Februar 2004                                             www.hermann-mensing.de                             

mensing literatur

zum letzten Eintrag

So 1.02.04   10:58

Nietzsche küsst den Hund des Philosophen,
Wittgenstein verlacht die Welt,
Egners Komik kommt grotesk verbogen,
M. hat sich ein Repetiergewehr bestellt.

So kompakt und leicht verständlich,
frisch verpackt, sensationell,
wiehert er
und lächelt schändlich,
keine Tränen, er ist well.

Unverzichtbar, wenn die Mäuse Katzen jagen,
Magazine durch den wilden Westen tragen,
rammelvoll und reihenweise Rares,
gegen unverständlich wenig Bares.

M. schießt sich ein auf Adderley,
verirrt sich dann im großen Ton,
trifft der neuen Kultfigur ins Knie,
spannend, wild, wir wussten's schon.

Ten Years After gehen in die letzte Strophe
los mit Draußendrin und Spielen,
Capri, du mein Herz, du Trauerkloß,
willst wohl still sein, Sonntag ist, lern zielen.

(aus manipulierten Einträgen im Zweitausendeins-Merkheft Februar 2004)

17:00

Liebes verehrtes Volk,
klickt Euch auch morgen ein, wenn es heißt:
dämliche Gedichte in höchster Vollendung,
Besinnliches aus dem Reich der Musik mit dem Schifferklavier, der Quetschkommode, der Schießbude, der Schweineorgel, und der Bullenfiedel.

17:26

Computer-technisch gesehen bin ich absolut Viren-frei.

 

Mo 2.02.04   9:12


Russen quetschen die Kommode,
Schweine orgeln, ein Franzakke schifft in sein Klavier,
jeder buhlt auf seine Weise, 
wimmernd um das Jetzt und Hier.

Indios zerschießen ihre Bude,
ein Mongole trommelt mit dem Maul,
und während der Kaaskopp einen Bullen fiedelt,
ist Herr Mensing faul.

Schießt nicht, quetscht nicht,
wimmert auch nicht (leise)
schifft schon gar nicht ins Klavier
Maultrommeln verweigert er sich weise
während andere fiedeln, ist er gar nicht hier.

Dennoch wüsste er noch Krach zu machen,
wüsste auch mit Frauen umzugehn,
sie von Bühnen anzulachen,
war ihm immer angenehm.

Denn so ließen sie sich leicht vom Halse halten,
und man konnte sie sich anschaun,
wollte man die eine, oder lieber keine,
oder beide, müsste man schon anbaun.

Scheiße Mann, jetzt muss der sechste Vers das Ende bringen,
oder soll ich etwa ewig weiter singen,
soll ich noch mit achtzig in die Felle hämmern,
wär's nicht besser, so ein Ende zu verdämmern,
Antwort bitte an Herrn M.
Danke schön. Sehr angenehm.

11:54

Machen Sie sich bereit für ein weiteres ergreifendes Gedicht.

14:52

Ist's nicht putzig,
wie das Männchen sich dem Weibchen nähert,
und ihr blöde auf die Titten linst,
wie's sich ohne Scham für jedes Wort zum Affen macht,
und für einen Kuss breit wie ein Honigkuchenpferdchen grinst?

Ist's nicht irre,
wie es sich so sehnlich wünscht, ihn reinzustecken,
und bereit ist, dafür alles einzustecken,
was an Spott und Häme nur zu haben ist,
nur, weil sie das Weibchen ist?

Geht's nicht ohne,
wär's nicht besser, alle Weibchen abzuschlachten,
statt sie ewig und drei Tage anzuschmachten,
wär's nicht einfacher, man schösse sie zum Mars,
und das war's?

 

Di 3.02.04   9:31

Heute Sendepause.

19:20

Und so ist es dann gekommen,
dass der Meister, halb benommen,
doch noch an die Tasten eilt,
um die Idioten aufzufordern
jetzt des Lebens zu entsagen,
ohne Jammern bitte, ohne Fragen,
wobei es am Besten wäre,
spurlos zu verschwinden,
sich in vornehm, ruhiger Weise
aller Pflichten zu entbinden.
Denkbar wären feste Stricke,
tiefe Seen, letzte Blicke
schön wär's auch, wenn's keine Flecken gäbe
und der Ort des letzten Atemzuges in der Pampa läge,
nehmen Sie doch and're Idioten mit,
tun Sie einmal nur ein gutes Werk,
niemand weint um ihren letzten Schritt,
Hauptsache, Sie kommen nie zurück.

 

Mi 4.02.03   10:11

John hatte den Manali geknetet, stülpte ein Präservativ darüber, verknotete es am Ende, nahm die Tube Vaseline und verschwand damit in der Schiffstoilette. Als er herauskam, war die Küste am Horizont aufgezogen. Eine Stunde später legte das Schiff an. Wir gingen von Bord. Am Ende der langen Pier war ein Zollhaus. Davor stand ein junger hübscher Schäferhund. Er kam wedelnd auf uns zu. John erstarrte und kniff die Backen zusammen. Er schwitzte, diesmal nicht wegen der Hitze. Wenn der Hund gut war, wäre John geliefert. Aber der Hund tat nur so, als wäre er ein ceylonesischer Zollhund. In Wirklichkeit wollte er spielen. Auf diese Weise gelangten dreißig Gramm Manali nach Sri Lanka. Es war später Nachmittag. Ein paar Schritt landeinwärts war eine von Palmen und Bananenstauden umrahmte Bahnstation. Ein Zug wartete. Wir stiegen ein. Hunderte Menschen stiegen mit uns ein. Kurz vor Sonnenuntergang ruckte der Zug an und fuhr los. Am nächsten Morgen erreichten er Colombo. John was no longer amused. Wir checkten in ein Hotel. John stürzte ins Bad. Als er herauskam, lachte er. Dann setzten wir uns an den abgewetzten Holztisch in unserem Zimmer und bauten einen Dreiblatt.

13:00

Ein Bächlein springt,
ein Hahn ruft Mittag und ein Lüftchen weht von Süd-Süd-West,
Frau Vreden glaubt noch,
Polster ihres Leibes schmölzen,
wenn sie die Arme winkelt und im Entengang - auch Nordic-Walk genannt -
den Ort verlässt.
Ein noch halb Träumender,
der auf dem Rad vom nahen fernen Frühling singt
während knietiefer Matsch in Furchen ihn zu höchster Vorsicht zwingt.
Das ist der Ausgangspunkt. Der Anfang und das Ende.
Der Augenblick. Des Todes. Und des Lebens. Und der Wende.
Da ist ein Lachen. Da ist Schmerz.
Da ist ein Wald. Da schreit ein Kauz. Da schlägt mein Herz.

