August 2021                     www.hermann-mensing.de      

mensing literatur 

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zum letzten eintrag


Mo 2.08.21 15:42 wechselnd bewölkt, frisch

ich wollte g'rad
die welt verwünschen,
als jemand an die scheibe klopft,
es war ein wunsch
auf durchgelauf'nen strümpfen,
er haderte mit seinem punsch.

an guten tagen treff ich jedes kinn,
weil ich ein meister meines faches bin
doch neuerdings geht viel daneben
sagt er, und ich, so ist das eben.

nein, heil'ge scheisse, nein,
ich will ein wunscherfüller sein,
die glücksfee aller wunschmaschinen,
ein alchimist mit meissener terrine,
in der der wunschpunsch dampft.

komm rein,sag ich,
ich stopf dir erst mal deine strümpfe,
dann streiche ich dir über's haar,
ich überwinde deine sümpfe,
und dann - wirst sehen - wird es wunderbar,
ach ja? sagt er,und ich ja ja.

so sind wir überein gekommen,
selbst der skurrilste wunsch wird ernst genommen,
der hoffnungslose wird hoffiert,
der zweifelnde mit lachen attackiert.


Di 3.08.21 15:15 bewölkt

du willst krieg
weil du gern blut trinkst
bitte: hier:
du willst sehen
wie kinder sterben
kein problem
wir reservieren ein land
das du aushungern kannst
du willst
die erde brennen sehen
lächerlich
schau dich um
du willst
vergewaltigen
nichts leichter als das
du hast die nase noch immer nicht voll
bitte: köpfe abschneiden
mit vollpension
körper mit blei vollpumpen
von der terrasse deiner lodge
du willst dir ins gesicht scheißen lassen
hach gott
das machen wir schon
seit jahrzehnten
du willst ohren abhacken
geschenkt
sag doch mal was originelles
etwas das uns nicht langweilt
du willst was?????
echt jetzt???? geil!!!!
ja wir kümmern uns drum


Do 5.08.21 11.59 blau weißer Himmel, ein wenig schwül

Seit vier Wochen bin ich kein Dorfschreiber mehr, und es fällt mir schwer, in mein altes Leben zurückzukehren. Nicht, weil es so grundlegend anders wäre, im Grunde unterscheidet es sich wenig, aber das Motiv ist noch nicht zurück oder erschließt sich mir nicht, ich bin zuhause, alles wäre möglich, aber ich komme nicht in den Schritt.


Fr 6.08.21 13:40 grau

taube gurrt
auto fährt vorbei
aschenbecher stinkt
decke hängt überm balkonstuhl
zwei jacketts drinnen
fernglas kamera
kabel
auto
sechs fast reife tomaten
immer noch nicht angezogen
ist das urlaub - ja


Sa 7.08.21 15:06 wechselnd wolkig schwül

du bist frei
bu bist machtlos
du hast gesagt
du hast gefragt
du hast keine antwort
du must es weiter versuchen


Do 12.08.21 10:55 sommerlich

als a verschwand
stand b verträumt
vorm philosophikum
und sprühte seinen
hegel tag in ständiger bewegung
an die wand
verschwand dann eilends richtung aa
wo zweierlei ihm wichtig war
zunächst verschwinden
dann verwinden
dass nichts bedeutend ist
und alles ungewiss
ein weltumspannender beschiss
so mit dem trost
des klaren wortes ausgerüstet
findet er a & brüstet sich
er wisse endlich alles


So 15.08.21 15:10

Hofhocken mit Nachbarn gestern.
Speisen. Getränke. Alles da.


Mo 16.08.21 10:28

Plötzlicher Temperaturrückgang.

16:12

Ort: Balkon
regnerisch
man müsste Socken anziehen

Der erste Herbsttag webt ein feuchtes Tuch,
die alten Fehler sind die neuen,
die Zeit fliegt, bald erscheint mein nächstes Buch,
ein kleiner Schritt,
Grund, sich zu freuen,
bis sich der letzte Atemzug
in ferner Zukunft mit dem Unbekannten paart,
wo nur noch Stille ist und alles andere ausgespart.


Di 17.08.21 12:22

Herr M. hat den Schock seiner Rückkehr ins normale Dichterleben nach zweimonatigem Höhenflug als Dorfschreiber ansatzweise verdaut und will nun, falls die Musen einverstanden sind, weiter arbeiten. Wir wünschen ihm viel Erfolg und bestätigen ihm gern, dass er als Dorfschreiber hervorragende Arbeit geleistet hat, die zu Ende des Jahres als Buch im Aisthesis Verlag erscheinen wird. Arbeitstitel: Possen und Poeme. Als Dorfschreiber in Everswinkel.


12:48

die fruchtdolden
des holunder sind kleiner als sonst
die menschen dümmer
über den himmel eilt graues
die politik ist so komplex
das niemand den gordischen knoten findet
die stimmung am boden
wäre da nicht ein jubelnde dichter
der sagt, stimmt, alles wahr,
stimmt, alles lüge,
steht kopf über allem
seid froh.


