Muftis treten sie mit Füßen. Ich rufe Euch auf, verteidigt die christlich-abendländischen Werte. Kämpft für die Lightkultur. Schützt eure Frauen.

16:27

Mein Held ist gerettet. Jetzt heißt es, den Nachtisch servieren. Die schlechteste aller Nachrichten so zu verpacken, dass sie nicht unappetitlich wird, und dennoch klar macht, wofür der untote Bayer diese Schrecken veranstaltet hat.

19:51

Der 55 Jahre alte Chinese Hermann Mensing aus Peking ist zum Top Model of the World 2004 gewählt worden. Der mandeläugige Schöne setzte sich am Wochenende in Ettlingen (Baden-Württemberg) gegen 32 Mitstreiter im Alter von 16 - 27 Jahren durch. Auf Platz zwei landete ein 19 Jahre alter Äthiopier. Um die Schärpe des Siegers zu ergattern, galt es für die Teilnehmer, mit Ausstrahlung, Persönlichkeit, Haltung und Gang zu überzugen. In Abend- und Bademode mussten sich die Laufsteg-Schönen 200 masturbierenden Zuschauern sowie einer Jury stellen, in der unter anderem auch eine Schönheitschirurgin saß.


Do 23.11.04   11:30

Nach einem harten, fairen Verhandlungsmarathon, das sich über zwei Tage hinzog, vereinbarten Herr Mensing und der Verlag A., dass Mensings Roman "Mein Prinz" im März nächsten Jahres im Verlag A. erscheinen wird. Ein überaus großzügiger Vorschuss wird es M. ermöglichen, endlich zwei neue Matratzen zu kaufen. Vielleicht ist auch noch ein Essen mit der Familie möglich. Er wird sehen. Hach, schon wieder so ein lukratives Geschäft.

 

Fr 24.11.04    15:14

Alle Arbeit ist getan. Könnten wir uns doch ein wenig langweilen, oder?

 