 

Do 5.02.04   9:45

Die Dokomentation:
13 Schritte auf dem Weg zum Ruhm

1. M. hat eine Idee

2. M. wendet sich an eine ihm bekannte Redakteurin

Mal angenommen, Sie schauten auf meiner Webseite nach, läsen den Hebriden Reisebericht und fänden ihn gut, wüssten Sie dann einen Redakteur, an den sie mich vermitteln könnten.
Hätte nämlich außer den Hebriden auch London, Rom, Paris, Wien oder niederländische Küste anzubieten.
Schönen Wintertag wünscht Hermann Mensing

3. M. erhält Antwort von besagtem, ihm noch unbekannten Redakteur

Mal angenommen, ich hätte auf Ihrer Homepage nachschauen wollen und hätte
nichts gefunden, bzw. keinen Kontakt bekommen, was könnte ich dann machen?
Gruß ...

4. M., ein wenig zerknirscht....

Oh verdammt.
Wählen Sie www.hermann-mensing.de
Wenn die Seite sich öffnet (und das sollte sie eigentlich) klicken Sie bitte auf Werkstatt.
Gut.
Werkstatt öffnet sich, sie scrollen ein bisschen und klicken auf ABC.
ABC öffnet sich.
Sie findet eine Anzahl verschiedener Essays etc.
Scrollen Sie ganz nach unten und lesen sie die Reise zu den Hebriden.
Hoffe, das ist ihr Geschmack.
Falls es nicht klappt, einfach noch mal eine Mail schicken.

5. M. hakt nach

gleich nachdem ich Sie anrief, fiel mir ein, was ich noch hatte sagen wollen: unter Werkstatt finden Sie auf meiner Homepage auch Notizen zu Städten. Sollten zum Beispiel die Reiseberichte zu lang für Sie sein, könnten wir auch über eine Kolumne namens Notizen zu Städten nachdenken, oder?
Schönen Tag (grau, keine Sonne, Regen).
Gerade richtig, für Reiseberichte.
Hermann Mensing

6. Der Redakteur wird konkreter

Lieber Herr Mensing,
ich habe mir mal Ihren Text heruntergeladen und ausgedruckt. Ein stattliches
Werk. Vielleicht nicht Abend-, jedoch auf jeden Fall Seiten füllend wäre es.
Mit anderen Worten: Es wäre viiiiiiieeel zu lang.
Aber das ist nicht die größte Hürde vor einer Veröffentlichung. Viel mehr
würde es unsere Leser irritieren, Ihre Tagebucheintragungen - ich nenne es
mal so - in dieser Form vorgesetzt zu bekommen. Nun kann man dem Leser
sicher auch mal etwas ungewöhnlich daherkommen. Ihr Stilmittel erscheint mir
jedoch so gewöhnungsbedürftig, dass ich den Versuch nicht unternehmen
möchte.

Mit freundlichen Grüßen

7. Gibt M.auf???

Schade.
Schönen Tag
Hermann Mensing

8. M. hat die Sache überschlafen

Herr ..., angenommen, die in dem viel zu langen Text enthaltenen Informationen hätten ihnen dennoch gefallen, und auch angenommen, die Konditionen stimmten, könnte ich natürlich darüber nachdenken, den Text so umzuschreiben, dass er ihren Lesern zugemutet werden könnte.
Voraussetzung wäre: vernünftiges Honorar (bei Gefallen, versteht sich) und Auskunft über die gewünschte Länge des Ganzen.
Fotos ließen sich ebenfalls liefern. Schöne Fotos.
Nun, was sagen Sie?
Guten Abend (sage ich)
Hermann Mensing

9. Der Redakteur nennt vorsichtig Zahlen

Stimmige Konditionen sind so eine Sache, lieber Herr Mensing. Mein Etat gibt immer nur 76 Cent pro Druckzeile her. Das heißt, für eine vorstellbare Länge von 6000 Zeichen kämen unter dem Strich sage und schreibe 115 Euro heraus. . .
Nun, was sagen Sie?
Einen schönen Tag wünscht ...

10. M. sagt, was er denkt

115 Euro haben oder nicht haben, sage ich. Und Fotos extra?

11. Der Redakteur auch

Für ein brauchbares Foto zahlen wir bei Abdruck 51 Euro.

12. M. bietet an

Und wie viele Fotos bräuchten Sie?
Es gibt eine weite Auswahl.
Landschaften um Loch Ness, Buchten aus der Isle of Lewis, Fotos der beiden Frittenverkäuferinnen die in dem vieeeeeeel zu langen Text eine Rolle spielen, alle in 13 mal, in dem normalen Format eben.
PS. Da kann man wieder sehen, dass das Bild doch höherwertig als ein guter
Text ist.
Habe wahrscheinlich den falschen Beruf.
Hermann Mensing

13. Der Redakteur sagt

Na, schicken Sie mir doch bitte eine Auswahl von 5 bis 6.

 

14:20

In der Mail heute dies:
also hermann, was soll ich sagen, du bist eine coole sau.

Bin verwirrt.
Weiß nicht recht, wie ich darauf reagieren soll.

 

Fr 6.02.04   10:25

Zehnuhrfünfundzwanzig schon,
und noch ist kein Wort geschrieben,
Kaffee gluckert im System
Stuhlgang ist längst abgetrieben.

Wollte ich nicht heute gut sein,
und für arme Unterdrückte,
Kannibalen, schwer Verrückte,
Waldläufer und Pissetrinker,
einsam depressive Winker,
etwas Herzerwärmendes verfassen,
wenn sie auch nicht alle Tassen
in furnierten Schränken haben?

Ja, das wollte ich, doch höret,
dass mir gar nichts zu euch einfällt,
dass mir oft gar der Verstand schwand,
wenn mal wieder an der Wand stand,
für wie arm und libido-geschädigt man euch hält.

Sei's drum: bleibt mir dennoch bitte fern,
liebe unverstand'ne Psychopathen,
geht doch in ein schönes Heim,
und bestellt den Garten.

Treibt es dort mit Euresgleichen,
dann sind wir normal und können jederzeit vergleichen,
hier sind wir, dort seid ihr.
Schnaps bleibt Schnaps und Bier bleibt Bier.

PS.: Möglich, dass mir dieser Februar völlig aus dem Ruder läuft.

