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Mo 1.12.25 sonnig 12:38
Hilft ja nix. Geschenke für die Enkel finden.
14:09
Die Bäuerin am Twerenfeldweg bestückt ihren Kühlschrank mit Eiern, als ich komme. Ich habe zehn leere Eierkartons mitgebracht. Guten Tag, sage ich, und sie sagt auch etwas, aber ich versteh es nicht recht, dann dreht sie sich um und erschrickt. Sie hatte via Überwachungskamera mit ihrem Sohn gesprochen. Wir palavern. Wo ich denn wohne, will sie wissen. Nienberge, sag ich und erzähl' ihr von unserem Umzug. Sie erzählt mir von ihrem. Sie und ihr Mann ziehen aufs Altenteil, der Sohn zieht unten ein, das dauert ja, sowas, sagt sie, eh man Handwerker kriegt, das zieht sich. Ja, ja, sage ich. Ihr Hof zählt zu Nienberge, trotzdem habe sie eine Roxeler Vorwahl. Die genaue Grenze zu Roxel wird von der Aa markiert, etwa zweihundert Meter weiter. Das ist ja nett, dass sie die leeren Eierkartons mitgebracht haben, sagt sie. Ich verschweige, dass ich auf dem Weg darüber nachgedacht hatte, die Eierkartons mit einem tödlichen Gift zu präparieren, damit mal was passiert. Damit die Bauerneieresser auch mal bemerken, dass die Welt jederzeit tödlich sein kann.21:06
er ist
eine magische
kreatur
weil er ist
schlägt eine uhr
weil er trinkt gerne isst
pisst und scheißt
existiert das all und das nichts
manchmal senkt er den kopf
schon wieder am grab
wieder ist jemand dahin
er gähnt
er ist müde vom dauerlauf
und hebt ganz langsam das kinn
so ist's gut kreatur sagt er
jetzt bitte nicht mehr bewegen
noch bist du deine eigene uhr
und tickst ein schönes leben
22:26
ich bin
eine magische kreatur
weil ich bin
schlägt eine uhr
ohne mich
existiert kein all und das nichts
wäre moll und niemals dur
manchmal senk ich den kopf
schon wieder ist jemand dahin
ich gähne
ich bin müde vom lauf
und hebe langsam das kinn
so ist's gut sage ich
ab sofort bitte nicht mehr bewegen
noch bin ich meine eigene uhr
und ticke ein schönes leben.
Sa 6.12.25 14:48 grau, mild
Samstag, und ich weiß schon nicht mehr, was war diese Woche. Freitag war Beerdigung, das steht fest. Eine Rede, ein Gang über Lauheide, ein kleines Loch in der Erde. Anschließend Kaffee und Kuchen. Abends kam mein lektorierter Roman als Email Anhang. Was habe ich Donnerstag getan? Gearbeitet? Nein. Sonst stünde hier etwas. Mittwoch, was zum Teufel war Mittwoch? Auf dem Markt war ich nicht. Habe ich Plakate geklebt für die Lesung am 9.12.? Kann sein, denn die Plakate hängen. Dienstag war ich bei Oxfam. Dienstag habe ich meine Brille zur Reparatur gebracht. War ich auch Schuhe kaufen? Ich habe jedenfalls neue Schuhe. Tango habe ich Dienstag nicht getanzt. Ich war zu müde. Habe ich mich im Netz stattdessen nach Geschenken für die Enkel umgeschaut? Möglich, denn ich habe Bestellbestätigungen. Donnerstag habe ich ein kleines Stück unseres Gartens umgegraben, und die Frau hat Blumenzwiebeln versenkt. Mittwoch habe ich zwei Blumentöpfe aus unserem alten Garten geholt, Thymian und Rosmarin. Auf dem Hof standen zwei Container voller Schutt. Es hat mir nicht weh getan, die alte Wohnung zu sehen. Ich bin froh, dass ich da weg bin. Heute ist Tango Gala, aber ich werde nicht hinfahren. Ich hab keine Lust, außerdem können mich alle. Die Geschichte von dem Mann mit dem Hamburger sollte ich nicht vergessen.
