Dezember 2011                             www.hermann-mensing.de          

mensing literatur
 

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zum letzten eintrag


Do 1.12.11 16:02

Der Roman ist fertig. Er heißt: Das grüne Kleid.

18:42

Woraus Sie ersehen können, dass die Hinweise Hand und Fuß hatten. Ich musste heute nur noch ein paar Dinge zusammenführen. Vielleicht mache ich gleich einen Ausdruck.

Fr 2.12.11 11:07

Seit ich Woodstock in London gesehen habe, hatte ich nicht mehr im Kino geraucht. Gestern habe ich mir den Gott des Gemetzels angeschaut, den ich amüsant fand, aber nicht grandios, wie in den Besprechungen angekündigt, vor allem nicht im Hinblick auf Vergleiche mit Wer hat Angst vor Virginia Wolff. Ich hatte den Rollstuhlfahrerplatz ganz hinten, konnte meine Beine strecken und habe hin und wieder meine Elektrozigarette gezündet. Wobei zünden nicht das richtige Wort ist: ich habe die Brennkammer erhitzt, um zu verdampfen. Es war fast wie zu Hause, nur dass ich anschließend noch Auto fahren musste, um ins Bett zu kommen. Heute werde ich faulenzen. Schließlich habe ich seit Juli hauptsächlich Roman geschrieben. Das zehrt.


Sa 3.12.11 17:07

Eh ich mich versah, lag ein Hirschrücken in meinem Kühlfach, das Geschenk eines Freundes. Ich habe so etwas noch nie zubereitet, werde mich aber informieren, vielleicht als Weihnachtsbraten, wenngleich ein Kind (fast) Vegetarier ist. Vom anderen bin ich mir nicht sicher, ob es Wild isst. Zur Not esse ich ihn allein.

Mein Träume schießen ins Kraut. Mein Roman ruht auf der Festplatte. Ich habe ihn noch nicht wieder angeschaut, er liegt da in Nullen und Einsen, weglaufen wird er nicht mehr, wahrscheinlich reift er ein bisschen nach. Es gibt Sicherungskopien. Das Leben ist aufregend. Gestern hatte ich einen bezaubernden Nachmittag mit meinen Enkeln, die schätzen mich als Opa, und es scheint, dass man mich auch anderswo schätzt.

Dumm ist, dass ich, während ich dies schrieb und eine CD kopierte, ein Kilo Gulasch habe verbrennen lassen. Ich werde umdisponieren müssen. Ob ich den Topf retten kann, ist noch nicht geklärt.

21:31

Man hat alles vorbereitet. Die Blättchen liegen auf dem Tisch, Tabak ist da, das geschenkte Kraut, dann aber ist das Kraut plötzlich fort, man hat gar nicht mitbekommen, wieso eigentlich, aber es ist nicht mehr da. Man schaut unterm Sofa nach, man hat extra die Taschenlampe geholt, man schaut unter die Kissen, man schiebt den Tisch beseite, man sieht, dass man dort und unter den Sofas unbedingt wieder mal staubsaugen muss, und nicht immer nur drumherum, aber das Kraut bleibt verschwunden. Man ärgert sich, weil es den Abend so angenehm hätte abrunden können, man denkt, gut, dann ist heute eben der Arschlochtag, erst der Gulasch, jetzt das, damit werden wir uns abfinden können, dann aber fällt einem ein, dass einem Weggefallenes schon mal in die aufgekrempelten Jeans gefallen ist, und siehe, genau da ist es. Also wird es jetzt weggeraucht, eh es noch einmal irgend wohin fällt. Und während man noch sitzt, fragt man sich, was "bis auf ganz bald" bedeuten könnte. Man weiß es nicht.

22:40

Der Topf ist gerettet.


So 4.12.11 22:26

Mehr nicht heute....






Mo 5.12.11 10:59

Da muss man natürlich aufpassen, aufpassen muss man, sonst sitzt man da und guckt die Wand an, guckt die Wand an und fragt womöglich nach Sinn, also nach etwas, das nie existiert hat, gleichwohl aber seit unserer Menschwerdung immer wieder gern nachgefragt wird.

Um dem ein Schnippchen zu schlagen, begann ich, die Wohnung aufzuräumen und zu putzen. Nicht, dass das hier ein Saustall wäre, nein, das war es nie und wird es nie werden, aber meine Schwerpunkte liegen doch anders als die Schwerpunkte einer - sagen wir - nicht ausgelasteten Frau, die ihr Kind in den Hort bringt und dann arbeiten geht, die muss natürlich vom Boden speisen.

