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Hermann Mensing

Para kalor na pli rosso

 

Innsbruck: schätze ich.

Im Anflug habe ich unsere Bucht schon gesehen.

Ich grüße die beiden jungen Polizisten, die im Wagen auf dem Vorfeld des Flugplatzes stehen, als wir zur Halle gehen.

Der kräftige ablandige Wind, spekuliere ich, treibt das warme Oberflächenwasser aus der Bucht, kaltes bleibt, sehr kaltes, 16 Grad hörte ich jemanden sagen.

Heute Nacht aber weigerte sich die gekaufte schönste Zeit des Jahres plötzlich weiter mitzuspielen und riss mich mit dem furchtbarsten Gedanken, den ein Vater denken kann, aus dem Schlaf.

Ich ging auf den Balkon, ich versuchte mich mit Sternenzählen, ich sprach mir all die Belanglosigkeiten vor, die Schrecken vertreiben, aber es gelang nicht. Eine gute schlechte halbe Stunde quälte mich das, dann hatte ich den Gedanken so weit eingekreist, dass ich ihm als Nachtmahr die Luft abschnüren konnte. Wie groß die Erleichterung war, ich ich heute früh eine SMS auf dem Display vorfand, muss nicht mehr gesagt werden.

Unser Balkon hat Sonne am Morgen, liegt aber ab Mittag in angenehmem Schatten, ich könnte jetzt, zurück von einem Gang auf die andere Seite der Bucht Richtung Makrades auf staubigen Wegen hügelan, durch schattige Olivenhaine, hier sitzen und lesen, stattdessen schreibe ich, glücklich, dass die Nacht vorüber ist, hoffend, dass das Glück, das seit 56 Jahren an meiner Seite ist, sich nicht launisch zurückzieht, wie es das alle Tag überall tut, wenn es sich erst einmal entschlossen hat, Schicksal zu spielen.

Das hätte ich nicht erwartet.

Para kalor, na pli rosso. Bitte, darf ich zahlen.

Womit ich beim Eigentlichen meiner westfälisch-friesischen Natur angelangt bin.

Vor allem aber weit genug entfernt von den übrigen Neckermännern, Menschen, die - wie ich nun, in meinem sechsten Lebensjahrzehnt angekommen, zugeben muss, mit Recht die schönsten Wochen des Jahres genießen wollen.

Ganz offenbar kehren mit wärmer werdendem Wasser auch die Fische zurück, denn Samstag und Sonntag, als ich es kurz mit der Taucherbrille versuchte, sah ich nicht einen.

Waren in Seitenstraßen und dann, innerhalb einer Viertelstunde, hatte ich ein Seidenhemd und einen leichten Baumwollpullover gekauft...

Ich bin willkommen.
In einer Stunde nehmen wir den Bus zurück in unsere kleine Enklave am Meer, auf die ich mich freue.

Ich fand das ein schönes Wort, hatte mir vorgenommen, es zu notieren, es war all die Tage, die noch wie eine Ewigkeit scheinen in meinem Kopf, aber erst jetzt, nach dem Schwimmen, vorm Frühstück, bin ich dazu gekommen.

Ich habe größere Fischschwärme gesehen...

Vorm Frühstück sollte ich über die völlige Abwesenheit der Tagespolitik und ihrem guten Einfluss auf das Wohlbefinden der Menschen sprechen....

Vorm Frühstück sollte ich über den segensreichen Einfluss der völligen Abwesenheit ...

Vorm Frühstück sollte ich besser gar nicht sprechen.

Ich bin's, der Schriftsteller mit Hut.

Vorm Abendessen also, nach einer Woche in der Sonne. Schwamm und schnorchelte viel heute dort draußen, bedacht, meinen leichten Sonnenbrand, den ich mir gestern trotzt größter Vorsicht bisher zugezogen hatte, nicht zu verschärften.

Ich als Karrikatur meiner selbst...

Zum ersten Mal sehe ich den Mond.

etwa, dass ich kein hochseetauglicher Schwimmer wäre...

Ich habe ein Auto gemietet.

Hatte schon zwei, drei Gläser Wein während des Essens getrunken, zudem einen Kumquat Likör, der aus kleinen Bitterorangen gemacht wird und den uns der Kellner der Dionysos Tavern zum Probieren gebracht hatte, sonst wäre ich noch zu einer kleinen Spritztour gestartet. Als führe ich sonst nie.

Ich hingegen (Tourist) laufe hin und wieder Gefahr, Kalamaris zu sagen, konnte mich jedoch bisher noch immer im letzten Augebblick bremsen.

Nächste Woche Dienst spiele ich auf der Session im Hot Jazz Club.

Wie auch ich gestern bei der Abfahrt vom Pantokrator nicht ganz ohne Furcht war...

Frau M. und ich waren uns sofort einig. Ich legte den Rückwärtsgang ein, brachte den Wagen aus der Gefahrenzone, fuhr in einen Feldweg ein paar Meter hinter uns und parkte.

Dennoch habe ich bis jetzt überlebt.

Ich nehme an, er schaut, ob alles in Ordnung ist.

Nach ihrem Herausschwimmen bei ersten Mal hatte ich sie wegen ihrer Unaufgeregtheit und Ruhe bewundert. Diesmal verstand ich sie nicht. Das Meer ist schließlich kein Pool. Ich war heute früh mit einer zur Kajakform geblasenen Plastikschale ein wenig in der Bucht unterwegs. Mal davon abgesehen, dass diese Kajaks viel zu kurz sind, also bei jedem Paddelschlag dazu neigen, die Richtung zu wechseln, treiben sie auf dem Wasser wie Luftmatratzen, und Wind, das konnte ich deutlich spüren, vertragen sie gar nicht.

Ich stoppte, wollte aussteigen, um die Schranke zu öffnen, aber Dimitrios öffnete. Ich salutierte.

Ich nickte ernst und fuhr langsam vor...

Den ich gern aus der Nähe sehen würde.

Wie immer war ich längst Schwimmen...

Die ich seit ihrem erbärmlichen Nichtauftritt bei der Nobelpreisverleidung nun gar nicht mehr ausstehen kann...

Wie ihr Venushügel bewachsen ist, stelle ich mir gar nicht erst vor.

Habe ich Jürgen vergessen?

Ich dachte erst...

Ich wollte aber etwas ganz anderes erzählen.

Ich weiß nicht.
Ich bin ein guter Schriftsteller.
Ich bin ein schlechter Schriftsteller.

Ich grüße recht herzlich von Bord des Air Berlin Fluges von Corfu nach Münster.

Dein Wille geschehe.

 

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