So 7.12.25 20:36 grau feucht
Die Bedienung des Spec-Ops hat ein Nasenpiercing, trägt Brille, eine knapp sitzende dunkle Baumwollmütze und dutzt mich. Ich bestelle Frühstück. Sie fragt, was sie in den Cappuccino gießen soll, eine Blume, eine Tanne? Es geht auf elf. Ich bin gerade erst aufgestanden, sowas weiß ich noch nicht. Ein paar Meter weiter und eine Treppe hinunter wird in einem Raum voller Sechziger-Jahre Sofas und Sesseln an den Wände schon Tango getanzt. Auf dem Weihnachtsmarkt draußen wird Glühwein getrunken. Der Tango Brunch ist offen, entspannt und seltsam intim. Die Energie der Tänzer am Morgen ist höher als abends. Gegen halb eins geh ich und zahl. Jetzt sagt die Bedienung Sie zu mir, und ich frage mich, ob Tango das Altern beschleunigt.
Mo 8.12.25 12:51 grau, feucht, mild
Die letzte Hürde der Menschwerdung in der Flamenstraße ist genommen, der Vorhang hängt. Er hingt zwar letzte Woche auch schon einmal, aber dann versagte das System, ein neues wurde bei Ikea bestellt, das deutlich vernünftiger konstruiert war, aber ich kriegte die Verschraubung nicht auf, wahrscheinlich, weil es ein Links- und ein Rechtsgewinde gab, ich fuhr noch vorm Frühstück zu Kortenbrede, wo man mir kostenlos half. Dann in die Stadt. Wein kaufen, Batterien für die Hörgeräte, 11 Freunde und Geolino, Brille von Fielmann holen, noch einen Kaffee im Fyal. Morgen lese ich in der Galerie Ottenjann. Die Briefe liegen bereit. Ich hoffe auf viele Besucher.
Mi 10.12.25 13:55 hellgrau trocken mild
Ein Hubschrauber fliegt nach Münster. Eine Frau sitzt auf dem Balkon. Ein Mann sitzt drin auf dem Sofa. Gestern hat er aus den Briefen an Annette von Droste Hülshoff gelesen. Die Hutspende ergab 50 Euro. Der Abend war entspannt. Die Frau meint, der Mann nuschelt. Das wusste der Mann nicht. Dass er beim Sprechen dann und wann spuckt, wusste er, aber nuscheln? Er glaubt der Frau nicht. Nachher kommen Nachbarn. Er muss noch aufräumen. Er muss Gläser spülen und Teller. Er will nicht, dass ihn die Nachbarschaft schluckt.
Do 11.12.25 22:30 freundlicher Tag, frisch
Die Nachbarn haben nicht gemuckt gestern auf unseren Designerstühlen, die ich vor dreißig Jahren gekauft habe, ringsum die Kunst. Wir haben gegessen, uns gut unterhalten, ne Menge Wein getrunken und zum Schluss wurde mir klar, dass ihre Truhen und gedrechselten Tischbeine, ihre Sofas, ihre Schränke mit Nippes und Vitrinen nichts anderes sind, als das, womit wir uns möblieren. Habe Französisch gelernt, tu das seit 155 Tagen in Folge. Die unregelmäßigen Verben sind noch immer ein Problem, und deutsche Sätze übertrage ich eher mangelhaft ins Französiche. Ich mache jeden Tag ein paar Übungen und hoffe, dass sich die Regeln und Wörter einschleichen wie Diebe. Außerdem habe ich mich mit meinem lektorierten Roman beschäftigt. Mein Verleger hat sehr vernünftige Anmerkungen ins Manuskript geschrieben. Ich bin in den meisten Fällen einverstanden und dankbar. Abends im Keller Eleonor Rigby geübt. Die Melodie hatte ich mir vor einer Woche rausgehört, aber wieder vergessen. Ich fange bei C an, das muss ich mir merken. Gerade ein wenig auf dem Balkon, rauchen. Ich kann die Frau nicht davon überzeugen, wieder drinnen zu rauchen. Kalt. Klarer Sternenhimmel, im Südosten Orion, das Siebengestirn und Jupiter, der, wenn ich ihn durch meine Lesebrille anschaue, wie ein Weihnachtsstern aussieht. Die neue Wohnung ist toll, aber zuhause bin ich noch nicht.
Sa 13.12.25 21:10 hochnebelig
Es lag dran, dass es außer dieser Baustelle vorm Haus nichts zu sehen gab, was sollte Herr M. aufschreiben. Trotzdem schrieb er immer was auf. Dass gestern Freitag war zum Beispiel und er sich kaum daran erinnern kann. Wahrscheinlich hatte er sich wenig bewegt. Hatte gelesen. Hatte vielleicht sogar Klavier und Schlagzeug gespielt. Und Französich gelernt, das tut er mit einem ihm verdächtig scheinenden Ehrgeiz Tag für Tag. Das könnte so gewesen sein, auch das davor, dazwischen und danach könnte so oder so gewesen sein.