So ist das hier nicht, hier herrscht eine präzise Unordnung, und daran werde ich keinen Deut rütteln. Unter den Sofas ist bereits staubgesaugt, die erste von fünf Maschinen Wäsche ist in Arbeit, ich habe meine Basis vom roten Tisch im Wohnzimmer in mein Zimmer zurückverlegt, da ist alles beieinander, alle Anschlüsse, alle Apparate, der Vorverstärker, das Mikro, das Klavier, die Ukulele, die Djembe, alles ist um mich herum. Ich hatte es dort nicht mehr ausgehalten, weil ich auf den Hinterhof schaue, und die Arbeit am Roman im Endspurt nach Menschen verlangte, die vorüber gingen und mich mit ihrer bloßen Präsenz trösteten.

Das Wohnzimmer ist also wieder frei, jetzt wird Staub geputzt und was sonst noch alles zu tun sein wird. Einiges, nehme ich an.

12:50

Was immer wieder passiert und mich ärgert: ich lasse Spülwasser in den Boiler, weil ich gleich spülen will, dann fällt mir ein, dass ich noch kurz dies tun könnte, darüber vergesse ich den Boiler, und wenn er mir dann siedendheiß wieder einfällt, steht die Küche unter Wasser. Daran werde ich arbeiten. Multitasking ist eben nichts für Männer.

Übrigens, ein Buch, dass Sie nicht lesen müssen, denn es steht nichts drin, was Sie nicht längst wüssten: Richard David Precht: Liebe, ein unordentliches Gefühl. Tenor: nichts Genaues weiß man nicht.

19:56

Also, um das abzuschließen: Staub gesaugt, Möbel geputzt und mit Politur behandelt, Sofa mit Öl, Staub geputzt, eine Wanne Wäsche gebügelt, vier Wannen Wäsche gewaschen und aufgehängt, CD-Regal aufgeräumt, dies und das weggeschmissen, einmal ein bisschen enttäuscht, weil die Spur, auf der ich war und die mir gefiel, sich als falsch erwies.


Di 6.12.11 10:09

Es war Funksession, die Band funkte laut und eintönig, und wenn man dachte, jetzt haben sie endlich ein Ende gefunden, fingen sie wieder von vorn an. Die anderen Musiker standen draußen, rauchten und zerrissen sich die Mäuler. Das ginge immer so, die kämen jedes Mal, die wären eine Band. Dann muss einer die stoppen, sagte ich zu A., der die Session organisiert. Ja, ja, sagte er. Jeder 3 Songs, oder? Ja, sagte er, aber die haben erst zwei und bei denen dauert jeder eine Viertelstunde.

Congas wurden auf die Bühne getragen, damit die Kollegen wussten, dass sie zum Schluß kommen sollten. Sie begriffen. Endlich. Neue Leute kamen auf die Bühne. A. übernahm das Schlagzeug. A. ist ein guter Trommler, und einer, der sich traut, Akzente zu setzen, Strukturen zu trommeln, damit es spannend bleibt.

Herr M. schnappte sich Bongos. Qualitätsbongos, klarer, trockener Ton, wunderbar. Drei Stücke knackig präzises Spiel, prägnante Figuren, Breaks, das hatte er lange nicht mehr, und es hätte ihn nicht gewundert, wenn ihm Blut aus den Fingerkuppen gespritzt wäre. Adrenalin schoss ein, ließ ihn schlecht schlafen und Hörspiele träumen. Gegen sechs schlich er zum ersten Mal durch die Wohnung und überlegte, ob er eine Verabredung einen Tag vorziehen sollte, was der Sache zu einer Dynamik verhülfe, die Gefahren heraufbeschwor, die er besser nicht heraufbeschwören sollte, aber was wollte er machen, so oder so, das Leben verlangt Einsatz. Wunden kann man später immer noch lecken und vernünftig waren immer die anderen.

22:35

es seilt sich leichter ab mit nikotin
man sitzt ganz still und glücklich da
man träumt und sämig geht der sinn
dahin und das ist wunderbar


Mi 7.12.11 10:10

Lesezeit. Während der Roman in Barriquefässern reift, kann man nichts anderes tun. Man starrt drauf wie die Schlange auf das Kaninchen, oder war es umgekehrt?

17:04

Schön wäre es jetzt, fort zu sein, weit fort oder ganz nah fort, und dieses Fortsein zu teilen.


