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Hermann Mensing

Der Chauffeur (in Arbeit)

Heute ist Ruhetag. Der erste, seit der Chauffeur aus England zurück ist, denn irgendetwas war immer. Mit Gelderwerb hatte das allerdings nichts zu tun, Gelderwerb ist eine Tätigkeit außerhalb seines gegenwärtigen Erfahrungshorizontes, der Chauffeur ist durch glückliche Umstände zu dem geworden, was er immer werden wollte: Zeitmillionär. Möglich, dass Sie jetzt denken, Zeitmillionär, feine Sache, das wäre ich auch gern, aber vertun Sie sich nicht, Zeitmillionär ist eine anstrengende Tätigkeit, die nur wenige auf Dauer ertragen. Nicht dass er sich loben will, nein, aber die meisten verzweifeln daran. Andere retten sich in prekäre Arbeitsverhältnisse, wie sie Herr Schröder mit der Agenda 2010 auf den Weg gebracht hat (1,9 Millionen Menschen in der BRD arbeiten auf Abruf), aber das ist eine andere Geschichte. Fakt ist, der Chauffeur liebt Abwechslung, und so hat er kaum einen Tag gezögert, zuzusagen, als man ihm anbot, er könne eine Gruppe behinderter Menschen zu einem Inklusions-Kongress nach York chauffieren. All expenses paid plus 100 Euro Taschengeld. Sofort kam dem Chauffeur die Idee, die Gelegenheit zu nutzen und Liverpool einen Besuch abzustatten, dem Ort, an dem für ihn alles begann.

Heute, an diesem wundervollen Tag, an dem sich der Himmel hoch und blau spannt und nichts darauf hindeutet, dass am Ende des Tages alles anders sein könnte, als man es erwartet hätte, heute wäre endlich Zeit, zu erzählen, wie diese Englandreise (angeblich war der Chauffeur eine Woche auf der anderen Seite des Ärmelkanals) überhaupt zustande gekommen ist. Gibt es Indizien, die hieb- und stichfest beweisen, ja, der Chauffeur, wohnhaft in Soundso, ist dann und dann da und da ausgereist und zwölf Stunden später da und dort eingereist? Hat er sich das nur ausgedacht, weil er ja Zeitmillionär ist und sich vieles denken kann, oder haben Beamte das dokumentiert, sind Dossiers erstellt worden, Stempel niedergefahren, so wie man sich Ein- und Ausreisen früher einmal vorgestellt hat? Früher, vor dem Schengen Abkommen?

Ja, hat er, denn der Brite (auch Groß-Brite genannt, da er sich noch immer nicht von Rule Britannia, Britannia rule the waves erholt hat), will nach wie vor alles ganz genau wissen, daher gibt es Stempel und Listen, in denen alles dokumentiert ist, denn er will nicht nur Insulaner bleiben, nein, er möchte auch sein weit hinterm kontinentaleuropäischen Standard liegendes kleines Königreich auch in Zukunft von bösen, ausländischen Einflüssen bewahren, er hat genug mit Afrikanern, Pakistani und Indern zu tun, die dummerweise alle einreisen durften, da sie einmal dazugehörten. Davon hat er die Nase voll und nun will er natürlich verhindern, dass sich die Flüchtlingsströme der Gegenwart auch über die Insel ergießen.

Der Chauffeur, soviel ist zumindest sicher, hat die Welt gesehen. Die Metropolen ebenso wie die Länder, die sich um diese scharen wie Küken um eine Henne, aber als Chauffeur hatte er noch nie gearbeitet. Er war Kaufmann, Krankenpfleger, er hat Waschbetonplatten gegossen und Gärten gepflegt, er hat gekellnert und die Theke gemacht, er war kurzzeitig Lehrer, aber behinderte Menschen sicher von A nach B zu transportieren, war doch etwas anderes. Ein Fehler, eine Unachtsamkeit, schon hätte er ein lebenslanges Problem. Wie anstrengend so etwas ist, wusste er vorher nicht, aber er würde es wieder tun.