12:50

Besserung ist nirgendwo in Sicht. Alle Prosa scheint wie weggeblasen.
Spreche sogar beim Brötchenkauf in Reimen.
Sage Dinge wie:

Morgen liebe Bäckersfrau
fickt dein Mann, die alte Sau,
dich mit oder ohne Körner
oder pflanzt du ihm mit eurem Metzger Hörner?

Dazu muss man wissen, dass es in meinem Supermarkt alles unter einem Dach gibt.

 

Sa 7.02.04    11:15

Glanz in den Augen
Hermann Mensing will in Willingen wieder springen

Mit der Ankündigung seines Comeback beim Weltcup-Springen in Willingen hat sich Hermann Mensing nach Wochen des Schweigens wieder zu Wort gemeldet.

"Der Plan ist jetzt, in Willingen dabei zu sein", teilte Mensing auf seiner Internet-Homepage mit und beendete damit das Rätselraten um seine weitere Saisonplanung.
"Mensing hat wieder Glanz in den Augen und Freude am Sport", berichtete Bundestrainer Wolfgang Steiert.
Wegen Formschwäche hat Mensing seit dem 17. Januar keinen Wettkampf mehr bestritten und auch auf einen Start beim Skiflug Weltcup am Samstag und Sonntag in Obersdorf verzichtet.
Während der Pause hat der 55-Jährige offenbar auch über ein Karriereende nachgedacht.
"Mir schwirrten sehr viele Gedanken durch den Kopf. Auf der einen Seite wollte ich alles geben, auf der anderen Seite stellte sich mir die Frage, was soll das alles? Das war für mich eine Situation, die ich nicht kannte", so Mensing.

17:28

Ich wünsch mir so sehr dumm zu sein,
ganz ohne Überblick und Einsicht
ich hätte dann - wie jetzt - ein kleines Überbein
doch sicher keinen Schmerz im Herz nicht.
Ich hätte eine dumme Frau mit dicken Füßen,
ich hätt ein Haus mit Pool und führe Ami-Schlitten,
ich könnte nicht mal sagen, wo der Has' im Pfeffer liegt,
und würde alles wagen, als wär's Gott-gefügt.

 

So 8.02.04   17:10

Zack, die Prothese setzt sich quer,
hakt sich ans Lamm und kommt nicht wieder frei,
ein Würgen steigt, man brummt noch, dass es lecker sei,
dann sagt man eine Weile gar nichts mehr.

Man kämpft, nur Wunder könnten jetzt noch retten,
verfärbt sich, auch die Augen treten vor,
man transpiriert und ringsum gibt es erste Wetten,
betreff: Transport zum Zahnlabor.

Doch plötzlich klicken die Prothesen
zurück als wäre nichts gewesen,
man kaut, als hätte man nie anderes getan
und blickt den Braten dankbar an.

 

Mo 9.02.04   8:15

Ich glaube, es reicht.

9:13

Das Nordic-Walk-Trio ist zurück, wie immer hierarchisch geordnet: unumstritten auf Platz 1 die katholische Freizeitbeterin, auf Platz 2 die Frau des Berufschullehrers, schließlich und für alle Zeiten abgeschlagen, die mit der Zipfelmütze. Man nimmt sie mit, aber sie wird nie auch nur Platz 2 erobern können. Dekoriert wird das ganze von Schneetupfern auf Dächern, klarem, sonnigen Wetter, Meisen, die Tschik-ka-schik rufen und sich für unser Vogelhaus interessieren, alten Menschen, die dem rapide verfallenden Edeka-Supermarkt des einstigen Dorfkönigs Hugo die Treue halten, fernem Heulen von Motorsägen, einem landenden Flugzeug und der Verheißúng eines weiteren Tages. Wieder kann alles geschehen. Es ist spannend. Wieder heißt es: dies ist ihr Leben. Entweder Sie verpennen es, oder Sie stellen sich ihm. Und noch immer ist das Recht auf Arbeit kein festgeschriebenes Gesetz. Wir werden scheitern, wenn wir dem "freien Spiel des Marktes" weiterhin alle Türen öffnen.

13:45

Als T. und ich die Wohnung überm Eingangstor von Haus Stapel - ein Wasserschloss in der Nähe - bewohnbar machten, als wir bis zum Bauch im Schutt und Staub der Jahrhunderte standen, ihn entfernten und Dachschrägen und Böden mit Kork isolierten, damit die in den alten Gemäuern unterzubringende Wohnung warm bliebe, als wir nach Monaten wüster Schufterei endlich fertig waren, obwohl meine Taschentücher sich noch immer schwärzten, wenn ich mich darin schnäuzte, kaufte ich vom Erlös meiner Arbeit Teppichboden von Tretford. Feinstes Ziegenhaar.

Zehn Jahre mag das her sein, vielleicht fünfzehn.
Seitdem gehen wir auf ihm herum, haben auf ihm alles erledigt, was man zu erledigen hat, wenn man mit Kindern auf 93 Quadratmetern lebt und spielt. Er sieht entsprechend mitgenommen aus.

Vorgestern schwenkte beim Lamm die Rede plötzlich auf einen Dampfreiniger, den man besäße und der so gut wie alles reinige, das glaube man kaum.
Gestern holte C. den in eine Tasche verpackten Apparat mit der Ermahnung, man dürfe ihn nur unter Beachtung aller Sicherheitsvorschriften genau nach Bedienungsanleitung einsetzen, sonst sofortiger Hitze-Dampf-Tod.

Gut. Also dann.
Heute früh, ich hatte schon den Rechner gestartet und die Datei meines Romans geladen, an dem ich augenblicklich arbeite, ich hatte einen ersten Satz fixiert, eine Art Angel, denn das Wochenende wirft mich immer ein wenig aus dem Zusammenhang, beschloss ich, zweigleisig zu fahren.  
Mit der linken Hand würde ich den Roman voran treiben, mit der rechten den Dampfdruckreiniger einsetzen.
Allen Spuren unserer boden-gebundenen Spiele, unserer zahllosen gelaufenen Kilometer auf engstem Raum würde ich zuleibe zu rücken.
Mit Dampf. Mit nichts als heißem Dampf.
Ich las die Bedienungsanleitung und zweifelte eine Weile.
Telefonierte, spülte, setzte die Maschine unter Dampf, aß Suppe, trank Kaffee, dampfstrahlte hier und dort, las Zeitung, dampfstrahlte dieses und jenes und bin jetzt so gut wie fertig.

Noch weiß ich nicht, ob ich das Ergebnis über den grünen Klee loben soll, oder ob meine Erwartung den objektiven Blick trübt. Ich schätze, ich werde warten, bis C. nach Hause kommt. Entweder sieht sie die Veränderung sofort, oder ich bilde mir alles nur ein.