Do 8.12.11 12:07

Es stürmte, die Wolken jagten, und der zunehmende Mond war ständig damit beschäftigt, seinen Hof frei zu halten, um dem ein oder anderen heimzuleuchten. Ich lag auf dem Sofa, die Katze auf meinem Bauch, ich hatte zu lesen, hatte Musik, mir war nicht kalt, ich litt keinen Hunger, ich unterschied mich also von Millionen und Abermillionen Menschen auf diesem Planeten, die nichts von alledem haben, höchstens das nackte Leben, und selbst das ist bedroht. Ich hatte kein schlechtes Gewissen. Die Nacht ist eine schöne Zeit, dachte ich, ich würde meine Aktivitäten gern in die Nacht verschieben, bin aber kein guter Tagschläfer, und so machte ich mich gegen zwei auf ins Bett.

15:11

Monatelang kreist man um ein Thema. Man will, dass es ins Licht kommt, dass daraus eine Geschichte entsteht, die Leser rühren kann, eine, die klug ist und was vom Leben weiß, eine, die über sich lachen kann, die lügt wie gedruckt und doch wahr ist. Wahr wird sie aber nur, wenn man sich Mühe gibt. Und dann, von einem Tag auf den nächsten, ist alle Arbeit getan und man beginnt, das Thema fahren zu lassen. Man weiß, dass man den Faden noch einmal aufnehmen wird, man wird polieren und sehen, ob, was und wie zu verbessern wäre, aber das geschieht nicht heute und morgen und übermorgen wohl auch nicht, man möchte jetzt Urlaub, aber das Loch, in das man gleich nach dem letzten Satz fiel, ist tief, da könnte man hinfahren wohin man wollte, es dauert, eh man sich halbwegs wieder gefangen hat. Ein bisschen vorsichtig muss man auch sein, aber das ist normal.


Sa 10.12.11 14:29

Nun hab ich es doch getan. Ich war einfach zu neugierig. Habe den Roman geladen und die ersten hundert Seiten Korrektur gelesen. Kaum Arbeit. Grundsätzliches Einverständnis. Auf dem Sofa heute so gegen drei dachte ich, auf der Seite nach dem Titel könnte stehen: it don't mean a thing if it ain't got that swing. Heute werde ich mich ausruhen. Schließlich war ich gestern in Osnabrück und habe kaum einen Tanz ausgelassen. Ja, heute kümmere ich mich nicht einmal ums Essen, soll es mir meinetwegen in den Mund fliegen oder sonstwoher kommen.

Was mein grundsätzliches Einverständnis anlangt: ich bin schon während des Schreibens so verfahren, dass ich Stellen, die in mir auch nur geringste Zweifel hervorriefen, rausgeworfen habe. Weil ich mich, als ich gestern Korrektur las, natürlich erinnerte, was da vorher gestanden hatte, war ich um so überzeugter, dass das die richtige Methode war, obwohl sie manchmal schmerzte.

Samstag in Suburbia.
Langsam zieht der Himmel zu.
Ich werde aller Wahrscheinlichkeit auf dem Sofa landen.
Ich habe Bücher. Die Heizung funktioniert. Ich kann tun und lassen was ich will.


So 11.12.11 14:18

der sonntag hängt im bademantel
das bügelbrett wird alt
der himmel stemmt die dritte hantel
und krähen kreisen überm wald

das herz will heute einen kuchen
ein wenig schwachsinn tät ihm gut
in nächster nähe könnt es suchen
in weiter ferne fänd es einen hut

das telefon ist krank und stumm
die beine haben keine lust
zu junge dinger machen dumm
und herzschmerz drängt die brust

kein ende ist in sicht und keine antwort
ringsum ist raserei und unverstand
stündlich und überall ein neuer tatort
voila, sie stehen mit dem rücken an der wand.


Mo 12.12.11 18:54

Geriet heute über ein zu redigierendes Kapitel in heftige Turbulenzen, so dass ich alle Hände voll zu tun hatte, jetzt ist die Lage im Griff und in einer Stunde werde ich Geburtstag mit jungen Menschen feiern.


Mi 14.12.11 10:11

Der kleine Westfale, sechs Monate alt oder sieben, war skeptisch, als vor ihm plötzlich ein Mann mit Bart auftauchte, zudem noch in schwarzem T-Shirt und schwarzem Pullover. Er schaute ihn an und begann zu weinen. Da der Mann Profi ist, war er schon wenig später besser auf ihn zu sprechen, was gut war, denn der Mann sollte ihn in den Schlaf bringen und bis tief in die Nacht hüten, die Eltern wollten zum ersten Mal seit seiner Geburt ausgehen.

