Lesung Grummersbach 12. - 13.06. 2001

Fortsetzung (unbearbeitete Notizen)

17:50 Ein Hahn, ein Hund, Vögel, die Stadt und ihre Bewegung im Tal. Am höchsten Punkt offenbar, das Kriegerdenkmal und nebenan die Mobilfunkstation. Vom Denkmal bergab eine Schneise, wilde Wiese, ab und an Stufen, mein Weg hier herauf vorbei an einem Gästehaus, Villa mit weitem Garten, hohe Buchen, Eichen, hier oben, 450 Meter über NN. -

Zwei Tafeln am Kriegerdenkmal: 

1: Wir gedenken in Trauer aller Toten des Krieges und der Gewaltherrschaft. Wir gedenken insbesondere der 6 Millionen Juden, die in den KZ ermordet wurden. Wir gedenken aller Völker, die im Krieg gelitten haben, vor allem der unsäglich vielen Bürger der Sowjetunion und der Polen, die ihr Leben verloren haben. Als Deutsche gedenken wir in Trauer der eigenen Landsleute, die als Soldaten bei den Fliegerangriffen in der Heimat, in Gefangenschaft und bei der Vertreibung ums Leben gekommen sind. Wir gedenken der ermordeten Sinti und Roma, der getöteten Homosexuellen, der umgebrachten Geisteskranken, der Menschen, die um ihrer religiösen und politischen Überzeugung willen sterben mussten.

2: Wir gedenken der erschossenen Geiseln. Wir denken an die Opfer des Widerstandes in allen von uns besetzten Staaten. Als Deutsche ehren wir das Andenken der Opfer des deutschen Widerstandes, des bürgerlichen, des militärischen und glaubensbegründeten Widerstandes in der Arbeiterschaft und bei Gewerkschaften, des Widerstandes der Kommunisten. Wir gedenken derer, die nicht aktiv Widerstand leisteten, aber eher den Tod hinnahmen als sich zu beugen. - Richard von Weizsäcker.

18:03 Glocken aus dem Tal. - 18:10 auf einer duftenden Wiese mit weitem Blick über Land.  - 18:20 Wer alle Zeit hat, dem vergeht sie langsam. - 19:00 Im "Alten Markt". Trinke eine Viertel Dornfelder und esse Reibekuchen mit gebratener Rotwurst und Rote Beete. - Der Trick mit den drei Karten ist genial einfach. - Las in Wiehl in dieser Reihenfolge: 1. Cash-Money Brothers 2. Ballade von einer Kanaken Stadt 3. Reise ins Glück. - In Gummersbach wurden die Karten so gezogen: 1. Cash-Money Brothers 2. Reise ins Glück 3. Ballade von einer Kanaken Stadt. - Kam auf den Trick, weil Frances mir schrieb, ein ihr bekannter Schreiber habe ein "silly wheel", eine Art Glücksrad, auf dem all seine Arbeiten verzeichnet sind. Eh er zu lesen beginnt, bittet er einen Zuhörer, das Rad zu drehen. Da, wo es stehen bleibt, beginnt er seine Lesung. - Ich hatte zwar nur drei Karten zur Auswahl, aber das war auch nicht schlecht. Werde das jetzt immer so machen. - Erzquell heißt das Pils, das man hier trinkt und Zunft Kölsch. -  

3 Sätze zu Gummersbach von der Kellnerin: 1. Ich bin nicht so gern in G. 2. Es ist zuwenig los. 3. Trotzdem schöne Gegend. - Sind Sie von der Zeitung. Nein, sagte ich. Ich bin Schriftsteller. In der Stadtbücherei läuft eine Aktion gegen rechte Gewalt. Da habe ich heute gelesen und da werde ich morgen lesen. "Weiß ich nix von", sagt sie. "Ich bin Türkin, ich mein, ich seh' nicht so aus, aber ich habe da noch nix von gemerkt." -   

Freundliche Leute hier. Schon der zweite Passant, der mir Guten Appetit mit Betonung auf Tittt wünschte. - Spazieren gehen und glücklich aufs Handy starren. - Mauersegler zirpeln und ich werde langsam betrunken. - 19:40  Schon zum dritten Mal fährt ein schlecht gepflegter Fiat Panda mit folgender Aufschrift über den Platz: Auto und Reifen Pflege Zettler. - Da würde ich mein Auto nie hinbringen. - Heimat ist manchmal nicht größer als 93 Quadratmeter plus Balkon. Kann aber auch kleiner sein. - Zwei junge Frauen am Nebentisch. "Immer hin- und her und zwischendurch mal 'ne andere. Es ist einfach zu viel passiert, weißte...." -  "Ich glaube, es ist aus und vorbei. Das Alte wird nie wieder kommen." 

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