Moers 26.09.01

Kinder u. Jungendbuchwoche 

 

27.09.01     20:38

Ich habe gestern in Moers gelesen. Zweimal vor jeweils sechsten Haupt- Real- und Gymnasialklassen. Und um jede habe ich kämpfen müssen. Ob ich gewonnen habe, weiß ich nicht. Kinder in diesem Alter neigen dazu, sich zu verschließen. Sie wollen in ihrem Verpuppungsprozess nicht gestört werden, sie entdecken gerade die Einsamkeit des Coolseins und finden sie aufregend. Nass geschwitzt war ich nach einer Viertelstunde. Keines der Signale, die ich sonst empfange, kamen über ihre Sender, und so bleibt die Erkenntnis, dass 12-13jährige nicht meine Zielgruppe sind. Was nicht ausschließt, dass sie die Geschichte genossen haben. Sie würden es nur nie zugeben. Wer bin ich denn? sagte ein Junge zu mir, als ich ihn fragte, ob er in der Lage sei, die sich mit einem lähmenden, durch Mark und Bein fahrenden Geräusch öffnende Schranktür nachmachen könne. In Grundschulklassen war das bisher kein Problem. Da machten siebzig Kinder bereitwillig mit, zu ihrer und meiner Freude. Sechste Klassen sind zu alt für so etwas. Und dann höre ich, dass einer sagt, dass die Geschichte nicht gruselig war, und später sehe ich, dass Schüler vorm Bibliothekscomputer R. L. Stine Titel aufrufen, der plump und höchst erfolgreich mit Versatzstücken aus Horror, Fantasy und Grusel arbeitet. Dagegen will ich nicht angehen. Dagegen kann ich nicht angehen. Dagegen gehe ich nicht an. Ich habe die Lesungen der letzten Wochen sehr genossen. Sie waren anstrengend und aufschlussreich. Jede Lesung unterschied sich von der vorherigen. Ich hoffe, dass ich noch oft lesen kann. Es könnte allerdings auch sein, dass ich morgen tot bin. Alles kann sein. Aber ich gehe davon aus, dass ich überlebe. 

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