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Sie sitzt schon wieder vor dem PC. Sie loggt sich ein und liest: Längst hat die Dunkelheit übernommen, es liegen Bücher hier und da und da, es stehen Flaschen voll und halb voll an ihrem Platz, es ist Musik im Raum und der Wellensittich improvisiert übers Gitarrensolo, es gibt Stimmen von fern, und in Raum und Zeit wäre ich nun als Kind unterwegs, leuchtenden Auges, um die Lichter auf den Gräbern der Toten zu sehen, all die flackernden Lichter auf den zugeschaufelten Löchern, in denen Vorfahren faulen, Onkel und Tanten und wie sie alle heißen, das soll ich mir vorstellen, da graust es mich und ich bleibe dicht bei der Mutter, die noch ein Licht anzündet, und feiner Regen fällt dazu, denn feiner Regen an diesem Tag ist ein Muss, feiner Regen und Nebel und das Rascheln der Blätter, wenn ich gehe und die Füße nicht vom Boden hebe, sondern links und rechts schiebe. So ein Tag wäre das in Raum und Zeit, aber wie man weiß, ist alles jetzt anders, ein gedämpftes Trompetensolo klingt und ich suche mir eine Flasche aus oder auch nicht, ich halte einen Monolog, sitze mit unserem Wellensittich auf einer schaukelnden Stange und spreche den Spiegel an. Ja. Das ist die Welt. Hier bin ich. Dort bist du. Wir sind alle Tage und lange schon. Das hat sich gelohnt, denkt sie und ihr schlechtes Gewissen ist für eine Weile beruhigt.

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