Als er das Terminal der P&Q Reederei in Rotterdam erreicht, vier Stunden niederländischer Autobahnen liegen bereits hinter ihm, wird die abfertigende Dame im Glashaus zunächst unwirsch. Sie hockt da fünf Tage die Woche acht Stunden in einem Glaskasten, hat ständig mit Menschen zu tun, die verreisen, nur sie muss hierbleiben und sich um Passagierlisten kümmern, denn man will ja wissen, wer an Bord gewesen ist, falls so ein zwölfstöckiges Schiff einmal untergeht. Sie lachen? Nun, es ist noch gar nicht so lange her, dass vor Oostende eine auslaufende Fähre einfach umkippte und kopfüber im Kanal trieb. In so einem Fall, das werden Sie zugeben, ist es besser, verlässliche Listen zu haben, allein, um die Familien und Bestatter informieren zu können. Die Insassen des vom Chauffeur gesteuerten Transit standen aber nicht alle auf den insgesamt zwei Fahrzeugen zugeschriebenen Buchungslisten, denn bei der Abfahrt der Reisegruppe hatte es sich ergeben, dass der eine im ersten, der anderen im zweiten Minibus reisen wollte, und so entspann sich ein kleines, spitzes Hin- und Her, das
der Chauffeur nur durch konsequenten Gebrauch der niederländischen Sprache nach und nach eindämmen konnte, bis schließlich alle Daten der Reisenden so hin- und hergeschoben worden waren, dass man an Bord durfte. Acht Menschen mit Behinderungen, noch einmal so viele ohne, wenngleich der Chauffeur für den Geisteszustand Letzterer nicht unbedingt die Hand auf die Herdplatte legen möchte.

Eh der Chauffeur die Verantwortung für diesen Tag abgibt, muss er an Bord, doch eh er so weit ist, wird jedes Gesicht mit dem dazugehörigen Ausweis abgeglichen, schleichen Beamte ums Auto, als wolle man in die DDR, schnüffeln Hunde herum, als sei man ein Dealer, wobei natürlich gesagt werden muss, dass der junge Brite gern einmal über ein Wochenende nach Holland reist, um dort einzukaufen. Aber dann, nach Ende dieses Procedere, das der Chauffeur seit Schengen so nicht mehr über sich ergehen lassen musste, fährt er an Bord. Es ist eng, die Reifen quietschen auf dem Metalldeck, obwohl er Schritttempo fährt, er folgt den Anweisungen des Personals, parkt das Fahrzeug ein, alle steigen aus, gehen auf Deck 8, checken ein und beziehen ihre Kabinen.

Der Abend zieht herauf. Rotterdam und sein Hafen sind ein kaum überschaubares Areal, in der Ferne die Skyline, ringsum Docks, Häfen, Ölftanks, riesige Kräne. Auch Industrie kann atemberaubend schön sein, zudem ist sie ein El Dorado für Dschihadisten. Hier könnten sie mit Boden-Boden Raketen wundervollste Feuersbrünste verursachen, noch effektiver, als es die Nazi-Bomber im zweiten Weltkrieg hingekriegt hatten, aber nichts, nein, überall Ruhe, Menschen, die an Deck promenieren, Briten mit Bier, Briten mit Zigaretten, Briten mit Bäuchen und Tätowierungen, schlimmer können Nazis auch nicht aussehen. Auf der anderen Seite natürlich der distinguierte Brite, der mit selbstgebautem, dreirädigen, offenen, silbernen Roadster an Bord fährt, bestimmt Mitglied des Königshauses, der auf die Frage, ob so ein Dreirad nicht instabil sei, freundlichst anwortet, im Allgemeinen sei es okay, nur wenn mittig mal Gras unter die Räder käme, sei es "a bit wiggely. Horden anderer Nationalitäten drängen die Treppen hinauf, alle auf dem Weg über die Mordsee nach Hull, Nordostengland.

Es dunkelt. Das Schiff hat abgelegt. Eh es die offene See erreicht, bewundert der Chauffeur die Lichter am Ufer, ein wundervolles Lichtermeer, das langsam und so sicher verschwindet, wie das Mobilfunksignal. Der Chauffeur isst, all he can eat. Bisschen Salat mit Garnelen. Bissen Chicken Tikka mit Basmati Reis und indischem Spinat. Bisschen Horseraddish, Rindfleisch und Yorkshirepudding. Obst. Kleine Caramelwindbeutel. Himmbeertörtchen. Cappuccino. Verdauen. Herumgehen, das Schiff ist so wunderbar groß, 2001 in Venedig gebaut. Auf dem Sundeck quält ein Pianist die Rock-Songs der Welt. Auf Deck 8 spielt eine Band ähnliches. Beides ist zutiefst deprimierend, so dass der Chauffeur schon früh die Kabine aufsucht. Er stellt die Uhr zurück, schaut noch einmal durch die Luke aufs Meer und fällt in unruhigen Schlaf.

