www.hermann-mensing.de

Hermann Mensing

Briefe an Annette von Droste Hülshoff

14


Liebe Annette,

die Sonne schien. Gegen zehn tauchten die ersten Gäste auf und warteten auf ihren Reiseführer, der gegen elf auftauchte und sich wortreich entschuldigte. Immer, immer schon habe seine Frau gesagt, es kommt der Tag, an dem du vergisst, was du zu tun hast, und heute war so ein Tag. Tut mir Leid. Die nächsten Gäste stiegen aus einem Bus, um das Haus zu fotografieren, durch den Garten zu hasten, und weiter zu fahren. Schade, ich hatte so viel über dich gelesen in den letzten Tagen, und hätte die Geschichten gerne erzählt, aber die zunehmende Atemlosigkeit, die Veränderungen, von denen du sprichst, haben sich in der Gegenwart zu einem Wirbel verdichtet. Zeit darf nicht verstreichen, Zeit muss muss sinnvoll verbracht werden, Zeit muss Geld bringen, mit dem man sich dann Zeit kaufen kann, quality time, wie das die Idioten der Gegenwart nennen. Gleich ist es vier. Ich glaube nicht, dass noch jemand kommt. Ich mache Feierabend, und du darfst wieder ungestört Nette sein, ein Adelsfräulein, dass mir langsam sympathisch wird.

nächster Brief