Bilde mir nur ein, dass der Teppichboden wie neu ausschaut. Bilde mir nur ein, dass noch heute der Verlag anruft und mir einen Vertrag anbietet mit einem Vorschuss, der mich auf Jahre absichert. Bilde mir nur ein, dass die Kampfhandlungen überall eingestellt wurden, bilde mir nur ein, dass jeder junge Mensch eine Ausbildungsstelle findet, bilde mir nur ein, dass.... Naja. Ich meine, das ist nicht verboten, oder?

17:44

Das eine war eingebildet. Das andere scheint wahr. Der Dampfstrahler funktioniert.

 

Di 10.02.04    9:15

Ich fuhr nach dem Kinobesuch gestern abend auf der Einstein Straße ortsauswärts, als sich ein Drängler fast bis an meine Stoßstange schob. Das schürte meinen Trotz. Ich verringerte meine Geschwindigkeit auf gemütliche 40. Als mein Hintermann darauf versuchte, mich zu überholen, zog ich nach links und vereitelte es.
Natürlich war jetzt auch mein Hintermann böse.
Er schenkte mir volles Fernlicht und ein frohes Hupen.
Dann, fünfzig Meter vor einer Verkehrsinsel, überholte er, passierte die Verkehrsinsel auf der Gegenfahrbahn und zog davon. Einen halben Kilometer entfernt trafen wir uns an der Ampel.
Manchmal liest man, dass autofahrende Menschen in emotionsgeladenen Situationen aufeinander losgehen. Es kommt auch vor, dass geschossen wird. Wir wechselten nur einige Sätze.
Er sagte: Du hast mich ja nicht überholen lassen.
Ich sagte: Ich habe ihre Autonummer.
Er sagte: Dem Lesenden gehört die Zukunft. (wahrscheinlich nicht einmal ein dummer Mensch)

Ich brauchte danach noch eine halbe Stunde, um meinen Adrenalinspiegel auf Normal Null zu bringen.
Sollten Sie also je einem Suzuki Jeep mit der Autonummer MS-DE 7777 begegnen, seien Sie vorsichtig. Der Mann (ca. 30 Jahre alt) hat es eilig.

15:45

Seit die CD "Well to the bone" von Scott Henderson im Hause ist, ertappe ich mich ständig, wie ich Akkorde auf meiner Stromgitarre greife, Seiten anschlage, den Gitarrenhals hochreiße und schüttle, wie ich Rückkopplungen erzeuge und im Zimmer Spreizsprünge übe, mit hochgerissener Gitarre Drehungen vollführe und ihren Hals wütend in imaginierte Bassisten ramme. Dann schüttle ich mein nicht vorhandenes, schulterlanges Haar, senke die Gitarre bis auf Kniehöhe ab und spiele entspannt weiter.

 

Mi 11.02.04 8:49

Aber ab heute ist es damit vorbei. Ich höre wieder meiner Lieblingssängerin zu. Das ist gesünder. Beim Luftgitarrespielen muss man nämlich verdammt aufpassen. Außerdem kann man nicht ständig neue Vasen kaufen, die bei zu wilden Drehungen schon mal zu Boden gerissen werden. Und die vorwurfsvollen Blicke der Kinder machen auch keinen Spaß mehr. Ich werde vorsichtiger sein, und im nächsten Jahr unter dem Vorwand, das Nordlicht zu sehen, nach Finnland fahren. Tatsächlich aber werde ich zu den Luftgitarren-Weltmeisterschaften fahren, die dort jedes Jahr stattfinden. Die Gitarristen kommen aus aller Welt. Mit gezerrter Muskulatur, angebrochenen Gliedmaßen, mit verrenkten Hälsen, aber glücklich. Ich übe derweil heimlich im Keller, wenngleich gesagt werden muss, dass ich dort den Rückwärtssalto wegen zu geringer Deckenhöhe nicht schaffe. Schade.

14:06

Ich stolpere mich Satz für Satz dem Ende meines Romans entgegen. Nichts Neues, sagen Sie? Stimmt. Aber immer wieder nervenaufreibend.

 

Do 12.02.04   13:05

M. wollte mit dem Ökolux 3000 fröhlich säubern. Hier sein Bericht:

Montaje del aparato. Abril la tapa de cierre. Insertar el acoplamiento del tubo flexible en el orificio de connexión. Para encaja éste, pulsar el interruptro situado en el acoplamiento del tubo flexible. Unor los tubor: Girar el anilla de fijación a la izquierda, empalmar los tubos. Girar el anillo de fijación de ... a ... Unir el mango del tubo flexible (girar el anillo de fijación a la izqeuierda) con los tubo: Girar el anillo de fijación de ... a ... Unir el mango del tubo flexible (girar el anillo de fijación al la izquierda) con los tubo: Girar el anillo de fijación de ... a .... Acoplar tobera, cepillos o escobillas (girar el anillo de fijación al la izquierda) con los tubo: Girar el anillo de fijación de ... a ...

So weit, so gut, liebe Frühlingsfrischmacher, die ihr dem Ökolux eine Chance geben wollt. Man liefert ihn in den Farben kack, dackelkack und goldenretrieverkack. Er kommt ohne chemische Zusätze aus, verwandelt Wasser in Wasserdampf, und reinigt damit so gut wie alles. Fast alles. Zähne reinigt er nicht. Im übrigen aber so gut wie alles. Hervorragende Ergebnisse erzielte Senor M. beim Teppichboden, bei den Fensterrahmen, bei den Nikotinablagerungen unter der Decke, bei den Fensterbänken.

Die vorübergehenden Nachbaren schauten fasziniert zu, wie M., in einer Rauchwolke stehend, praktisch unsichtbar, jeder noch so kleinen Schmutzablagerung grimmig zuleibe ging.
Man kann sagen: der Morgen war schön. Das ist auch gut so, denn der Abend vorher war weniger schön.
Warum, verschweigen wir, geben aber einen Tip: es hat mit ödipalen Auseinandersetzungen zwischen Vater und Sohn zu tun. Der Vater, wohlmeinend, kann machen, was er will, er wird dennoch (oder gerade deshalb) als ärgster Konkurrent, manchmal sogar als Feind wahrgenommen. Am Besten wäre, man hätte gar keine Väter. Nur Mütter. Dies gilt allerdings nur für Söhne. Für Töchter gilt: das Beste wäre, man hätte gar keine Mütter. Nur Väter.

