Juli 2010                                       www.hermann-mensing.de          

mensing literatur
 

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zum letzten eintrag

Do 1. 07.10

Nun ist schon wieder etwas passiert. Ein Scharnier ist gebrochen. Nicht, dass dieser Bruch die Funktionsfähigkeit meines digitalen Partners beeinträchtigte, nein, aber ich werde ihn außer Haus geben müssen, werden tagelang nicht präsent sein, werde meine Zwiegespräche, die ich seit zehn Jahren täglich in den digitalen Orbit sende, nicht führen können, und ob ich das überstehe, ist fraglich. Schließlich bin ich eine gespaltene Person, Konstrukteur einer virtuellen Wirklichkeit, die mit der Wahrheit so viel zu tun hat, wie das Arschloch eines Warzenschweins mit den Verlautbarungen des Vatikan. Sie sehen also, dass sich zu der augenblicklichen Hitze ein Vakuum gesellt, das, gestatten Sie mir diese Einlassung, bei vielen zu Entzugserscheinungen führen könnte, denen mit ärztlicher Hilfe kaum beizukommen sein wird.

Was also tun?

Ich werde mich beugen. Werde die Extragebühr für bevorzugte Abwicklung der Reparatur zahlen, anderes bleibt nicht, und wenn es dann wieder heißt, ihr Auftritt, Herr M., werde ich mich wieder dem Wort widmen, das a priori die Lüge in sich trägt, um der Wahrheit ein Loch in die Decke der Wahrnehmung zu schlagen, so wie sie auf dem Dach des Nachbarn seit Tagen mit ohrenbetäubendem Lärm Löcher schlagen und Spaxe ins Holz drillen, damit das Anwesen noch schöner, die Dachterrasse noch repäsentativer wird für den Vater, die keimfreie blonde Frau, den verzogenen Sohn, für den Audi TT und das Golf Cabriolet, den Elektrogrill und die glänzenden Wahrsagerkugeln auf Bambusstäben in den Rabatten.

So wird das sein. Ich werde den mühsamen Weg in den Osten der Stadt mit dem Fahrrad antreten, werde mich vor der Hitze mit meinem Panama schützen und dann sehen wir weiter. Bis dahin bleibe ich der Ihre, ein wahrheitsgetreuer Chronist der optimistischen Depression, ihr Augenaufschlag der Geschichte, ihr nicht korrumpierter Chronist des Ego, ihr geschlagener Held, your personal Jesus. Also, bis dahin...

17:45

Die Hitze vibriert. Nach zweimaligem Durchqueren der Stadt tue ich nun endlich das, was ich eigentlich den ganzen Tag über hätte tun sollen, still dämmern, von irrlichterndern Bildern gestört: Tops, Bauchnäbel und Arschgeweihe, das man gar nicht weiß, wie man wegschauen soll, aber sie zeigen es her und dann schauen wir es uns halt an, die Augen können wir nicht schließen, das gäbe Auffahrunglücke, Blechlawinen von hier bis zum Horizont.

Die schnelle Reparatur hat 40 Euro extra gekostet, aber das sind nur Zahlenverschieber von einem Konto aufs andere, das tut kaum weh, dafür muss ich nicht ins Portemonnaie greifen, da schiebe ich nur meine Karte in diesen Apparat, der regelt den Rest. So lange es geht, geht es. Die Katastrophe ist unaufhaltbar, die Welt ein Tollhaus, und wir tollen mit.

22:51

Noch ein wenig Kühlung auf dem Balkon. (file under: great illusions)


Fr 2.07.10 15:04

Gerade noch hat man geglaubt, man habe eine Idee, da stellt man fest, dass es aus den Ohren tropft, aus der Nase und aus Öffnungen, von denen man bislang nicht wusste. Hirnmasse offenbar, glaubt man zu denken, aber da fließt sie auch schon davon und so geht das seit Tagen, man denkt nicht, man funktioniert, man hat das Gefühl, bald ist nichts mehr übrig, alles hat sich auf und davon gemacht, und man weiß nicht einmal mehr, ob man das bedauern oder begrüßen soll.

