Januar 2023                     www.hermann-mensing.de      

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zum letzten eintrag



So. 1.01.23 15:13 mild, bewölkt

Die Nachbarn zündeten gegen eins noch immer Kanonenschläge und Sternenhimmel in Salven. Der Asphalt glühte. Die Prinzen wurden enterbt. Güte und Verständnis - vorbei - 2023 wird ein hartes Jahr. Ein Missverständnis jagt das nächste, dabei möchten alle gewertschätzt werden. Die Prinzen werden behaupten, bei so einem Vater sei es kein Wunder, dass sie sind, wie sie sind. Sie werden sich bestätigt fühlen und denken, sie hätten die Schuldfrage gleich miterledigt. Papa ist Schuld, rufen sie, und noch immer kein Neujahrsgruß, jetzt, wo das Jahr schon wieder zu altern beginnt. Charles ist traurig.


Mo 2.01.23 11:26 bewölkt, mild, feucht

Das Passwort muss mindestens 12 Zeichen enthalten, davon ein Klein- und ein Großbuchstabe, zudem ein Sonderzeichen. Nachdem das durchexerziert ist, gelange ich schließlich an mein Bahnticket. Ich lasse es ausdrucken, habe es aber auch auf meiner DB App, der ich allerdings wegen meines fortgeschrittenen Alters nicht recht traue. Jetzt noch Sitzplätze reservieren. Und dann abhauen, so tun, als sei die Nordsee die Südsee, als sei der Regen ein tropischer Guss, der alles beseelt, als hätte niemand ein Problem, und ich schon gar nicht, Hauptsache, weg, Tapetenwechsel, drei Tage mit Hauptstadt, wir kommen.

15:37

das neue jahr setzt sich zu mir
und sagt
du sollst priester der wahrheit sein
es habe nachgedacht
und komme mit sich überein
dass alles
was es mir bisher vermacht
in guten händen sei
nicht unbedacht
denn wahrheit komme nur ans licht
wenn man die bösen träume bricht
die in den wintermatten bäumen hingen
in hinterzimmern falsche lieder singen
ich müsse letzte scheu ablegen
die zweifel von den bürgersteigen fegen
zur einzig aussichtsreichen waffe greifen
die ohne blutvergießen retten kann
was schon verloren scheint
das wort die wahrheit die uns eint
voran


Sa 7.01.23 18:32 leicht bewölkt

Singt ein Rotkehlchen
Wird das Herz warm
Ist der Mond voll
Hebt sich das Meer
Hat ein Mensch Mut
Nimmt er sich das Leben
und hütet es
Sein ist das Reich
Und das Gute
Er singt
Das Rotkehlchen kommt
Der Mond sagt etwas
Zur Nacht gehen sie
Und freuen sich auf den Tod
Erwachen am Morgen
Im Kreis


So 8.01.23 17:00 sonnig

Gegen 11 auf dem Rad. Vorbei am Rüschhaus, Nienberge durchquert, hinunter nach Häger Richtung Kinderhaus, die Grevener überquert, an Haus Coerde vorbei zum Heidekrug, durch die Rieselfelder zum Kanal Richtung Münster, Freunde besucht, heimgefahren, in kurzen, fetten Regen gekommen, danach prächtiger Regenbogen. 36 Kilometer.

20:08

ob es grau ist
eher grün
oder schwarz gar
es ist aufgewühlt
und unberechenbar
es ist groß und tief
hört nirgendwo auf
fängt nirgendwo an
hat gesetze
die nicht unsere sind
kennt tiere
die wir nicht kennen
und geschichten
die nie erzählt werden
nirgendwo sonst
ist die welt rund
ich rieche ich höre
dieses grün
dieses grau
dieses schwarz
seine weißblonden kämme
schenken ruhe im sturm
der feinen sand
hierhin und dorthin fegt
und anderswo neuen holt
noch ein bier fragt man
ja sage ich
noch eines
noch eines
und fritten
am nebentisch keine frauen
hinter und vor mir auch nicht
mit mayonnaise
ja bitte