13:12

marie marie
wie wir im märz am fenster standen
rauch uns umhüllte
blitze zuckten
und das umspannwerk
nicht explodierte
ringsum das toben
dieser 68'ger nacht
die uns umarmte und versicherte
wir wär'n ein paar
auf immer
das war glück
ich blies
dir einen ring ums herz
du führtest mich
durch eine unbekannte tür
seitdem bereu' ich nichts
hab keine abzutrag'ne schuld
und bin dafür
marie marie
du bist die mutter der geduld
du gibst mir mut
und hilfst
wenn ich mal wieder
auf die schnauze falle
du zündest kerzen in der halle
die immer zugig ist
du navigierst durch jeden sturm
und lässt mich fliegen
dein drachen wird dich ewig lieben


Mi 18.08.21 12:40 bewölkt

friedhofspolka

die sonne tanzt
die liebe steht am grab
sie half ihm
froh ins gras zu beißen
paar fette regentropfen spleißen
das licht & hinter ihr wird ernst geschaut
jetzt kommt auch die gecastete kapelle lebensmut
drei tätowierte hipster bart und hut
sie spielen heavy metal polka
wechselschritt
die trauergäste fasst der übermut
sie müssen mit
der tote hört's
schon leicht zersetzt
wann kommt der pastor
jetzt
hochwürden mit den dicken händen
versorgt von seiner haushaltshilfe adelheid
steht oft im dom vor kargen wänden
und klagt gott seine einsamkeit
doch hier und jetzt
ist er im element
er liebt die trauerrede die musik
er hebt den blick ans firmament
das erste wort - aspik -
wieso aspik - aspik
ihm schwindelt
die trauergäste werden starr
ob das nur ein verhörer war
doch nein aspik
hochwürden zappelt mit den fingern
den hübschen milchig weissen dingern
aspik aspik ruft er
und dann ist es so weit
vor ihm erscheint frau adelheid
barock natürlich splitternackt
so dass ihn's packt
er sackt verzückt vornüber
kapelle lebensmut spielt einen nasenstüber
hochwürden hat nun eine erektion
der tote schreit
es ist ein hohn
kapelle lebensmut spielt einen tusch
hochwürden kriecht zu einem busch
entledigt sich verschied'ner flüssigkeit
fühlt sich gleich wohler steht und
jetzt ist zeit
aspik sagt er aspik und amen.
erbarmen.


Do 19.08.21 23:35 regnerisch


ein stoppelfeld
gerät bisweilen außer rand und band
vor allem wenn die unbedachte hand
ihm nahe kommt mit koseworten
die ihm sehr fremd schwer zu verorten
und höchst verdächtig sind

es legt sich flach
verschwindet fast
erinnert sich
wie es mal war
er hört etwas
es spürt den stich
der pflug wie
wunderbar verschwindet jetzt
das stoppelfeld
als hätt es jemand hin
und weggestellt

danach glänzt erde
spiegelt einen himmel
dann kommt ein wind
und blätter faltern ein gewimmel


So 22.08.21 17:15 wechselnd bewölkt, südwest, mild

ER
meister aller leidenschaft und lethargie
hat übern tellerrand geschaut
wie sonntags gern statt fern
zu sehen
dort waren frauen
und ihm zugewandt
so weit das auge reichte
er erbleichte
hörte die lenden
und den bummelzug
nach billerbeck
der tellerrand bog sich herab
ER stürzte kopfab über
in ein warmes nest
und hielt die nächste beste fest
ein wesen
eher luft als jemals leib gewesen
das ihm die venus präsentierte
was ihn genierte
ER wusste dennoch gleich
was nun zu tun war
er schleckte hier & griff dort zu
er testete er wurde forsch
er hatte hände lippen ruh
wagte sich ruhig ins violett
ließ blasen steigen zart
und fast kokett
löste die lethargie sich auf
der alte knochen
war nun nicht mehr morsch
dass so viel freude
ihn zum ende seines dauerlauf/es
noch mal übermannen würde
war eine bürde die er gerne auf
sich nahm und als er schließlich flügellahm
die augen schloss fand er sich groß
und jederzeit bereit für charons floß


Mo 23.08.21 12:05 bewölkt


Fakten: Krise Tag 528


Mi 25.08.21 19:30 sonnig

erst eine schnurgerade straße,
dann berg und tal in einem maße,
das vorbereitet auf das flache land,
den see, auf arno schmidt, den tellerrand

der einst aus eis, dreihundert meter hoch,
vom norden kam, zum süden strebte,
geschiebe, krachen, und das land erbebte,
erstarb und überlebte doch.

heute vom wind gekraust
liegt er
von schilf und eschen eingefasst
im nachmittag, der sich vorm abend graust,

wenn alles gäste heimgefahren sind,
im schilf die enten, in den eschen stare träumen
und alle wissen, dieses wispern ist nur wind.

22:55

Gefrühstückt, Gedicht korrigiert, Museumsführung von 12-17, nach Hause, Geld geholt, S. besucht, der eine Platte für mich besorgt hat, Fritten beim Griechen auf der Warendorfer, L. und S. getroffen, auf dem Abflug ins Althippieparadies Lentas, dann erste Bandprobe in der Westfälischen Schule für Musik, die eigentlich im November 2020 schon hätte stattfinden sollen, drei Saxophone, eins weiblich, eine Bassistin, eine Sängerin, der Coach am Klavier und ich. Wird gehen.