 

Fr 13.02.04   11:54

Klappentext für "Das Vampirprogramm" Herbst 2004 Ueberreuter

Otto sitzt vor seinem neuen Computer und fummelt mit der Maus rum. Manchmal kichert er. Oder er schimpft oder beides. Oder er springt auf.
"Mach schon, Blödmann!" ruft er.
Ottos Bruder Rudi will auch mal an den Computer, doch das lässt Otto nicht zu. Rudi plant Rache. Ein Virenprogramm soll Otto ärgern. Aber es tut viel mehr. Es stellt die Welt auf den Kopf, lässt Blitze durchs Kinderzimmer zucken und Menschen verschwinden.
Otto muss alles riskieren, um dieses Vampirprogramm zu stoppen.
Hermann Mensing spannt den Bogen vom Alltag zu einer fantastischen Welt in einer jederzeit spannenden Geschichte. Ein Muss für die Fans guter, unterhaltender Kinderliteratur.

Und soll ich Ihnen etwas sagen: ich habe das Gefühl, dass mir das Vampirprogramm den Durchbruch bringt.

 

Sa 14.02.03   20:34

Finden Sie es nicht seltsam, dass man nichts mehr von Saddam Hussein hört?
Finden Sie es nicht seltsam, dass Kapitalisten sich alles erlauben können, und es niemanden mehr gibt, der vielleicht einmal einen Mercedes samt Kapitalisten sprengt? Sagen wir einen, der dafür verantwortlich ist, dass 12.000 Menschen ihre Arbeit verlieren, während der Konzern die höchste Rendite seit Jahren einfährt?
Finden Sie es drittens nicht äußerst merkwürdig, dass es noch immer keinen großen Anschlag seit dem WTC gegeben hat? Ich meine, hätten wir nicht einen verdient?

Was den Durchbruch anlangt, kann man die Sache auch so sehen: mit ihm begänne der Abstieg. Als wüssten wir nicht seit Kindergartenzeiten, dass der Weg das Ziel ist, und nicht irgendein imaginierter Durchbruch. Man ist eben manchmal dümmer als die Polizei erlaubt.

Soviel zum Sonntag.

 

So 15.02.04   12:05

Die Zusammenkunft ist ein sich jährlich wiederholendes Ereignis. Man wird nicht einmal mehr eingeladen, man weiß, dass es dann und dann da und dort stattfindet, und so findet man sich dann und dann da und dort ein, ohne noch weitere Fragen stellen zu müssen.

Das gibt den Teilnehmern ein Gefühl grundlegender Übereinkunft und Sicherheit.
In der Regel kommen immer die Gleichen. Es sind Emigranten. Vor zwanzig, dreißig, ja fünfunddreißig Jahren haben sie ihre Heimat verlassen, um in der Metropole einen Neuanfang zu versuchen. Der eine wollte Naturwissenschaftler werden und findet sich nun als Ex-Dealer wieder. Ein anderer glaubte, die Welt mit seinem Instrument erobern zu können. Ein Dritter wollte den Durchbruch und leidet nun unter der Aussicht auf seine Erfolge. Ein Vierter ist gar nicht erst gekommen, weil ihn solche Zusammenkünfte erschrecken. Und alle haben sie ihre Frauen mitgebracht, mit denen sie mehr oder weniger lange beisammen sind. Auch sie sind Emigranten, denn der Emigrant emigriert gern mit einer Frau, die ihn stützt und ihm hilft, die Schrecken der Fremde zu überstehen.

Aber das ist längst Vergangenheit, über die man sprechen und lachen kann. Man focussiert den Ort seines Wegganges, man tauscht Neuigkeiten aus über die alte Heimat, man fragt, ob man den und den mal wieder gesehen habe, man lacht und beginnt, Bier zu trinken oder anderes.

Je nach Menge der konsumierten Optimierer steigt dann die Stimmung. Jeder sieht sich bestätigt, dass das Bild, dass er oder sie sich von der oder dem schon immer gemacht hatte, tatsächlich stimmt. Die eine ist, ohne dass jemand es bemerkt hätte, schon wieder so betrunken, dass sie kaum noch gehen kann und man befürchten muss, sie stürzt der Länge nach übern Tisch. Der andere baut immer noch die besten Joints. Und die Dritte, die eigentlich gar nicht hierher gehört, denn sie ist aus einer anderen Stadt emigriert, ist zehn, fünfzehn Jahre jünger als der Älteste hier, erlebt gerade ihre spirituelle Wiedergeburt bei einem selbsternannten Engel, eine Frau, die sich Cheruba nennt, vorher einen Laden für Second-Hand Kinderkleidung betrieb und nun spirituelle Wiedergeburten verkauft.

Die Gespräche wehen hin und her. Jeder könnte vom anderen Dinge berichten, die ihn auf alle Zeiten unmöglich machten, aber das will niemand. Man ist aufeinander angewiesen. Man weiß, dass man diesen Zusammenkünften nicht entgehen kann, es sei denn, man würde an dem ensprechenden Tag verreisen. Tut man das aber nicht, wird man sich damit abfinden müssen, dass man bis ans Ende seiner Tage immer und immer wieder zu diesen Zusammenkünften pilgert.

Früher oder später wird daraus eine Beerdigung werden. Auch diese Erkenntnis vermittelt eine gewisse Sicherheit, denn so abgeschmackt es auch sein mag, sich wieder und immer wieder zu treffen und sich das Hirn teils bis zur Bewusstlosigkeit zu vernebeln, so liebevoll sind diese Zusammenkünfte. Man weiß und verzeiht. Man liebt sich, man will nicht mehr voneinander lassen, mal davon abgesehen, dass man es auch gar nicht könnte.

Die diesjährige Zusammenkunft endete gegen Einuhrfünfundzwanzig. Die einen wollten fahren, die anderen, schon kaum noch fähig, auf eigenen Beinen zu stehen, fragten, ob sie mitfahren könnten, und so kam es, dass auch alle anderen Anwesenden sich urplötzlich auf den Heimweg machten und die Gastgeber fünf Minuten später froh und glücklich auf ihrem geräumigen Sofa saßen, um den Abend rekapitulieren zu können.

Endlich konnten sie sagen, was man während der Zusammenkünfte nicht sagt, um nicht Feindschaft zu säen, weil man doch weiß, dass Freundschaft und Feindschaft enge Verwandte sind, und weil man doch darauf angewiesen ist, dass der eine oder die andere sich irgendwann einmal tatsächlich auf den Weg macht, vielleicht sogar einen Kranz bestellt oder Blumen, wenn man in ferner oder naher Zukunft den Arsch zusammen gekniffen hat.