Mo 9.01.23 14:55 ziemlich grau

den frauen
habe ich mich anvertraut
an guten
wie an schlechten tagen
sie lieben mich
sie lösen zweifel aus
und stellen unverschämte fragen
sie haben mir gesagt
was ich nie hören wollte
diskret verschwiegen
was ich wissen sollte
sie haben mich verstört
und unerhörtes raunen ausgerollt
sie sagten ja und nein
und haben mich trotzdem gewollt
sie haben mir geholfen
dass mich diese welt nicht bricht
und werfen noch im tiefsten dunkel licht


Di 10.01.23 23:15

haushohe kräne
heben nutzlose güter
aus schiffen
eine wagenburg
stemmt sich gegen die zeit
öltanks ohne anfang und ende
auf schienen rollen beats zum bahnhof
der bahnhof ist ein mensch
der ankommt und wegfährt
die stadt eine bühne
für schauspieler aus der provinz
he's/she's/divers

aller farben und kontinente
am damrak beim schloß
an den grachten
überall stinkt nach marihuana
die sonne tröstet
und sammelt tränen
im brachwasser der kanäle
glockenspiel und drehorgel
versuchen zu vermitteln
eine möwe klagt
der wind singt vom meer
die stadt hat ihre muttersprache verloren
posiert chromglänzend am ij
stürzt strahlend ins bijlmermeer
schläft unruhig
und fürchtet den hahnenschrei
denn sie steht auf pfählen und sinkt
erstmals seit tagen
steigt hoffnung auf
danke stadt danke hoffnung
danke verzweiflung danke drohung
danke dreckswelt
danke ohnmacht danke geld

 

Fr 13.01.23 13:40 windig, hellgrau

wind pfeift
durch die balkontür
wind sag ich
wo ist der knopf
den ich drücken muss
oh mann
gibt viele knöpfe
sagt er

Sa 14.01.23 13:04 grau, Regen

als es die autobahn noch nicht gab
und sie über landstraßen trampten
hatten sie in deventer gestanden
und nutzlos den daumen gereckt
schließlich war die nacht gekommen
sie hatten unter einer brücke schutz gesucht
hatten schlafsäcke dabei
und unter der brücke
ihre geheimen plätze derart beglückend besucht
dass dem fluss nichts anderes blieb
als stillzustehen
und die fische verwirrt ihre köpfe aus dem wasser reckten
um nachzusehen
was der grund wäre
und als sie die beiden so sahen
und nicht ausmachen konnten
wer eigentlich wer sei
hatten sie sich geschuppt vor glück
denn so etwas schönes hatte sie noch nie gesehen
aber dann war das glück schon wieder vorbei
wie gesagt
es ist ein flüchtiger gast
und überall hoffen die menschen
dass es auf einen sprung zu ihnen kommt
und da hat es natürlich alle hände voll zu tun
das wasser begann wieder zum meer zu strömen
die nacht ging vorüber
niemand spürte sie auf
sie mussten nicht hungern
sie verdursteten nicht
und am nächsten tag erreichten sie amsterdam


Mo 16.01.23 17:42 grau feucht

1
regenwolken
schleifen
jede fotanelle
wer nicht aufpasst
dem engleiten
leichtigkeit und leben
auf der stelle
schnelle
doch es gibt kraut
hab es selber angebaut
sieht gut aus
und macht
synapsen flott
dos tot gott

2
regenwolken
schleifen
jede fontanelle
wer nicht aufpasst
dem engleitet lebensfreude
auf der stelle
um das zu verhindern
gibt's ein kraut
hab es selber angebaut
es macht die synapsen flott
so wirkt gott


Mi 18.01.23 20:09 frostig, klar

Gestern mit dem Roller in den Baumbergen unterwegs, in Billerbeck mit H. Kaffee getrunken, heimgefahren, bis auf die Knochen ausgekühlt. Heute auf dem Markt. Bei Oxfam eine orangefarbene Umhängetasche gekauft. Liebe auf den ersten Blick. Im Café eine Frau beobachtet, die einem Mann gegenübersaß. Beide aßen. Die rechte Hand der Frau lag dabei überwiegend auf dem Hund. Ihre Finger kraulten seine Ohren, seine Stirn, seinen Hals, seine Flanken. Mir ist nach Winterschlaf. Ich komme zu nichts. Ich habe auch keine Lust. Nicht einmal Klavierspielen macht Freude. Ansonsten geht es mir gut. Ich freue mich auf die Saison im Rüschhaus. Ich ersehne den Frühling. Samstag werde ich Tango tanzen. Nächsten Mittwoch Salsa. Ich brauche Zerstreuung.

