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Iguazu

Ich übernachte draußen. Als ich zum Sonnenuntergang bei den Wasserfällen sitze und hinüberschaue, setzt sich jemand zu mir. Anfang 30, sportlich, sieht aus wie ein Italiener, jedenfalls keine Spuren indianischer Herkunft. Sagt "Buenas noches" und es geht ein lockeres Gespräch los über woher und wohin, und wie so oft, wenn ich sage, dass ich aus Deutschland bin, erfahre ich Merkwürdiges. Diesmal geht es darum, mein großdeutsches Erbe zu rühmen. und irgendwann zieht dieser Mann einen Revolver. Damit, sagt er, mache er Kommunisten kalt. Er arbeite für die argentinische Regierung. So eine Art Spezial-Polizei sei er. Sowas wie Gestapo, sagt er und lacht stolz. Er ist ein freundlicher Mann. Ich solle die Pistole ruhig mal halten, sagt er. Und dann hat er auch noch Wein im Rucksack. Weißen, kühlen Wein, den wir gemeinsam trinken. Der Wasserfall rauscht, das Blut pocht in meinen Schläfen, ich proste einem Mörder zu und er mir.

Von Embarcation in Argentinien bis hierher war ich getrampt. Rostbraune Pisten der Provinz Missiones mitten durch fetten grünen Dschungel. Auf halbem Weg habe ich an einer Wegkreuzung hinterm Haus einer Tankstelle übernachtet. Der Tankstellenbesitzer war Schweizer. Die Farmer, die ringsum lebten, kamen ebenfalss überwiegend aus der Schweiz. Handtellergroße Falter taumeln herum. Wenn ich tief durchatme, bin ich verloren und finde nie wieder hinaus aus diesem Wald, der seltsame Geräusche macht. Am Morgen laufen ich die letzten Kilometer, zehn etwa, sagte man mir, laufe, dass mir detr Schweiß in Strömen fließt, laufe und starre in das feindliche Grün, laufe, bis das Rauschen und Tosen des stürzenden Wassers lauter und lauter wird.

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