Ja, das wünscht man sich sehr, und so freut man sich insgeheim schon auf die nächste Zusammenkunft, die zu einer anderen Jahreszeit, jedoch mit den gleichen Teilnehmern stattfinden wird. Jeder kann so davon ausgehen, dass er sich im Jahreszyklus drei, vier, fünfmal auf solchen Treffen berauscht, und alle warten jedesmal gespannt darauf, ob nicht endlich einmal einer dem zunehmenden Alter Tribut zollt und vielleicht eine Art Zusammenbruch erlebt, wie der, der damals auf der Toilette nicht wieder auf die Beine kam, weil das Rauschmittel, dass er zum 25jährigen Jubiläum inhaliert hatte, seinen Kreislauf ein wenig durcheinander gebracht hatte. Nicht weiter schlimm, er hätte nur eine Weile dort sitzen müssen, aber da er so besorgt war, brachte man ihn in die Klinik, in der er vierundzwanzig Stunden verblieb. Seitdem hat er das Nikotin aufgegeben, was ja auch schön ist.

Was es sonst noch zu sagen gäbe, wird lieber verschwiegen. Sicher aber ist, dass der unsichtbare Raum über den Köpfen der Teilnehmer voller unausgesprochener Wahrheiten und Wünsche ist. Würde nur einer genannt, bräche die Zivilisation augenblicklich in sich zusammen und wir wären wieder da, wo Kain Abel ermordet.
Da wir das jedoch nicht wollen, da es uns gelungen ist, die Schrecken der von uns ausgebeuteten Welt immer gerade so weit von uns halten können, dass wir nicht schreiend zusammenbrechen, spielen wir an solchen Abenden das Spiel der Freundschaft.


Mo 16.02.04   12:01

Der graue Himmel.

13:43

Das Geschäft mit den Lesungen springt an. Vorgesehene Termine bisher: 15.

 

Di 17.02.04   10:54

Ich erwarte nicht, dass mich irgend jemand verstehen kann, wenn ich sage, diese Stadt war eine Siedlung von Verrückten. Ich weiß, was ich sage, ich bin noch nicht senil, und ich bleibe bei meiner Behauptung. Andere mögen anderes sagen. (...) Zuletzt konnte ich kaum noch atmen, und meine Abreise aus dieser Stadt glich einer überstürzten Flucht.
Die Habsucht konnte ich begreifen und die Missgunst, die Lust am Denunzieren und das argwöhnische gegenseitige Belauern, um nicht den Moment für den kleinen, eigennützigen Vorteil zu verpassen. Ich verstand auch ihre Hilfsbereitschaft, ihre freimütige und naive Offenheit und das sorglose verschwenderische Vergeuden der Zeit, ihren ausgeprägten Sinn für Bürgertugenden und ihr unbeirrbares Festhalten an Grundsätzen, die sowohl Ehrgefühl wie Prägung durch die Gesetze der Väter verrieten. Was mich bestürzte und verwirrte, war die Entdeckung, dass die Einwohner von G., und zwar jeder einzelne von ihnen, ohne jeden Beweggrund und offenbar ohne Bewusstsein der Unangemessenheit ihres Treibens die schäbigsten Interessen mit ihrer erstaunlichen Großzügigkeit verbinden und empfindungslos einer Geste selbstloser Herzlichkeit die filzigste Lumperei folgen lassen. (1)

12:47

Ich begann, zu rechnen. Wenn Jakie, Ewalds Sohn, 15 wird, bin ich fast 70. Jakie und ich haben einander ins Herz geschlossen. Nicht, dass ich nicht gewusst hätte, dass ich älter werde. Ich habe ja schließlich selbst zwei Söhne. Aber in Verbindung zu Jakie, den ich nur alle paar Wochen einmal sehe, hat es mich wie ein Blitz getroffen. Dieses Alter. Dieses äußere Alter, sagen wir's mal so. Denn das innere Alter ist nur eine Frage der Einstellung. Ich sehe in mir viel mehr Zeitlosigkeit als fortgeschrittenes Leben. Ich habe kein Problem, meinen fast 55jährigen Aufenthalt auf dieser Erde zu akzeptieren. Was mir nicht gefällt, ist die Missachtung des Alters durch junge Menschen. Ich war genauso dumm damals, aber diese Dummheit schmerzt jetzt noch. Vor allem, wenn ich an meine Eltern denke.

15:25

Ich sprach vom Durchbruch.

Hier ist er:


Lieber Herr Mensing

Frau H. (alias I. Anmk. H. Mensing) hat mir Ihre Bitte weitergeleitet, Ihnen den Nebenrechteerlös rasch zu überweisen. Nach RS mit unserem Geschäftsführer kann ich Ihnen heute mitteilen, dass das in Ordnung geht. Die Summe wird im Laufe der Woche überwiesen. Es sind allerdings nicht 800 EUR (wie Sie Fr. H. ggü. gemeint hatten), sondern 300 EUR für den "Zehnten Mond" + 19,28 EUR aus der frz. Vorauszahlung von "Weihnachten ganz wunderbar" . Der Vorschuss für den "Zehnten Mond" war leider niedriger und außerdem ist Ihr Anteil auch geringer als für die "Sackgasse 13", da ja auch Herr F. an den NR beteiligt ist. Herzliche Grüße...

tag i.,
danke dir, dass du's so schnell erledigt hast, wenngleich man von erlösen kaum sprechen mag. statt der 800 sind es nur 300 euro (weil nebenrechte mit dem illustrator geteilt werden), dazu noch Euro 19.28 für nebenrechte aus der vorauszahlung von Weihnachten ganz wunderbar. hätte ich nicht so einen westfälischen dickkopf, ich glaube, ich hätte mich in anbetracht dieser unglaublichen summen längst in einem moor ersäuft. dass ich das nicht tue, liegt zudem daran, dass ich in diesem jahr fest mit meinem durchbruch rechne.
aloha ...hermann

tröstung

lieber hermann,
moor schmeckt nicht gut. ich suche tröstung in chips (an den guten tagen) oder schoko (an den miesen tagen). für 19,28 gibt es leckere pralinen von godiva oder so, wahrscheinlich auch mit goldplättchen drauf :-)
wenn das leben gerecht wäre, müsstest du schon ein bestseller-autor sein. glaubs mir.
alles liebe
i.