Es gibt Abläufe, die ergeben sich wie der Kaffee, den er kocht und die Zigaretten, die er auf dem Balkon raucht, wo er oft die Frau trifft. Aber allzu lange sitzt man da nie, man raucht/kifft draußen schneller als drinnen, und wenn er drinnen ist, fragt er sich, wie blöd man eigentlich ist, man hat eine Wohnung, in der man sich wohl fühlt und friert beim Rauchen. So wird der Freitag vergangen sein, von dem es vor exakt 25 Jahren um 10:15 hieß "Wind pfeift den weißblauen Himmel zum Teufel."
Während er schreibt, fällt ihm wieder ein, dass er gegen 19:00 aufs Rad gestiegen ist, um nach Altenberge zu einem Geburtstag zu fahren. Da hat er drei Whisky getrunken, hat mit einem Raucher auf dem Balkon über die düstere Macht der Frau gesprochen, die bei Zuwiderhandlung ihrer Anweisungen emotionale Höchststrafen anwenden, Schweigen, Rumheulen, Zetern, etc., und dass wir, die Männer, besser daran tun, wenn wir uns an ihre Anweisungen halten. Haussegen sollen immer schön gerade hängen, meinte der Mann.
Die Nacht war still und sternenklar, als er gegen Mitternacht zurück war. Aber sein gute Brille war weg. Vom Samstag weiß er viel mehr, der ist ja noch nicht vorbei. Da hat Herr M. sich in einen Bus gesetzt, ist in die Stadt gefahren, um sich von seinem Sohn, der jetzt Busfahrer ist, einmal um den Ring kutschieren zu lassen. Auf halbem Weg stand der andere Sohn an einer Bushaltestelle und brachte seinem Bruder eine kleine Süßigkeit. Herr M. hat dann gefrühstückt, ist quer durch die Stadt gelaufen und hat gedacht, das mit der rechten Hüfte wird wohl nicht mehr, das geht schon Wochen, Laufen macht keinen Spaß. Seltsam, dass sie ihm beim Tango nicht weh tut. Im Bus zurück saß neben ihm ein Mann um die Sechzig, nickte freundlich, faßte den linken Ärmel seines Mantels an und sagte, das wäre aber ein feiner Stoff. Die Brille, von der Herr M. angenommen hatte, er habe sie auf dem Weg nach oder von Altenberge verloren, fand sich in der Küche.
Mo 15.12.2511:49 sonnig
Ich liege im Bett. Die Aussicht ist prächtig, ich liege bequem, es ist warm. Die Sonne scheint. Ich muss die Welt nicht erobern. Die Rente wird pünktlich gezahlt. Luxus ist auch ohne viel Geld jederzeit möglich. Ob der Krieg losgeht oder längst im Gange ist, weiß ich nicht, Ich lese Zeitung. In jeder steht jeden Tag, was sie wo gerade vorbereiten. Sie arbeiten auf Hochtouren. Kein Mensch will das, sie tun es über unsere Köpfe hinweg. Sie suggerieren Gefahr. Räder müsen rollen. Sie überlegen, wie man 800000 Nato Soldaten schleunigst nach Osten bringt. Wer baut die fettesten Panzer? Wir. Die Jets? Die Amerikaner. Sie fliegen wieder tief, das haben sie hier seit den frühen Achtzigern nicht mehr getan. Wo also, liebe Menschen, sind wir. Wenn wir uns nicht wehren, kriegen wir, was wir uns durch Feigheit verdient haben. Wehrt Euch. Leistet Widerstand. Jeder da, wo er kann. Die kleinste Verweigerung kann helfen.
16:58
ich stelle was auf den herd
das so laut kocht
dass man es überall hört
dass es ein gericht wird
vielleicht sogar ein gedicht wird
das explodiert
fröhliche weihnachten
ich bin der glücklichste
Mi 17.09.25 20:29
Kein Eintrag. Verdacht auf Erkältung. Weitere Bulletins folgen.
Do 18.09.25 13:02 leicht bewölkt
Als ich die Augen aufschlug, leuchtete der Himmel orange. Ich machte Kaffee. Sie brachte Printen. Und, schmeckt es? sagte sie. Ich sagte, ja und hätte es dabei belassen sollen. Stattdessen fragte ich, ob ihre Mutter sie mit dieser immer wiederkehrenden Frage traumatisiert habe? Beim Schlagzeugüben fiel mir ein, warum sie nach dem Aufstehen so unnahbar war. Ich übte anderthalb Stunden, ging ich nach oben und entschuldigte mich. Man muss vorsichtig sein, was man sagt. Aber das nur am Rande.