Sa 25.11.04   15:45

Zwischen Wesel-Datteln-Kanal und der von müden Nebelhexen bevölkerten Lippe haben die Stadtväter Dorstens Mitte der 70er ein Zentrum gebaut, gegen das selbst der Kurt Schumacher Platz meiner Heimatstadt schön ist. Stadtverwaltung, VHS, Kulturamt, das Gymnasium Petrinum, die Stadtbücherei, ein Erlebnisbad, ein Olymp-Park, eine Kids-World (Indoor-Spielplätze, völlig verwaist gegen Mittag), das alles wahlweise in Beton und und/oder auf Backsteinbasis, die oberen Stockwerke mit Kupfer verkleidet.
Früher war dieses Gelände eine Brache zwischen Fluss und Kanal, früher fand hier die Katharinenkirmes statt, eine Kirmes mitsamt eines Kram-Marktes, immer um diese Jahreszeit.
Unter all diesen Gebäude befindet sich eine weitläufige Tiefgarage, die einen schon bei Tag das Gruseln lehrt, wie mag das erst nachts sein? Ich parke, schultere meine Siebensachen (die Bücher, aus denen ich lese und die zum Verkauf stehenden Bücher - Der Heilige Bimbam), und steige durch ein von Schülern des Kunstleistungskurses des Gymnasiums gestaltetes Beton-Treppenhaus hinauf auf den gepflasterten Platz, um den all die genannten Gebäude angeordnet sind.
Da hinten rechts ist die Stadtbücherei. So weit mein Einstieg.
Die Gegenwart findet mich in einer Eisdiele am südlichen Ende der Einkaufsmeile dieser Stadt am nördlichen Rand des Ruhrgebietes. Man ahnt noch, was früher war, wenn man sich der Stadt vom Südosten nähert. Bei Marl sieht man die verschlungene Architektur eines Chemie-Giganten, Rohre, Tanks, Schlote, Kessel, eine kleine Moschee mit Minarett auf billigem Baugrund längs der Autobahn 52, zugleich aber auch Wald, Kiefern vor allem, und die übliche Buche, Eiche, Birke.
Bis AUF SCHALKE schafft es der geübte Radfahrer in einer knappen Stunde, bis auf die schwindelden Höhen der Hohen Mark (Borkenberge) in entgegengesetzter Richtung ginge es ebenso schnell. Eigentlich wäre also alles in Ordnung, nur was will man in dieser Stadt, wenn man nicht hier wohnt, keine Verwandten hat?
Richtig. Man ist Schriftsteller wie ich, man wiederholt seinen Besuch vom letzten Jahr (27.11.2003), was nur bedeuten kann, dass man meine damalige Lesung gut fand.
Ich habe es heute mit Zapplern zu tun, ausgewiesenen Zapplern, die nicht nur mit ihren Gliedmassen zappeln, sondern auch Gegenstände rotieren lassen. Wann immer ich von meinem Buch aufschaue, zappelt etwas.
Für alle, die noch nie gelesen haben, aber daran denken, so etwas eines Tages zu tun, achten Sie auf jeden Fall darauf, dass Sie nicht in einer kuscheligen Lese-Ecke enden. Dort nämlich ist Konzentration doppelt so schwer herzustellen, wie auf Stühlen. Kuschelige Lese-Ecke führen zu Herumlümmeln, Schubsen und Unruhe. So gemütlich der ein oder andere derartige Lese-Ecken (auch: Kuschel-Eecken genannt: siehe: Kuschel-Pädagogik) finden mag, sie sind für jeden Lesenden eine Herausforderung der besonderer Art. Weigern Sie sich am Besten, dort aufzutreten, fordern Sie Sitzreihen mit der Möglichkeit, den einzelnen Zuhörer festzuschnallen.
Der Heilige Bimbam gehört zu den Romanen, aus denen ich noch nicht häufig gelesen habe. Neuland also, mit der Option, erkunden zu können, wo was machbar ist, denn am Samstagabend lese ich auf einer ausgewiesenen Weihnachtsveranstaltung in Herne. Ich habe also probiert heute, habe gerafft, habe Seitenpfade der Geschichte nur angedeutet, um die eigentliche Geschichte erzählen zu können.
Schönstes Erlebnis am Ende der Lesung, als ich Autogramme schrieb, war die Frage eines Mädchens, ob Sie mir einen Witz erzählen dürfe, einen Schriftstellerwitz.
Gern, sagte ich. Sie hatte sich vorbereitet, hatte einen kleinen, rechteckigen Schnitz Papier mit dem darauf gedruckten Witz irgendwo ausgeschnitten.
Treffen sich zwei Schriftsteller, sagt sie, und der eine sagt zum anderen: Mir fällt in letzter Zeit überhaupt nichts ein. Das habe ich gelesen, sagt darauf der Kollege.
Dann ist die Lesung zuende, Frau F. (die Bibliothekarin) und ich fachsimpeln noch ein wenig, wobei sie manchmal die Arme hebt, so dass ihr Pullover hochrutscht und ich freien Blick auf ihren Bauchnabel habe. Sie ist eine attraktive Frau Anfang 30, sportlich, und ich sage nicht, dass sie einen schönen Bauchnabel hat.
Schließlich verabschiede ich mich und streife über den Katharinen-Markt. Überraschend reichhaltig ist das Angebot verschiedener Putzwunder, beurkundete Wunder. Ich, heißt es etwa, beurkunde mit meinem Namen, dass mein Möbelgenerator höchsten Ansprüchen gerecht wird. Auch Hornhaut-Balsam, Tiroler Tinktur und Pferdebalsam sah ich, Stoffe als Meterware, holländische Lakritze und Weihnachtsschmuck, Handwerkerbekleidung und Räucherstäbchen. Seit 26 Jahren im Angebot (oder länger). Es hat den Anschein, dass auch hier eher flaniert als konsumiert wird. Ich trinke eine Erdbeer-Milchshake, schreibe, registriere, dass das Flirren am äußeren Bildrand meines Gesichtsfeldes abnimmt, ich bin beruhigt und weiß, dass ich wieder einmal davongekommen bin.
Die Sonne scheint, es ist frostig, ich zahle und fahre zurück.

 