Do 19.01.23 11:42 mal schneits, mal nicht

Verlasse mich auf nichts.

15:00

Sonnig. Ich durchforste meine Kontoauszüge auf Einnahmen und Ausgaben, sammle Beträge, addiere, subtrahiere. Zahlen sind eindeutig. Wörter nie. Das Antragsformular der Behörde ist voller Zweideutigkeiten für mich. Aber das erledige ich morgen. Ich habe Herrn K. vom Finanzamt gefragt, ob ich Fördergelder und Stipendien versteuern muss? Mein Verstand sagt "nein." Herr K. wusste es nicht, hat aber versprochen, zu recherchieren und mir eine Mail zu schreiben. Dass ich die Energiepauschale nicht versteuern muss, wusste er sofort.

18:35

Ich bin Kleindarsteller. Ich war es mein Lebtag und daran wird sich nichts ändern, denn ich kann nicht verkaufen. Es interessiert mich auch nicht. Im Gegenteil: ich erwarte, dass man mir einen Vertrag anbietet. Dass sie mich in der Villa Massimo nehmen, ist nicht zu erwarten, mir ging es bei der Bewerbung nur darum, es zu tun. Allerdings hatte ich einen Hintergedanken: da Villa Massimo Stipendien renommiert sind, gibt es eine hochkarätige Jury. Und da wird jemand mich lesen. Er wird denken, das ist gut, aber er ist ein alter Mann, ihn für ein Stipendium zu empfehlen, krieg ich nicht durch, aber ich könnte ihm einen Vertrag vermitteln.

ICH BIN
kleindarsteller
ICH war es
mein lebtag
und daran
wird sich NICHTS
ändern denn ich kann
nicht VERKAUFEN
es interessiert mich
nicht mal im GEGENTEIL
ICH erwarte
dass man MIR 1 vertrag
anbietet
dass mich die VILLA MASSIMO
nimmt ist nicht zu
erwarten mir ging
es bei meiner bewerbung
nur darum es zu TUN
das VILLA MASSIMO
STIPENDIUM
ist renommiert
ein hochkarätige jury
wird mich lesen
das ist gut
denkt jemand
aber er ist alt
ihn für ein stipendium
zu empfehlen
krieg ich nie durch
aber ich könnte ihm
einen verleger vermitteln


20:48

ICH BIN
kleindarsteller
daran wird sich
NICHTS
ich kann
nicht VERKAUFEN
es interessiert mich
nicht
im GEGENTEIL
ICH erwarte
dass man
MIR 1 vertrag
anbietet
dass mir die VILLA MASSIMO
ein stipendium gibt
ist nicht zu
erwarten mir ging
es bei der bewerbung
nur darum es zu TUN
das STIPENDIUM
ist renommiert
eine hochkarätige jury
wird mich lesen
das ist gut
wird jemand denken
aber er ist alt
ihn für ein stipendium
zu empfehlen
krieg ich nie durch
aber ich könnte ihm
einen verleger vermitteln

21:22

ich bin
kleindarsteller
mit höchstem anspruch
aber verkaufen
kann ich mich nicht
ich erwarte
dass man
mir einen vertrag
anbietet
dass die villa massimo
mich als stipendiat akzeptiert
erwarte ich nicht
das stipendium
ist renommiert
eine hochkarätige jury
wird mich lesen
das ist gut
wird jemand denken
aber um ihn für ein stipendium
zu empfehlen
ist er zu alt
das krieg ich nie durch
aber verdammt
er ist gut
ich könnte ihm
einen verleger vermitteln