Ich wollte eigenlich über Drohnen schreiben. Ich weiß noch, als die ersten auftauchten. Mein Ältester hatte eine. Man stellte sie irgendwohin, kippte am Hebel, dann stieg sie auf. Ein Jungenspielzeug. Aber die Jungs fingen sofort an, weiterzudenken. Sie bauten Kameras ein. Jetzt konnten sie sich von oben filmen. Das fanden sie toll. Sie gingen mit ihrer Drohne aufs Land und ließen sie hierhin und dorthin fliegen. Bald konnten Drohnen sich Wege merken und kamen von ganz allein zurück. Aber auch das war den Jungs nicht genug. Sie bauten was zum Schießen dran. Jetzt konnte sie um jede Ecke schwirren und schießen. Gerichtsurteile brauchten sie nicht mehr. Sie flogen einfach hin und schossen jemanden weg. Und da sich die Rechenkapazität der Chips schwindelerregend von Tag zu Tag potenziert, konnten sie bald auch Sprengstoffe transportieren. Explosive Luftspedition für tollwütige Jungs, die wissen, dass die Geschäfte immer dann besonders gut laufen, wenn geschossen wird. Es schießt zu Lande, zu Wasser, unter Wasser und in der Luft. Es knallt ordentlich. Häuser stürzen ein, Schiffe versinken, Menschen werden filettiert. Alles gut für das Geschäft. Man muss Konflikte schüren. Ohne Konflikte keine Geschäfte. Bad News is good news. Wenn man in bestimmten Gebieten unterwegs ist, muss man vorsichtig sein. Man kann jederzeit sterben. Diejenigen, die das anzetteln, sterben nie, es sei denn, die Fußsoldaten erheben sich und entreißen ihnen die Zettel. Aber das geschieht selten. Und wenn, fliehen sie im letzten Moment. Sie haben einen Safe-Room, sie haben unterirdische Gänge, die zu Hubschraubern führen, die sie zu Flugfeldern bringen, und dann hauen sie ab. Sie haben Auslandskonten, auf denen ist genug für den Lebensabend.
Sa 20.12.2500:10
Da springt man aus dem Bett und kauft dem Geburtstagskind Nordseekrabben. Blumen kauft man nicht. Sie hatte ja längst ein Geschenk, man hatte mit ihr eine Reise gemacht. Man isst Nordseekrabben, aber so viele, dass sie sich beschwert. Tickst du noch? hat man gefragt. Da ist sie aus dem Haus, hat sie sich neue Krabben und Blumen gekauft, einen so hässlichen Strauß hätte man nie gekauft. Man hat ihr die letzte gelbe Rose vom Strauch geknickt. Dann hat man geputzt und gespült, aber nicht sauber genug. Dann kamen Gäste. Man machte sie unsichtbar.14:47
Im Bus ist kein Platz soweit das Auge reicht. Ich gehe nach hinten durch. Vor den mittleren Türen ist einer der Notsitze frei. Daneben im Rollstuhl ein Mann, dem der rechte Unterschenkel fehlt. Seine Hose ist schmutzig. Auf dem Sitz liegen benutzte Tempos. Ich frage, ob ich mich setzen kann. Nein, du Arschloch, ruft er und alle drehen sich zu ihm. Ebenso, sage ich. Danke, sagt er.
So 21.12.25 22:42
Wind, kaum spürbar aus einer Richtung, die die Autobahn ausschließt, auch sonst Stille. Worte, Wärme, alle woanders, also musste ich hinterher, dahin, wo es nicht auffällt, wenn niemand spricht, über Land, beim Vorberg ins Tal, durch Häger Richtung Altenberge, ruhig treten durch rollendes Land bis Hohenholte, mein altes Gebiet, Burg Hülshoff, Haus Vögeding, Flamenstraße. Der kürzeste Tag. Die längste Nacht. Und das Jahr fast vorbei. Ein vorlautes Jahr. Ich freu mich aufs nächste.