Um 6:30 steht die Welt Schlange, um sich vom philippinischen Personal der "Pride of Rotterdam" vor dem Ausschiffen zu dem U-förmigen Buffet leiten zu lassen, das von Steuerbord bis Backbord reicht. Alles geht schnell jetzt, draußen zieht schon Land vorbei, wenngleich Nebel darüber hängt. England, denkt der Chauffeur, das ist eben England, aber nach dem zweiten Gang reißt die Wolkendecke auf, und als man die Busse schließlich von Deck fährt, scheint die Sonne. Der britische Zoll macht es leicht. Links fahren, scherzt ein Beamter, I'll try, sagt der Chauffeur und folgt den Anweisungen des Navigationsgerätes zur Autobahn. Nein, nein, kreischt seine Beifahrerin, die diese Strecke schon oft gefahren ist, die sei immer verstopft, man solle die Landstraße nehmen. Mir soll's recht sein, sagt der Chauffeur, und hat zum ersten Male Gelegenheit, in einen linksdrehenden Kreisverkehr zu fahren und unfallfrei wieder zu verlassen.

Doch nun hört die Beifahrerin nicht mehr auf, ihn mit Informationen zu überschütten, die meist in einem hohen, haltlosen, sich selbst feiernden oder hinterfragenden Kichern enden, das sie mit niemandem teilt. Als der Chauffeur auf halbem Weg, sie hat gerade gekreischt, wie schön dieser Ententeich in Bishops Hill sei, einem aus einer Seitenstraße kommenden PKW den Vorrang einräumt, schreit sie, das solle er niemals tun, das sei der Engländer nicht gewöhnt. Der Chauffeur, mit dem Fahren rundum beschäftigt und nicht auf Einwürfe und Ratschläge Besserwissender erpicht, sagt, sie solle endlich ruhig sein, er fahre das Auto, und was der Engländer gewöhnt sei, sei ihm schnurz. Sie kichert schrill und wird merklich stiller.

Eine halbe Stunde darauf erreicht man die Stadt York. Das Hotel verbirgt sich, das Navigationsgerät behauptet, man stünde davor, aber niemand sieht es, man ist wohl blind. Dann ist es doch plötzlich da wo es vorher auch war, es tritt aus der Deckung, man ist viel zu früh, vor vierzehn Uhr könne man nicht einchecken, wird gesagt, wie das denn wohl gehen solle mit behinderten Menschen, fragt man zurück. Ratlosigkeit macht sich breit.

Die Mühseligen und die übrigen Mitgereisten wissen nicht recht, wohin mit sich und den Koffern. Es wird dauern, eh die Dinge sich klären, aber im Hintergrund wird schon telefoniert. Schließlich ist man eingeladen. York, die Partnerstadt der Stadt Münster, hat diesen Kongress ausgerichtet. Es geht um Inklusion. Gruppen aus den Niederlanden, aus England, Deutschland und Polen sind angereist oder reisen noch an, da wird man sich kümmern. der Chauffeur hat Cappuccino bestellt. Small or big? Big und im Pappbecher. Die nächsten Tage pflastern Pappbecher, Plastikteller und Bestecke seinen Weg. Hier ein Brunch, da ein Lunch, abends ein Dinner. Sackweise Müll. Die Koffer, sagt jetzt jemand vom Hotel, könne man in dem und dem Raum sicher unterbringen, zudem wolle man sich bemühen, die Zimmer gegen 14 Uhr bezugsfertig zu haben. Also Koffer abstellen und losgehen. Essen. Fried Buttermilk Chicken Burger. Und dann in die Stadt. Acht Behinderte, acht verschiedene Charaktere, acht verschiedene Arten, mit ihnen umzugehen. Einer interessiert sich für Knöpfe und Türen. Jeden Knopf muss er drücken. Jede Tür öffnen. Ein anderer ist blind wie ein Maulwurf. Wieder einer still wie ein Grab. Einer hat mit zwanzig einen schweren Verkehrsunfall überlebt. Einer ist schwerst körperlich behindert, eine ist naiv wie ein Kind, eine neigt zu schreckhaften Reaktionen. Wenn eine Sirene aufschreit, muss sie getröstet werden. Aber es geht. Es geht langsam, acht Behinderte, drei Betreuer und der Chauffeur. Die übrigen Mitreisenden sind sonstwo unterweg in einer Stadt, die für jeden Tag des Jahres einen Pub bereithält. Man gelangt in einen Park. Dort zeigen Falkner kleine Kunststücke mit ihren Vögeln. Zwei prächtige Uhus haben sie auch. Der Chauffeur lässt sich mit einem fotografieren. Die Ängstliche will mit aufs Foto und ist hingerissen.