Fr 20.01.23 21:28 grau, kalt

Nach dem Frühstück habe ich gegen 11 das Elster Formular geöffnet, um meine Einkommenssteuer zu erledigen. Ein kompliziertes Prozedere, das ich im letzten Jahr zum ersten Mal mit Mühen hinbekommen hatte. Der Traum, eine Steuererklärung so zu vereinfachen, dass sie auf einem Bierdeckel erledigt werden könnte, bleibt nach wie vor unerfüllt. Da ich einen neuen Reaktivierungscode ordern musste, der aus Sicherheitsgründen per Post kommt, musste ich mich vertagen, denn der Code wird ein paar Tage brauchen, eh er kommt. Also habe ich die vorbereiteten Unterlagen zusammengeschoben und stattdessen leere Flaschen weggebracht. Der Nachbar lässt mich schon wieder auf die Garagenmiete warten. Seit vier, fünf Monaten muss ich ihn jedes Mal erinnern. Ich glaube, der Schlaganfall hat doch mehr an ihm genagt, als man sieht. Auf dem Markt Kabeljau gekauft. Nicht zur Demo gegen den AFD Neujahrsempfang im Rathaus gefahren. Uns war zu kalt. Kabeljau, Senfsauce, Pellkartoffeln, Salat aus Spitzkohl, Zwiebeln, geriebenem Apfel. M. arbeitet an einem Vorhang für das Toilettenfenster. Ich tu nix. Ich kann nix tun, ich will nix tun, ich will nur rumsitzen und mich nicht quälen. Aber Müßiggang ist nicht einfach. Es scheint, dass der Mensch lieber seine Zeit mit Beschäftigungen ausfüllt, als ihr beim Vergehen zuzushauen. Ich schaute eine Doku: Hitler, die ersten hundert Tage. Hitler geht immer. Wenn Städte gezeigt wurden, lagen sie unter einem Sepia-Filter, um Vergangenheit zu suggerieren. Gestern sah ich eine Doku über Isaac Asimov. Darin seine Videobotschaft an die Kommenden. Erfuhr erst im Abspann, dass diese Videobotschaft computeranimiert war, ich also jemanden sah und sprechen hörte, der wie Asimov aussah und sprach. Die Texte waren von ihm.


Sa 21.01.23 18:05 grau und kalt

Man wird das Grau und den Schnee ignorieren, es sich in der Sofaecke bequem machen und lesen.


So 22.01.23 20:35 grau und kalt, Restschnee

Man war Tango tanzen. Es hat gut getan. Eine Tänzerin stach heraus, sie kam nicht aus Münster, sondern, wie ich später erfuhr, aus Recklinghausen. Tanzte leicht, vor allem aber beschwingt, was vielen anderen aus lauter Ergriffenheit vor dem Tango abgeht.


Mo 23.01.23 16:02 grau, bisschen milder

champagner
frauen
gute stimmung
der krieg - geschichte
alle meistgehassten - tot
doch gestern
und bei gleicher hängung
noch tiefe sehnsucht
not
unfassbar
unverschämt
war alles was ich sah
nicht einmal abendrot
stattdessen
weit und breit gefahr
mein allerbester freund
wie konnte das geschehen
hast du's nicht kommen sehen
heut scheint die sonne
und im sektkelch prickeln blasen
die meisen tschirpen und die hasen
schlagen schon haken für den mai


Do 26.01.23 20:15 grau

Heute früh war es glatt, aber da schlief ich noch. Als ich zum Bäcker ging, lag an wenig begangenen Stellen ein schon brüchiger Eisfilm. Den Tag über war es grau und auf dem Land dunstig, am späten Nachmittag konnte man die Sonne ahnen, die Vögel hatten das mitbekommen. Melancholisch heiter, da hätte ich herum fahren mögen, um zu fotografieren, was ich in letzter Zeit selten getan habe, aber ich hatte einen Termin beim Hörgeräte Akkustiker, der mir das Hörgerät für mein linkes Ohr anpasste. Er hatte ein wenig gedrückt, jetzt scheint es besser. Und ich wollte eine neue Espressokanne kaufen, die alte hatte war ausgerechnet vorgestern, als wir Gäste hatten, kaputt gegangen, das Überdruckventil blies die ganze Zeit, so dass sich kein Druck aufbauen konnte. Ich war in drei Läden, eh ich eine fand.