Das ist etwas Schönes, daran kann sich der Mann sehr gut erinnern, und natürlich weiß er, dass Kinder gern mißtrauisch werden, wenn ihre Eltern so etwas planen. Möglich, dass sie das aus deren Verhalten schließen, vielleicht können sie es riechen, der kleine Westfale jedenfalls war wach und äußerst munter, als es für die Eltern Zeit wurde, zu gehen, und so blieb dem Mann nichts, als sie ein bisschen zu drängen, vor allem die Mutter, denn Müttern bricht das Herz schneller als Vätern.

Dann war der Mann mit ihm allein, trug ihn ein wenig herum, aber wenn er ihn hinlegte, fand er das empörend. Der Mann schaute mit ihm die Tagesschau, was er interessant fand, schließlich kann die mediale Früherziehung nie früh genug beginnen, aber als er ihn danach wieder zu Bett legte, schrie er wie am Spieß.

Der Mann dachte, vielleicht will er den Tatort sehen, blieb eine Weile bei ihm, legte ihm die Hand auf den Bauch, sprach mit ihm, brummte ein Lied, aber das fruchtete nicht, der kleine Westfale schaute ihn wieder mit diesem Blick an, mit dem er ihn zu Anfang begrüßt hatte. Wer bist du? Der Mann dachte, besser wäre, ins Wohnzimmer zu gehen, dann würde die Frage sich schnell in Luft auflösen. Der kleine Westfale weinte, brach ab, weinte, brach wieder ab, weinte noch einmal und dann nicht mehr. Das Ganze mag fünf oder zehn Minuten gedauert haben. Der Mann verbrachte den Abend mit sich, dem kleinen schlafenden Westfalen und einem Hund, der nichts lieber tut, als sich an den Mann ranzuschmeißen, damit er ihm den Bauch krault, so einer ist das.

19:03

The same procedure as every year.
Alle greifen mein Weihnachtsgedicht ab.
455 sind es bis heute, es werden, schätze ich, an die 800, wie letztes Jahr.
Nicht einer sagt Danke.


Do 15.12.11 17:59

Weihnachten im Ausland

Ich würde still und heimlich mich entfernen
und fände mich dann in Banania,
an einem Palmenstrand würd ich mich wärmen
mit andern Jammerlappen aus Germania
die mir von Leasing und von Bankkrediten
von Mobbing und von dicken Schlitten
von ihren Frauen, ihren missgerat'nen Kindern
von Eigenheimzulagen, fettgesaugten Hintern
von den Kanaken hier und schlecht gechlortem Pool
vom Remmidemmi in der Disco und vom Dancing Fool
von dies und das mir in den Ohren lägen
und zielgenau mir meine Nerven sägen
bis ich, zum Glück, zu Haus im Bett erwache
wo ich mir still ins Fäustchen lache.


Fr 16.12.11 10:53

Der Nachrichtensprecher sagt, es gehe aufwärts. Am Tag darauf geht es abwärts. So geht das jeden Tag, niemand versteht es und glauben tut es keiner. Bei mir geht es aufwärts, ich bin in freiem Fall und´für das nächste Jahr schon zu sechzehn Lesungen gebucht.

So bleibt an diesem verregneten Tag nichts, als sich darauf zu verlassen, was man fühlt. Als Primat (leider kaum Körperbehaarung, ein Jammer) ziehe ich mich aus der Gefühlsdiskussion zurück. Ich hatte nie um den aufrechten Gang gebeten, den Apfel nicht abbeißen wollen, und bitte darum, dass man sich vor allem in H., ein Kaff, wo man sich zwar das Dach, aber nicht das Leben teilt in einer sogenannten Ehe, das Maul hält und nicht Meinungen in die Luft bläst, die die Feinstaubwerte steigen lassen etc. pp.

Ich tanze, mit wem ich will, so lange ich will, bis ich nicht mehr kann. Bis dahin schnappe ich mir die schönsten und jüngsten, auf jeden Fall aber die besten Tänzerinnen, derer ich habhaft werden kann, und lasse die alten (zum Beispiel K. aus H. bei M. in W.) eiskalt sitzen.


13:24

die plempe wächst
und meine letzten zähne sind gezogen
mein gesicht gleicht täglich mehr dem eig'nen arsch
die jahre haben mich so sehr verbogen
dass ich mich manchmal schon in eine kiste wünsche
und dann marsch....


