Braunschweig
M. hat Anhaltspunkte. M. sieht Vages am Horizont. Er wird danach greifen, aber erst einmal fährt er nach Braunschweig. Morgen wird er dort lesen. Die Nacht wird er in einem Hotel verbringen. Das behagt ihm nicht, war aber nicht anders zu machen, er hätte sonst morgen schon früh mit dem Auto fahren müssen. Wer weiß, vielleicht ist Braunschweig eine schöne Stadt.
M. hat nur eine Erinnerung an Braunschweig. Sie geht zurück in die späten 70er Jahre. Er war mit den Ace Cats auf Tour. Die Band hatte schon ein paar Gigs gespielt. In Braunschweig spielte sie auf einem Stadtfest. Der Gig war in einem Zelt. M. saß am hinteren Rand der ca. 50 Zentimeter hohen Bühne, als sein Schlagzeughocker während eines Stückes plötzlich unter ihm nachgab und er nach hinten verschwand. Die Band spielte weiter, bis M., unverletzt, wieder auftauchte.
Wer nichtsahnend den Braunschweiger Bahnhof verlässt, könnte glauben, er sei schon in der DDR. Trostlosere Plattenbau-Nüchternheit ist kaum noch vorstellbar. Emotional inspirierend. 15 Minuten Fussweg zum Hotel. Ich wohne im 4. Stock der Courtyard Marriot. Habe erst ein Problem, meine Tür zu öffnen, trete schließlich ein (bin doch nicht zu blöd für Steckkartenschlösser), der Fernseher läuft. Auf der Mattscheibe steht: Guten Tag Herr Mensing. Man fordert mich u.a. auf, OK zu wählen. Als ich dem folge, meldet sich das Pay-TV mit 12 Filmen, davon einige Sexfilme, das ganze Paket zu 14 Euro pro Tag. Aber es gibt auch Kabel-Fernsehen. Als ich gerade den Hosenbügelautomaten mit meiner Hose darin in Gang gesetzt habe, klopft es. Ich öffne einen Spalt. Eine junge Frau steht davor, die Begrüßungsfee. Sie reicht mir einen Teller Obst, darauf sind: 1 Twix, eine Banane, ein Apfel, eine unansehnliche Mandarine. Ich bedanke mich. Sage, ich bügelte gerade meine Hose. Wir lächeln beide ein wenig verunsichert. Mein Zimmer ist ein Doppelzimmer (429). Im ersten Stock, weiß ich, ist eine Sauna plus Fitnessraum. Beides kann ich mit meinem Zimmerschlüssel betreten.