 

Mi 18.02.04   10:12

I need something strong to ease my mind,
I wanna look at you until my eyes go blind... (Mississippi, Bob Dylan: Love an theft)

14:51

Ich hätte zur Bank gehen müssen, um Geld zu holen, was einen Umweg bedeutet hätte. So fragte ich beim Friseur, ob ich mit der EC Karte zahlen könne. Natürlich, sagte eine resolute junge blonde Frau, worauf ich antwortete, naja, ich dachte, bei zehn Euro lohnt sich das vielleicht kaum.
Zehn Euro? sagte sie scharf und schaute mich herausfordernd an. Vierundzwanzigfünfzig!
Beim letzten Mal habe ich aber bei ihm viel weniger bezahlt, sagte ich und wies auf den jungen Friseur, der mir die Haare vor ein paar Wochen für fünf Euro geschnitten hatte.
Der schien sich nicht zu erinnern oder erinnern zu wollen.
Da mir nicht klar war, in welcher hierarchischen Beziehung die anwesenden Friseurinnen und der Friseur standen, und ich den Friseur nicht als jemanden outen wollte, der Kunden, die nur noch so wenige Haare haben wie ich, schon mal für 5 Euro bedient, insistierte ich nicht weiter und folgte einer Frau Anfang dreißig, klein, lockiges Haar, scharf geschnittenes Gesicht, Gold um den Hals und an den Fingern, eine Türkin, nehme ich an. Die legte mir den Kittel um, fragte, ob ich Kaffee wolle, ich verneinte. Dann trat sie zurück, ging zu ihrem männlichen Kollegen und ich hörte, wie sie mit ihm den Preis absprach.
10 Euro? fragte sie. Er nickte.
Im Verlauf des Haareschneidens erzählte ich ihr, wieviel ich beim letzten Mal bezahlt- und warum ich das vorhin nicht gesagt hätte. Sie lachte.
Ja aber wir schneiden ja mit der Schere, nicht mit der Maschine, sagte sie.
Vielleicht begründet das die Differenz zu den 5 Euro vom letzten Mal, denn das war ein Schnitt mit der Maschine.
Als ich fertig war und an der Theke zahlen sollte, (Wieviel denn nun? - 10 Euro.) erhöhte ich auf 12. Sie tippte etwas in ihr EC-Terminal und ich fragte, haben Sie mich verstanden?
Ich kriege alles mit, sagte sie.
Ich unterschrieb und sie sagte, sie würde sich beim nächsten Mal bestimmt an mich erinnern.
Also kann ich mich jetzt auf einen 10 Euro Haarschnitt einrichten?

 

Do 19.02.04   12:16

Kein Sterbenswort heute.

 

Fr 20.02.04   10:17

Tasch fack da namm
die proztt böll kum
nie pöm öm drött
ing nott esch.
tass asch die blöd
die dum sau bu
die hack klein stück
in dos put.

 

Sa 21.02.04   20:57

Ich bin der Trompetenkäfer
singe, rieche gut und kräftig
bin ein rechter Enddarmschläfer
falls es sein muss: mächtig.

 

So 22.02.04   12:30

Sensationell: Busch und Mensing kooperieren

Ich bin eine alte Latte
die es immer gerne hatte
doch anstatt durch weise Lehren
sich zum Guten zu bekehren
oftmals noch darüber lachte
und sich heimlich lustig machte....

12:43

Als ich gestern, noch in Gedanken bei einem kleinen Meinungsaustausch mit der Fleischfachverkäuferin, die mich gefragt hatte, ob es auch 525 Gramm sein dürften, die Straße vorm Supermarkt überqueren will, kommt da ein roter Fiesta herangebraust. Meine Straße ist verkehrsberuhigt, was nicht bedeutet, dass hier jeder 30 fährt, aber man freut sich schon über 50.
Der Fiesta fuhr über den Daumen geschätzte 80 kmH.
Außer den 525 Gramm, die ich statt der geforderten 500 Gramm bei mir trug, hatte ich noch Bananen, kernlose Trauben, Zitronen und Brot gekauft. Ich nahm eine Traube, wartete, bis der Fiesta heran war und warf. Die Traube zerklatschte an der Windschutzscheibe.
Ich überquerte die Straße und ging nach Hause. Als ich gerade die Haustür öffne, hupt es hinter mir. Ich drehe mich um. Da steht der rote Fiesta. Sein Fahrer, ein Mittzwanziger, Türke, zeigt mir erregt den Mittelfinger seiner linken Hand. Ich mache Zeichen, er solle sein Fenster öffnen und gehe auf den Wagen zu. Er öffnet tatsächlich. Was das denn wäre? sagt er. Ihn zu bewerfen? Sauerei! Ich sage, Sie sind mindetens achtzig gefahren. Okay, sagt er, aber das bewerfen, war das denn okay? Es war nur eine Weintraube, sage ich. Und wenn ich jetzt von der Straße abgekommen wäre, sagt er. Ich sage, so schnell geht das nicht. Ein Türke weniger! hätte ich auch sagen können. Erschreckend, oder? Was man alles sagen könnte, wenn man sich nicht ständig in Frage stellte und nach Auswegen sucht.

 

Mo 23.02.04   10:25

In Demut nimmt der Dichter einen Scheck entgegen 
die Höhe unerhört, die Steigerung zum letzten Halbjahr 6 Prozent
da sag noch jemand, dass wir uns nicht mehr bewegen
in and'rem Lichte scheinen die Prozente dem, der die dahinter stehn'de Summe kennt.

Der könnte schon in tiefe Depression verfallen
dem hülfe nur noch delirierend' Lallen
der fickte sich am Besten selbst ins Knie
und sagte nur noch nie!!!

Nie mehr will ich Romane schreiben
nie mehr die Eitelkeit zu höchsten Blüte treiben 
nie mehr will ich mich quälen
will lieber Schäfchenwolken zählen.

So voller Vorsatz schreitet man sodann
zum Rechner, wirft ihn murrend an
lädt seinen letzten, unvollendeten Roman

und fängt von vorne an.