Mo 22.12.25 21:33
Kleine Tour gegen 2, kaum 5 Kilometer, auf der ich einer handvoll Jungs auf der Bike Anlage bei Haus Uhlenkotten zusah, die über Huppel und Hügel, durch Wellen und Steilwände sausten. Sie fahren dirt-bikes, hat mir einer erklärt, ohne Bremsen. Zwei größere Jungens, dreizehn, vierzehn vielleicht, stürzen sich vom hohen Sandhügel ins Tal zum nächsten, springen ins nächste Tal, noch ein Hügel, noch ein Sprung. Alle tragen Helme. Drei Brust- und Rückenpanzer, Handschuhe und Knieschoner. Außer den zwei Jungen, die mit Papa da sind, keine Dirt-bikes fahren, sondern bunte Kinderräder, zwar Helme tragen, aber keine coole Biker Kleidung. Beide sind pummelig. Ihrem Blick fehlt, was die anderen so lebendig macht, sie sind unternehmungslustig, fröhlich und mutig. Während sie ihre Rundenzeiten stoppen, fahren die beiden auf ihren Rädern ungelenk herum und fragen im Anschluss, hast du das gesehn, Papa? Papa ist groß, sein Auto steht auf dem Parkplatz, die Heckklappe ist auf, er holt sich Skates. Will er tatsächlich? Seine Jungs schwanken zwischen Erstaunen und Furcht. Ich rauche eine Zigarette. Papa macht zwei drei Ansätze, loszufahren, lässt es dann aber. Vielleicht hat er sich getraut, als ich weg war.
Do 25.12.25 15:27 sonnig, Frost
Gegen zwei heute früh aus der Stadt nach Hause geradelt. Unterwegs zwei Fahrradfahrer, ein betrunkener Mann, maximal 10 Autos und nur grüne Ampeln. Klarer Himmel. Unversehrt heimgekommen.
Sa. 27.12.25 Hochnebel, schäbbig
Tango gestern. Das Casino der York Barracks gilt ist baufällig, alle Tänzer mussten sich in eine Liste eintragen, damit die Retter wissen, ob alle gerettet sind, falls etwas passiert. Dieselben Gesichter, ein Moment wirklicher Nähe, ansonsten eher langweilig. Außerdem tut mir die Hüfte weh. Heute das Innenfutter meiner Wollhosen repariert. Den Rest des Tages in die Aktentasche packen.
23:16
Die Katze kam gegen neun, blieb bis Mittag und verschwand. Eine halbe Stunde später sah ich sie durch den Garten streifen, zischte durch die Zähne und sie kam sofort gerannt. Strich einmal durch die Wohnung und legte sich auf einen Sessel, später auf das Sofa. Schön, sie zu beobachten, aber ich will keine Katze mehr. Ich hatte vierzig Jahren Katzen und stinkende Katzenklos. Gegen vier fing ich an mir vorzustellen, dass es mit dieser Katze ähnlich gehen könnte wie mit meiner letzten. Alle in der Familie hatten vorher gesagt, wenn eine neue Katze ins Haus käme, müsse sie zu mir finden. Katzen wechseln manchmal ihre Familie. Sie hatte eines Tages auf dem Bürgersteig vor unserem Balkon gestanden. Ob die neue auch so etwas im Schilde führt. Sie muss bald gehen, sagte ich zur Frau. Die geht schon, sagte sie. Als es dunkelte, stand sie auf und ging zur Tür. Wir ließen sie raus. Sie war zum dritten Mal in Folge bei uns.
So 28.12.25 17:16 Nebel schäbbig
Kaum hat man die trübe Kammer verlassen, fährt man durch Nebel. Vorsicht am Berg hinterm Friedhof, nicht ausrollen, wie sonst, es könnte Glatt sein. Was bei klarer Sicht ein von Buchen begrenzter grüner Hang ist, scheint ein wattiges Meer, das in einer Welt, in der die Geheimnisse schwinden, das Unbekannte hütet. Mitten im Wald eine aus Holz grob geschlagene Sitzgruppe mit Märchenfiguren, die rotweiße Weihnachtsmützen tragen. Paar Jogger. In der Tanke die rotzfreche, auf kein Maul gefallene Bedienung. Als ich noch im Bett lag, was die Katze kurz drin. Später saß sie vor der Tür und schaute hinein. Ich öffnete dreimal, sie blieb jedesmal sitzen. Sie kratzte mit den Pfoten an der Scheibe. Ich öffnete die Tür, sie kam dennoch nicht rein. Ich habe "Das grüne Kleid" aller Fehler entledigt, das Lektorat ist abgeschlossen, das Manuskript unterwegs zum Verleger. Für mich ist das Jahr vorbei. Es war turbulent wie lange keins vorher.