So 26.11.04   17:03

Erfuhr heute Interessantes über Verträge und lernte, dass jeder Autor so blöd ist, wie er nur blöd sein kann. Vor allem Autoren wie Hermann Mensing, denn der scheißt auf Verdi. und den Verband deutscher Schriftsteller, der kriegt Pickel, wenn er Kollegen sieht, die nichts als schimpfen und jammern, weil ihre erbärmlichen Büchlein nur mit Selbstkostenzuschüssen gedruckt werden, ihm wird schwarz vor Augen, wenn er jedes Jahr wieder erlebt, wie sie sich bei der Landestagung (oder wie die heißt) um Lesungen schlagen, ganz davon abgesehen, wie sie dann lesen, wenn sie lesen. Wäre Meister M. ein wenig kooperationsbereiter, wäre in der Lage, über das ein oder andere zu lachen, wer weiß, vielleicht hätte er längst gewusst, was in Verträgen stehen sollte und was nicht. Nun, heute hat er etwas gelernt, er wird es in seinem Herzen bewegen, wahrscheinlich könnte er noch viel mehr lernen über Verträge und Vertragspoker und diese Dinge, aber (und das wird den Rest seines Schriftstellerdaseins definieren) es geht ihm am Arsch vorbei. Er will nur, dass man ihn lesen kann, sonst nichts. Er ist also eitel. Und der Eitle, das steht schon in der Bibel, muss büßen. M. tut das in Maßen gern. Also Schwamm drüber. Denn schließlich besteht Grund zur Freude. Ein weiterer namhafter Verlag im süddeutschen Raum interessiert sich für Tilli, Geige und die Birkenbande. Na, na, na, wenn das so weitergeht, erhöht sich Meister M.'s zu erwartende Rente vielleicht ja doch noch von ca. 350 auf 420 Euro. Das wär's doch, Freunde, oder. In diesem Sinne. Morgen lese ich in Herne. Bis zwei Stunden vor Lesungsbeginn werde ich jedoch wohl das Bett hüten müssen, denn ganz wohl ist mir nicht. Ein grippaler Infekt rumort in mir. Aloha!!!

 

Mo 27.11.04   12:00

Bin kurz aufgestanden um zu verkünden, dass es mich noch gibt. Und dass der ADAC Routenplaner einen Willi Pohlmann Platz, an dem sich mein heutiger Lese-Ort befindet, offenbar nicht kennt. Aber, sagt die Veranstalterin, es ist ganz einfach. Einfach bei Herne-Eickel abfahren, ab da ist das Kulturzentrum ausgeschildert. Gut. Bisher habe ich noch jede Straße gefunden, und da ich ja seit etwa drei Monaten auch ein Mobiltelefon mein eigen nenne (ein vom Gitarristen der Working Worms ausrangiertes und mir kostenlos überlassenes Modell der finnischen Marke Nokia), könnte ich zur Not ja telefonieren.
Telefonieren telefonieren. Nach Hause telefonieren. (Richtig. Zitat Steven Spielberg: ET)

 

Di 28.11.04   13:55

Meine Lesung in der Stadtbibliothek Herne, untergebracht im Kulturzentrum, ein Bau, der dem meines Lesungsortes in Dorsten respektive dem des Kurt-Schumacher-Platz meiner Heimatstadt verdächtig glich und wahrscheinlich aus gleicher Zeit stammt (samt integrierter Tiefgarage und Frauenparkplätzen), begann um 19 Uhr.
Statt nun einen vergnüglichen Abend mit ihren Kindern zu verbringen, lieferten die Mamas und Papas ihre Kleinen vor der Tür ab und verschwanden so schnell sie nur konnten. Wir waren also unter uns, die Kinder, die Bibliothekarinnen und ich. Der Spaß begann, noch eh ich zu lesen angefangen hatte. Frau W. hatte nämlich rotweiße Bommelmützen an alle Mitwirkenden verteilt. Ich hatte also auch eine aufgesetzt, aber sie fühlte sich an, als wäre sie aus leicht entzündbarer Chemiefaser, ich begann sofort zu schwitzen und sagte, die setze ich wieder ab.
Aber Sie haben sie doch nicht einmal zehn Sekunden aufgehabt, sagte ein Kind.
Doch! sagte ich.
Nein! sagte ein anderes Kind.
Trotzig setzte ich die Mütze wieder auf, und die Kinder begannen zu zählen.
Ich ließ sie zählen und zählen, dachte, eigentlich könnte ich sie bis zum Ende des Abends weiterzählen lassen, aber bei dreißig nahm die Mütze schließlich ab und begann.
Die Kinder, Jungen und Mädchen zwischen 7 und 10, waren aufmerksam. Es schien ihnen zu gefallen.
Nach Ende der Lesung gab es Kinderpunsch, Würstchen und Kuchen, dann spielte eine Frau Theater. Als das gegen zehn schließlich beendet war, standen alle Mamas und Papas schon im Foyer und traten von einem Bein auf das andere, denn das Ende zog sich, es mussten noch Lose gezogen und Preise verteilt werden, in ihren Gesichtern sah man den Unmut über diese Verzögerung.
Ich aber machte mir ihre Anwesenheit zunutze und verkaufte ihnen alle mitgebrachten Bücher. Hach wie schön wäre es, immer Lesungen mit Kindern plus Eltern zu machen, da hätte ich keine Problem mit dem Bücherverkauf.
Eine Bibliothekarin lobte mich, dass Buch (Der heilige Bimbam) sei witzig und frech und wie froh sie darüber sei, denn so viele Kinderbücher seien langweilig und brav.
Das fände ich auch, antwortete ich begeistert, denn erst letzte Woche hatte mir eine Lektorin mit dem schwäbischen Diminutiv-Namen für Kalb gesagt, mein Roman Tilli, Geige und die Birkenbande sei ein wenig betulich.
Liebe schwäbische Frau, ich garantiere Ihnen, dass ich alles mögliche bin, aber das nicht.
Da bin ich doch eher bereit zu glauben, dass jemand der so heißt wie Sie, nicht regelmäßig gepimpert wird und daher im tiefsten Innern seines Herzen alles besser weiß.
Das Schicksal von Lektorinnen muss furchtbar sein.
Ständig vor Augen geführt zu bekommen, was man selbst nicht ein einziges Mal hingekriegt hat, schrecklich.
So Leute, soviel zu gestern. Der grippale Infekt tobt noch immer. Ich nehme Entspannungsbäder und lagere in der Horizontalen. Aloha, bis dann....