Sa 17.12.11 11:07

Huhuihuuuu, die Meteorologen hatten gewarnt und da hatte man natürlich Sorge. Man will das Schicksal nicht herausfordern und bleibt zuhause, der Orkan ist unterwegs, Autofahren ist dumm, wenn man so etwas weiß, und dann sitzt man da, hat zu lesen, zu trinken, man hört Cassetten von 1991, aber der Sturm kommt nicht. Woanders bläst er wahrscheinlich Ziegel vom Dach und Schiffe an Land, aber hier, Zentralwestfalen, nichts, nada, niente, mal ein paar schlappe, triefnasse Schneeflocken, Feierabend.

18:39

Heute abend tanzen im Wulversump.


So 18.12.11 12:18

Ich hatte den Blinker gesetzt, mich rechts eingefädelt, ich wollte abfahren, die Balken sagten, noch hundert Meter, als der Fahrer eines Wagen hinter mir plötzlich wie entfesselt aufzublenden begann. Ich dachte, er will mich auf ein furchtbares Verhängnis aufmerksam machen, was weiß man denn, was hinter einem so alles Gestalt annimmt und sich verdichtet, aber nein, nichts da, nirgendwo irgendein Anzeichen von Gefahr, nur dieser aufblinkende Wahnsinnige, den ich an der nächsten Ampel erschoss.

Dann kamen zwei Kreisverkehre, verbunden mit einer langen, dunklen Landstraße, bis ich in den Sumpf abbog: Wulversump. Hier waren früher Moore und Sümpfe, gehörntes Urvieh, heute sind hier Dachse, Füchse, Rehe, vornehmlich aber ist hier große, tiefe Dunkelheit, da leuchtet jedes elektrische Licht auf Kilometer, also sah ich den Hof schon von weitem, aha, dachte ich, ich komme diesmal von Westen, ich fuhr das letzte Stück holprigen Feldweg und war angekommen.

Kleines Fest mit Salsa auf dem platten Land. Zwei Ehepaare, drei Ehepaare, dann noch zwei Paare und Herr M. als Solist. Das kann heiter werden. Ich erzähle von meinem Autobahnerlebnis und alle kennen das. Alle sagen, wenn man irgendwo am besten nicht sein muss, ist es die Autobahn.

Dem, meine Damen und Herren, kann ich nur zustimmen und hoffen, dass auch Sie bei der nächsten Nötigung tun, was getan werden muss, sonst hört das ja nie auf.


Mo 19.12.11 17:21

Nach dem zweiten Kaffee begann ich, unsere Kleiderschränke aufzuräumen. Da das eine das andere meist schnell nach sich zieht, war ich gegen Mittag bereit, den Keller in meine Überlegungen einzubeziehen, räumte, packte in gelbe Säcke, tat keinen Blick mehr hinein, warf sie fort und stieß auf einen Monitor, der voll funktionstüchtig, dennoch unrettbar veraltet, seit Jahren da unten stand.

Ich brachte ihn zu Deponie, räumte ihn in einen der Container, und sah, dass obenauf ein HP Drucker lag, der sehr funktionstüchtig aussah. Ja, der wäre noch in Ordnung, hätte der Entsorger gesagt, sagte der Recyclingfacharbeiter. Ich fragte, ob ich ihn mitnehmen könne? Nun, gekrauste Stirn, dann: meinetwegen, packen Sie ihn ein, aber nicht weitersagen.

Okay.

Die Druckerpatrone meines alten HP (HP15) passte, allerdings war sie leer.

Ich begann, nach Treibersoftware zu suchen. Das dauerte mehr als eine Stunde, dann hatte ich sie, lud sie auf meinen Rechner und begann mit der Installation. Die allerdings wurde ständig von Fragen torpediert, die ich nicht beantworten konnte. Ein Fehlversuch jagte den nächsten, bis der Rechner plötzlich meldete, alles sei so weit in Ordnung.

Die Frage, warum gerade jetzt und nicht all die Versuche vorher, die ich, glaube ich zumindest, genauso abgewickelt hatte, konnte weder der Rechner noch ich beantworten. Ich machte mich auf den Weg, um eine neue Druckerpatrone zu kaufen. Meine Frage, welche zu meinem neuen Drucker passt, konnte man nicht beantworten, aber man wolle telefonieren. Das Telefonat führte zu keinem Ergebnis. Die von mir angegebene Produktbezeichnung fände sich in keiner Liste. Mein Einwand, ich hätte aber die Treibersoftware unter genau jener Produktbezeichnung gerade erst herunter geladen, ergo gäbe es ein solches Produkt, führte zu Schulterzucken. Ich entschloss mich, eine HP 15 Patrone zu kaufen. Hätte sie im neuen Drucker nicht funktioniert, hätte ich wieder den alten genommen.