Fr 27.01.23 23:14 grau

brömdall albert
brömdrall ber
drömball balber
omdröll ber
O O brömdall
AU AU al
dallbröm galbert
weiß nicht mehr
da komm grechwein
weingreich wien
salbert badert
tipolin
tipolina tipola
brömdall lächelt
A A A


Sa. 28.01.23 16:28 sonnige Abschnitte

ich habe versucht zu gähnen
aber es ging nicht
ich versuche zu weinen
es geht nicht
ich habe versucht zu verzeihen
aber es ging nicht
ich versuche mich zu erinnern
es geht nicht
ich habe versucht
nach den sternen zu greifen
ich gähne ich weine
ich verzeihe ich erinnere mich


So 29.01.23 12:12

ich hörte musik
menschen tanzten
man trank wein
es wurde gelacht
tränen flossen
und der himmel
verlor sich im all
alle hatten vergessen
worunter sie litten
herzen schlugen erregt
es könne sein
noch könne es jederzeit sein
und jetzt sei es hier
und sie wären dabei
glaubten sie
sie hissten kein banner
sie verkündeten kein gesetz
sie schrieben nichts auf
denn alle wüssten es sowieso
und die es beiseite schöben wegen des geldes
seien verloren
ich trank bis ich nicht mehr stehen wollte
tanzte mir die füße wund
lachte und weinte
und die welt drehte sich
mit 1670 km pro stunde


Mo 30.01.23 15:15 windig, wechselnd bewölkt

Über die Arbeiten von Günther Uecker, Otto Piene und Heinz Mack weiß ich ein wenig, aber ich wusste nicht, dass sie in den 60ern die Künstlergruppe Zero gegründet hatten. Von dieser Gruppe, zu der noch andere Künstler gehören, gibt es im Kunstmuseum Ahlen eine Ausstellung, die wir uns vorgestern angeschaut haben. Am rätselhaftesten waren mir die Arbeiten von Roman Opalka, der sein Leben lang Zahlen auf Leinwände geschrieben hat. Sie enden bei ca. 5,1 Millionen. Sehr schön eine Arbeit von Otto Piene auf gelber Leinwand, aus der lauter kleinen Stalaktiten ragen, Farbhügel, Tropfen, wenn ich das richtig gesehen habe, und eine von Tinguely: eine schwarze Leinwand, aus der an mehreren Stellen Drähten ragen, auf denen weiße Pappen verschiedener Größe und Formen (keine Quadrate) angebracht sind, die sich drehen. Letztes Jahr haben wir im Lehmbruck Museum Duisburg eine große kinetische Skulptur von Tinguely gesehen haben, eine sinnlos schön, große Maschine. Das Schönste in Ahlen war aber (finde ich) die nicht zur Ausstellung gehörende Lichtinstallation des isländischen Künstler Egill Saebjörnsson, die "Kaskade". Diese Installation beginnt täglich mit Einbruch der Dunkelheit. Das Museum vereinigt einen Gründerzeitbau mit einem modernen Anbau, der in ungewöhnlichen Tonnengewölben zur Straße endet. Diese Gewölbe werden mit einem Beamer bespielt. Schwarz-weiße Balken fließen herab, werden wellig, laufen rückwärts, mal taucht eine grüne Flasche auf, dann ein Kind. Die Installation läuft seit 2016 und endet in acht Jahren. Sie ist wundervoll. Die bildenden Künste haben es mit einem neuen Medium zu tun, dem Licht aber, in der Kunst von jeher wichtigsten Bestandteil, bleiben sie treu. Wer weiß, ob es in zwanzig Jahren noch "Bilder" und "Skulpturen" gibt.

Di 31.01.23 19:06 bewölkt und regnerisch

in der küche
geriet einiges durcheinander
töpfe saßen auf gardinenstangen
messer vibrierten im türblatt
hanswurst drehte pirouetten
der mann entspannte im tiefkühlfach
die
frau bei ihrem liebhaber
die tassen freuten sich
das gemüse kennenzulernen
die sonne schien nur woanders
die schönste zeit des tages
war die nacht im bett
bis es am morgen
mit regen und wind weiterging
alle köpfe
schlugen gegen die wand
bummbummbumm
und so war es kein wunder
dass baströcke wehten
und dicke männer schweine
in feuerlöchern garten
die küche brannte
später wird man sagen
das waren schöne jahre im krieg