Berlin
Fremd war mir schon, als ich da auf der Waldbühne saß und dachte, wie sie damals die Bestuhlung zertrümmert hatten wegen der Stones. Wegen mir würde niemand irgendetwas zertrümmern. Obwohl genügend Menschen im weiten Rund saßen. Katholiken, so weit das Auge reichte Katholiken. Außer Rand und Band, denn es war Kirchentag und ich spielte in einer Band, die beim Kirchentag auftrat. Trommelte sozusagen im Namen des Herrn. Arme wurden empor gerissen, Schals hochgehalten, man fasste sich an. Und dann kam dieser Bischof. Kam von links auf die Bühne, hielt eine Rede, segnete womöglich, ich weiß nicht mehr so genau, segnete, sagen wir mal, doch eh er dann abging, kam er direkt auf mich zu. Kam auf mich zu, ergriff meine Hand, schüttelte sie, lächelte freundlich und verschwand von der Bühne. Da saß ich nun. Vom Bischof höchstpersönlich begrüßt. Ich spürte, dass es mit mir aufwärts ging. Erst die Stones, jetzt der Bischof. Ja. Es wurde besser und besser. (Berlin 1982)
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Mit dem Rad von Kreuzberg übern Potsdamer Platz durchs Brandenburger Tor in die sich auflösende DDR. Das Rad klappert. Die Vopos lächeln. Das haben sie früher nie getan. Mauerspechte und fliegende Händler verhökern Militaria aus dem Warschauer Pakt. Ich will zum Aufbau Verlag. Er ist in einem verrußten Gebäude in einer Parallelstrasse zu den Linden. Kurve an der russischen Botschaft vorbei, biege rechts ab und bin da. Französische Straße? Glaube wohl, ja. Stelle mein Rad ab, gehe zum Portier, werde gemeldet, steige durch ein muffiges Treppenhaus in den zweiten Stock und platze in eine kleine Feier, die in einer Etagenküche stattfindet. Jemand hat ein Kind gekriegt und zeigt es vor. Die Lektorin, mit der ich schon ein paar mal telefoniert habe, führt mich in ihr Büro. Noch glauben wir, dass sich die DDR neu formiert. Ein paar Monate später wissen wir mehr.