12:45

Münster, gegen Mittag, unser Korrespondent meldet:

Während im Büro die letzten, aktuellen und ungemein eiligen und wichtigen Änderungen an gewissen Dingen vorgenommen werden, tobt in der Stadt bereits das Inferno. Auf dem Hindenburgplatz, nur einen Steinwurf entfernt, setzt sich in diesen Minuten der Zug in Bewegung, um die ganze Stadt mit Bonbons zu beglücken und mit der widerwärtigsten Musik zu beschallen. Und da wage ich mich mitten rein, wo schon jetzt die ersten Opfer durch die Jüdefelder Straße taumeln, sich hilfesuchend an das Gitter vor der Agentur klammern und sich schließlich selbst auf die Füße kotzen. Feierabend ;-) (Jan Mensing)

 

Di 24.02.04   9:20

Ich beherrsche den Lotus Sitz. Nicht, dass ich je fernöstliche Studien betrieben hätte, nein, auch das Fliegen habe ich immer anderen überlassen, aber ich beherrsche ihn. Ich hocke vor der geöffneten Balkontür wie ein indischer Guru am Ufer des Ganges, auf der Straße treiben Leichen in einen grauen Dienstag. Mag Schnee kommen, mögen die Krähen schreien, heute gilt keine Ausrede, heute wird das letzte Kapitel von Tilli, Geige und die Birkenbande geschrieben. Vier, fünf Seiten etwa, das ist zu schaffen. Und wenn es geschafft ist, richte ich den Blick wieder auf den Horizont, um zu sehen, ob da ein Hörspiel hängt.

13:01

Eigentlich vermeide ich es, Bücher zu zerreißen. Ich spreche einfach nicht drüber, das reicht ja. Aber dieses hier zerreiße ich gern. Es wird nämlich hoch gelobt, es wird bezaubernd genannt, eine einleuchtende Meditation über Tiere, eine erstaunlich leichte Mischung aus Philosophie und Geschichten.
Tatsächlich ist es nichts weiter als eine selbstverliebte, selten auf den Punkt kommende, eitle Ich-Veranstaltung eines Philosophen, der glaubt, seine Tiere und er wären der Nabel der Welt.
Absolut nicht empfehlenswert ist also das bei Rogner & Bernhard erschienene Buch: Der Hund des Philosophen von Raimond Gaita. Dabei hat es einen so schönen Umschlag.

 

Mi 25.02.04   10:11

Meditation über Sinn und Zweck allen Handelns:

Herr, du hast mich aus mir nicht bekannten Gründen zum Romanschreiber gemacht. Du hast erlaubt, dass sieben meiner Romane im Buchhandel zu erwerben sind, ein achter erscheint bald. Könntest du so nett sein, ihren Verkauf ein wenig anzukurbeln, damit sich - wenn sich mir schon Sinn und Zweck meines Handelns nicht erhellt - zumindest mein Konto füllt? Könntest du mir erklären, wieso meine Lesungen so erfolgreich sind, während sich der Verkauf meiner Bücher so schwer tut?

Herr, während ich dich mit weltlichen Fragen quäle, hast du natürlich ganz andere Sorgen. Aber findest du nicht, dass ich es verdient hätte? - Dass es langsam an der Zeit wäre, dass Qualität sich durchsetzt? Hast du nicht den Eindruck, dass zu viele Idioten Reibach machen, während kleine Hermänner wie ich sich Pickel sitzen?
Herr, die Sonne scheint auf verharschten Schnee, alle Arbeiten sind erledigt, und ich bin wieder da, wo ich immer war: am Anfang. Sollte alles mit rechten Dingen zugehen, sollte mich nicht irgendeine hinterhältige Krankheit dahin raffen oder ein Unglück meine Existenz frühzeitig beenden, gehe ich von mindestens 30 weiteren Jahren aus, die ich auf dieser Erde verbringe. Möglich wären aber auch vierzig, denn meine Vorfahren sind alt geworden und mein früherer Hausarzt hat immer gemeint, auch mir blühe hohes Alter. Herr, wenn dem so sein sollte, bitte ich recht herzlich um Einsicht.
Noch schöner wäre Einsicht und Bargeld.

19:25

Fazit am Abend:

Den Kopf voller Ideen und Zweifel.
Im Portemonnaie: € 7.12.
Geschafft: ein Gespräch mit dem Lektorat.
Reisebericht (6.200 Zeichen) für den Tagesspiegel Berlin.
Das alte Regal auf dem Balkon auseinander geschraubt.
Einen Vertrag verschickt.
Plan für Hörspiel.
Und morgen ein Faultag???

 

Do 26.02.04   14:07

Als Herr M. gegen zehn auf sein Fahrrad stieg, war es frostig, aber die Sonne schien. Da ihm Faulsein nicht liegt, hatte er sich entschlossen, eine Radtour zu unternehmen. Er fuhr durch das Aa-Tal, überquerte die Autobahn, kam am alten Soldatenfriedhof vorbei und hielt sich ostwärts, nach Münster.
Benahm sich wie jemand, der sich nicht auskennt, als er den Burger King an der Eishalle betrat und nach Frühstück fragte. Er hatte Glück, die Hilfskraft wusste ebenso wenig wie er, und so kam es, dass er gegen elf Uhr (er hatte zu Hause zwar Kaffee getrunken, aber noch nicht gefrühstückt) einen Cheese-Burger, Pommes und 0,4 Liter Cola zu sich nahm.
Wie gesagt, er tut so etwas selten, höchstens, um seiner Frau und den Kindern eine Freude zu machen, er weiß vorher schon, wie es schmecken wird, und es schmeckte auch so. Auf Monitoren unter der Decke flackerte bunt die sexuell aufgeladene, unschuldige MTV-Welt, ein glatzköpfiger Mann mit goldenem Ohrring putzte die Fenster, durch eine Tür, die zu einem Keller zu führen schien, betrat ein dicker Mann in weit offen stehendem Flanellhemd über einem schmuddeligen T-Shirt, einer braunen Hose und schweren Halbschuhen, deren Schnürsenkel nicht gebunden waren, den Raum. Sah nicht, ob und in welcher Funktion er unterwegs war.
Links neben mir saß eine junge, sprachlose Familie vor dem gleichen Menü, das ich verzehrte, und dachte sich wechselweise Ausreden aus, warum ihr etwa siebenjähriger Sohn dies nicht tun und jenes lassen sollte.
Rechts neben mir aß ein Mittzwanziger zwei doppelte Burger. Seine Mundwinkel waren rot und weiß von entsprechenden Saucen. Noch einen Tisch weiter saßen zwei junge Frauen, Mädchen eher, über bedrucktes Papier gebeugt, mit dem Marker arbeitend.
Ich fuhr weiter. Umrundete die Stadt zur Hälfte und fuhr dann die Wolbecker Straße ortsauswärts. Ich hatte mich entschlossen, E. zu besuchen. Kaum dort angekommen, begann es zu schneien. Und es schneite den ganzen Heimweg.

 

Sa 28.02.04   12:30

Nach Diktat verreist.
Reportagen aus Nihilon ab 1.03.2004.
Stay tuned.

 

 

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1. Christoph Hein Horns Ende Roman Luchterhand 1985 //

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