Aber sie funktioniert. Der Drucker druckt. Und ich habe keine Antwort.


Di 20.12.11 15:24

der mann dort hat ein beil
im forst geht etwas vor
die tanne sucht ihr heil
in flucht. sie kommt nicht fort
sie kriegt die flachen wurzeln nicht
aus ihrem untergrund
besinnt sich dann auf eine list
und tut, wie folgt, ihm kund:
es ist ein ros entsprungen
sagt sie, der mann steht starr
die überraschung ist gelungen
er glaubt, das sei nicht wahr
die tanne aber fährt fort
der mann fragt nach dem wie
dann glaubt er an ein wunder
und hackt sich selbst in knie.


Mi 21.12.11 12:44

Keiner zuhause, da habe ich in Ruhe Geschenke eingepackt. Ich mag alte Zeitungen als Geschenkpapier. Ich mag auch Geschenke sehr, ich habe nur immer wieder Probleme, weil Weihnachten so unterm Geschenkzwang ächzt. Ich hoffe auf ein schönes Fest. Gestern haben wir eingekauft, es ist alles vorbereitet.


Do 22.12.11 10:25

Mein neuer Drucker druckt "Das grüne Kleid". Ich bin entsprechend gespannt, denn manchmal erlebt man Überraschungen, wenn man das, was vorher nur auf dem Bildschirm stand, plötzlich in der Hand hält. Ich werde den Tag also mit Lesen verbringen.

20:11

Fertig. Kaum Einwände, und wenn, waren sie leicht zu entkräften. Noch ein, zwei Durchgänge in den nächsten Tagen, dann war's das. Ich hatte gesagt, Weihnachten, und es ist Weihnachten. Plan erfüllt. Wie in der DDR, allerdings wurden sie dort nie erfüllt, das war nur Gerede. Und jetzt Tusch und Feierabend.


die heimatliche biogasanlage
wird nachgeladen für den weihnachtsstrom
man hat zum glück die große gabe
der morgendlichen illusion

so groß so schön so wundervoll
gerät das innere in schwung
auch farblich ist es wie es soll
nennt es am ende dung

22:12

der sonntag hängt im bademantel
das bügelbrett wird alt
der himmel stemmt die dritte hantel
und krähen kreisen überm wald

das herz will heute einen kuchen
ein wenig schwachsinn tät ihm gut
in nächster nähe könnt es suchen
in weiter ferne fänd es einen hut

das telefon ist krank und stumm
die beine haben keine lust
zu junge dinger machen dumm
und herzschmerz drängt die brust

kein ende ist in sicht und keine antwort
ringsum ist raserei und unverstand
stündlich und überall ein neuer tatort
voila, sie stehen mit dem rücken an der wand.





kein schnee
die wolken halbhoch
grau mit löchern
darüber blau
die lage - noch stabil
die party morgen, hoffentlich nicht knöchern
für einen jahreswechselwunsch
ist das nicht viel

kein schmerz kein weib
kein gläubiger im unterleib
der zinsen einzutreiben hätte
kein anspruch auf die letzte wette

als fazit
schrumpfende bestände
der monetäre supergau ganz nah
ich wasch in unschuld meine hände
und danke, ihr wart wunderbar





heute wird das schwere leicht
schwebt, zerplatzt, wird unauffindbar
wird von mir an dich gereicht
denn du bist ja unverwundbar

dir kann niemand, du bist gott
mir kann jeder, du bist tot
dir droht allerdings die auferstehung
und verehrung bis zur wortverdrehung

mir hingegen lauert stille
und im winkel hinterm augenlicht
wütet schon mein letzter wille
wille will schon, oder will er nicht

ach, egal, ich bürste meinen hobel
weiß ja nicht, was da noch kommt
als galan getarnt und nobel
werde ich dezent besonnt

seh schon aus wie eine frikadelle
macht nichts, auch der papst kackt braun
schiebe eine meterhohe welle
vorsichtig an meinen gartenzaun

lasse drohnen steigen und gerät
das laut knallt und feinde brät
hebe hier und da den saum der schönen
frohes neues, ich lass mich verwöhnen.





 

 

 

 

 

 

 

 

 


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