 

Mi 29.11.04   10:44

Ich liege vorwiegend im Bett, zwei Decken übereinander gestapelt, ich fühle mich schwach, aber das Schlimmste scheint vorüber. Was für ein Glück, dass mein Lesungsmarathon erst in der nächsten- (5 Lesungen) und übernächsten Woche stattfindet. In der momentanen Form wäre das nicht machbar. Schon die Lesung in Herne war anstrengend. Eh ich wieder unter Daunen verschwinde, möchte ich mich für meine frauenfeindlichen Äußerungen von gestern nicht entschuldigen. Ich möchte auch noch ein paar Worte über mein seltsames Handicap verlieren, das es mir nicht gestattet, heiße Milch von einem Topf in eine Kanne zu gießen, ohne etwas davon zu verschütten. Ich kann machen, was ich will, immer geht etwas daneben. Aber wie sagten die Ahnen: das Leben ist nicht leicht, nicht wahr. (Hatschiiii)

17:24

Dass seit dem 11.11. um 11.11 landesweit wieder Humor grassiert, beweist ein schönes Beispiel aus der örtlichen Presse. Da treffen sich der Vorsitzende der nordrheinwestfälischen CDU Rüttgers, der Kabarettist Stratmann und Männer der Karnevalsvereinigung "Böse Geister", gruppieren sich um ein bis an Rand mit Bier gefülltes, dickbauchiges Glas, aus dem lange Strohhalme in die Münder der Umstehenden führen, nennen dieses Glas "Saufmaschine" und lassen sich fotografieren.

 

Do 30.11.04 8:50

Ich bin über vierzig und keiner merkt es.


11:18

Tatsächlich bin ich sogar über fünfzig, aber das wollte der Hersteller des aktiven, linksdrehenden Gesundheitsjoghurts, für den ich Reklame mache, nicht ausreizen. Nun ja, meine Agentin wird sich darum kümmern.

PS. Ich glaube, ich bin wieder gesund.

13:35

Oft wird mir nach Lesungen die Frage gestellt, sagen Sie, Herr Mensing, ist es wahr, dass Sie mit unbelebter Materie kommunizieren? Unbelebte Materie? frage ich rhetorisch donnernd in den Raum. Nichts ist unbelebt, alles kreist in- und umeinander, dieses Gewusel von Atomen, Neutronen, Elektronen etc. Diese zierlichen kleinen Dinger wollen geradezu, dass man sie hört. Wie? Großes Erstaunen erfasst mein Publikum. Ja, weite ich aus, nehmen Sie zum Beispiel die Ampel Hüfferstraße Kreuzung Kardinal-von-Gahlen-Ring geradeaus. Wann immer ich mich dieser Ampel nähere, ist sie entweder grün oder schaltet noch während ich heran rolle auf Grün. Wir kommunizieren, verstehen Sie, aber fragen Sie mich nicht, wie ich das mache. Das ist mein Geheimnis.

 

 

 

 


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1. Jonathan Franzen "Die Korrekturen" Roman rororo 2002 //

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