Am Nachmittag endlich Ankunft in den Zimmern. Das Hotel hat im Juni eröffnet, ein halbkreisförmiger Bau. Es riecht nach Dispersionsfarben, billigem Teppichboden und Laminat. Es ist sauber, es ist klimatisiert, was dem Chauffeur auf die Bronchien und auf die Stimmbänder geht, aber immerhin, das Bad hat eine Mischbatterie, eine für englische Verhältnisse revolutionäre Erfindung, deren Einbau wahrscheinlich in engem Zusammenhang mit den dort seit einigen Jahren arbeitenden polnischen Handwerkern steht, die im Gegensatz zu den Briten als verlässlich und gut ausgebildet gelten. Was nun den Gedanken der Inklusion anbelangt, den ja auch die mitreisenden Nichtbehinderten teilen, nur soviel: beim Ausladen eines Rollstuhles bittet der Chauffeur einen Nichtbehinderten um Hilfe. Der hilft, kann sich aber nicht verkneifen zu sagen, er sei doch kein Betreuer.

Abends treffen sich alle Gruppen im Center for Medieval Art. Es gibt Essen und Kultur. Es gibt eine zwölfeckige schwarze Säule mit Glaskuppel, etwa einsachtzig hoch, darunter eine sich drehende Diskokugel und rundum laufende, bunte LED's, aber der Hit ist die Kurbel. Wenn man sie dreht, gibt es Musik. Pop-Musik mit schweren Beats. Unser Schwerstbehinderter sitzt im Rollstuhl daneben und dreht die Kurbel mit großer Begeisterung.

Am Tag darauf hat der Chauffeur frei. Er frühstückt im Hotel und macht sich auf den Weg zum Bahnhof. Er will nach Liverpool. Er muss seine Jugend erledigen. Freundlichste Bedienung am Ticketschalter im Bahnhof. Er fragt, ob es ein day-return-ticket nach Liverpool gäbe, ja, ja, sagt eine junge Frau, mal sehn, normalerweise kostet das 50 Pfund, aber (sie schaut nach) ich glaube, es geht auch für 40. Ja, es geht, zwei Tickets für die Hin- und zwei für die Rückfahrt. British Rail ist seit Thatcher in viele unterschiedliche Betreiber zerfallen, so dass auf der zweistündigen Strecke in ein und demselben Zug zwei Gesellschaften operieren, also 8:40, York, Leeds, Manchester, Liverpool Lime Street.
Wiesen, Disteln, Eichen, Rotdorn, gewelltes Land, wenig landwirtschaftliche Nutzung, bis auf Kühe, wildes Land, später bergig.

Live at Leeds

Industriebrachen. Noch neblig, aber in Huddersfield bricht die Sonne den Nebel. Sandsteinhäuser.
Mit am Tisch: Oma, Tochter, Enkelin. Kajalaugen die Mutter, Herzen in beiden Ohrläppchen, Kaugummi kauend, Haare geölt, streng zurückgekämmt, so dass sich hinten ein ausladender Busch aus Strähnen bildet. Drahtig. Die Tochter lieblicher und bleich geschminkt. Eine gewisse Trostlosigkeit umweht sie. Schräg gegenüber ein junger Mann in Jeans, grauem Jacket mit Einstecktuch, Kurzhaar bei Glatze, tief liegende, stechende Augen, große Adlernase, große Uhr, scrollt zwischen York und Manchester ununterbrochen sein Smartphone.

Vorm Bahnhof Liverpool Lime Streets rechts gleich die citybike Räder. Der Chauffeur hat eine Kartennummer, eine Pin, er loggt sich ein. Das System sagt, er solle den Knopf drücken, die Frage ist nur, welchen? Den an der Stadtion, an der das Rad festgemacht ist? Wahrscheinlich. Er drückt, aber nichts geschieht. Ein junger Araber kommt vorbei. Der Chauffeur fragt, ob er wisse, wie das System funktioniere, nein, sagt er, aber dann zieht er am Rad, und es löst sich vom Lock. Danke.

Vorm Bahnhof Lime Street braust der Verkehr, bisschen unheimlich, um zum ersten Mal auf ein englisches Rad zu steigen und links zu fahren, also schiebt der Chauffeur es erst einmal übern Bürgersteig um zwei Ecken und landet ohne zu wissen wie in einer stinkigen Gasse, in dem früher der Cavern Club war. Nicht, dass es ihn jetzt ungeworfen hätte, aber schön war es dennoch. Er radelte zum Mersey hinunter, der weit ist und wild strömt, überall wird vorm Baden gewarnt. Er radelt den Fluß hoch. Noch 2000 waren die Docks eine einzige Brache, dann kam die EU und hat sie aufgehübscht, 2008 war Liverpool europäische Kulturhauptstadt, jetzt ist es schick, very chique.

Nach einer dreiviertel Stunde, die Stadt lag schon weit hinter ihm, ist er seinem inneren Navigator gefolgt, der sagte, dass er zur Penny Lane links abbiegen müsse, links, durch den Otterspool Park, zwei Gesprächspartner weiter, die ihm bestätigten, auf dem richtigen Weg zu sein und ihn noch mit Einzelheiten von ihrem Smartphone versorgten, durchquert er den Sefton Park und landet schließlich an einer Ecke, an der auffallend viele Menschen standen. Er fragt, wo die Penny Lane sei. Ein Mann in schwarzem Lederjacket sagt, er solle sich umdrehen. Das Schild war hinter ihm, alle ließen sich davor fotografieren, der Chauffeur auch. Hier also hat es alles begonnen. Hier irgendwo wohnten Paul und John, Ringo da hinten, George ein bisschen weiter nordöstlich, Strawberry Fields war einmal ein Kinderheim. Es gibt Barbershops in der Penny Lane. Es gibt einen Kreisverkehr. In seinen Ohren klingelte es. Er schaute sich wund, die suburban skies blau und weit über ihm. Der Chauffeur war glücklich und rief seine Liebste an.




Fr 16.09.16
21:49

In den Yorkshire Moors gibt es eine kleine Schokoladenmanufaktur. Sie wird von "autism plus" betrieben, "a charity that works across the north of England supporting individuals with autism, learning disabilities and mental health conditions."





Die Yorkshire Moors sind ein Naturschutzgebiet. Die Straßen sind schmal und voller Schlaglöcher, die Zeit scheint zu stehen, es gibt kaum öffentlichen Nahverkehr. Kleinste Häuser kosten schon 500.000 Pfund, so dass die Menschen, die auf Farmen arbeiten, sich keine Wohnung leisten können und in die Städte ziehen, während die wohlhabenderen Städter aufs Land gehen. Jedes Dorf hat Pubs mit klangvollen Namen: The Bay Horse, Fullford Arms, The Phoenix. Die Schokoladenmanufaktur, eine ehemalige Farm (Park House Barns) grenzt an einen dichten Buchenwald voller Farne. Zwei Kilometer entfernt liegt eine der besten Schulen Englands.
Dort wird Elite gezüchtet. Wer auf so eine Schule, muss sich nicht sorgen. Er weiß das, und entsprechend arrogant tritt er auf. In solchen Schulen werden Zyniker wie Boris Johnson und David Cameron gezüchtet.


Menschen mit und ohne Behinderung über eine verwirrende Anzahl verschiedenster Autobahnen, mitten durch wechselnde Landschaften bis auf ein großes, zwölfstöckiges Schiff, von dort links fahrend bis in diese kleine Stadt York in Nordengland zu bringen, wie war es denn damit, hat er das zu aller Zufriedenheit erledigt? Haben alle überlebt? Gab es Situationen, die brenzlig zu nennen wären, hätte er seine Beifahrerin, diese klimakteriumrote Dame, nicht eher zum Schweigen bringen müssen, statt sich ständig von ihr ins Geschäft des Lenkens, des aufmerksamen Beobachtens des Verkehrs mal auf der rechten, dann auf der linken Straßenseite fahrend, reden zu lassen. Hat er das alles schon sortiert? Hat er schon eine Möglichkeit gefunden, die Geschichte schlüssig zu erzählen, seine kleine Reise in die Stadt, in der für ihn alles begann, Liverpool, die übrigen Begebenheiten, denn wir verstehen uns doch richtig, es gibt doch Begebenheiten, wenn man reist, eine reiht sich doch an die nächste, warum also beginnt er nicht? Er weiß es nicht. Es scheint, als drehe sich alles in großem Wirbel, alles ist da, jede noch so kleine Kleinigkeit ist abgespeichert in den unzählbaren Windungen seines Speichers, er kann darüber reden, darüber schreiben kann er noch nicht. Belassen wir es also dabei. Kommt Zeit, kommt wie immer auch Rat.






 



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