Begrüßen, ruft es von irgendwo dumpf, schließlich hat man in der kühlen Jahreszeit genügend Zeit gehabt, über das Für und Wider des Denkens nachzudenken, man hat sich gegeißelt im Frost und vorbereitet auf die nächste, große Eingebung,
dann kam das Frühjahr und hat begonnen, uns zu benebeln, und jetzt, endlich Sommer, Siebenschläfer als Verheißung der Statistiker und Verfechter der Bauernregel gerade erfolgreich im Schatten verschlafen, ist nichts mehr übrig. Kein Gedanke macht Sinn, oder ist es nur so, dass der Sinn nie da war und dass das, was wir als Denken verorten, nur ein letzter Reflex ist vorm Sterben?

Wahrscheinlich. Wahrscheinlich sind diese Temperaturen ein Vorgeschmack auf die von vielen Mystikern ersehnte Leere des Geistes, ja, hofft man zu denken, ja, das könnte die positivste Deutung dieser Bullenhitze sein, man ist leer und will nie wieder voll werden, man will sich noch einmal ergießen, das wäre unter den gegebenen Umständen als letzte Tat akzeptiert, danach will man Dahinschwinden, einfach so, ohne ein Wort, ohne Testament, ohne langwierige Reden und Nachrufe, man hat gelebt, man hat versucht zu denken, es hat alles nichts genutzt, ruft es dumpf und noch immer tropft es, so dass sich um die Füße schon eine Pfütze gebildet hat, das riecht nicht gut, man will auch gar nicht mehr wissen, woher es kommt, es kommt einfach, also wird es schon zu erübrigen sein.


Sa 3.07.10
11:35

Halten Sie sich bedeckt, meiden Sie Menschansammlungen vor überproportional großen Fernsehschirmen, Public Viewing genannt, ein Begriff, der aus einem gänzlich anderen Bedeutungszusammenhang auf die Fanmeilen importiert wurde. Public Viewing nennt der Amerikaner, wenn Angehörige und Freunde einen Verstorbenen ein letztes Mal aufgebahrt sehen, eh die Kiste verschlossen und in den Hades versenkt wird. Halten Sie sich also bedeckt, wenn der Rausch in den Kater umschlägt, oder sich (vom Autor favorisiert) zu einem Großrausch auswächst, der stundenlange Gesetzlosigkeiten auf Straßen und Plätzen nach sich zieht, wild hupende Autofahrer, im Siegesrausch erklommene Denkmäler, Statuen, Peitschenleuchten und was sonst im Rausch noch bestiegen werden kann. Frauen etc.

Halten Sie sich fern und bedeckt, sorgen Sie für kalte, möglichst alkoholfreie Getränke, denn die Bullenhitze geht weiter, wir erreichen Temperaturen, bei denen sich selbst der Touareg ins Zelt zurückzieht, um abzuwarten, bis es kühler wird.

Die mit diesen Temperaturen verbundenen Unwägbarkeiten der Verdauung, die Kopfschmerzen, das Unlustgefühl jeder zu verrrichtenden Tätigkeit gegebenüber, die Mattigkeit, das alles können sie umnutzen, wie man neudeutsch sagt, umnutzen zu großer, die Menschheit befriedender Trägheit, denn nur der aktive Mensch kommt auf den dämlichsten aller Gedanken. Sie wissen schon, welchen.

Und wenn wir heute abend alles überstanden haben, wenn Diego Maradonna, das Großmaul, die Hand Gottes, der Kokser und Doppel-Rolexträger, zerknirscht seine 150cm gefühlte Körpergröße/breite von den Klippen des Tafelberges stürzt, atmen wir durch und freuen uns auf das Finale gegen die Niederlande.

Wir aber, ich (eine zweifelhafte Konstruktion), wir denken nur noch an Ferien, wir atmen flach, denn selbst Atmen strengt an, wir haben gar keinen Alkohol im Haus, wir sind umringt von Blumen für die, die nicht mehr bei uns ist, wir haben den Auftrag, weiter zu sterben, und da unsere Eltern recht alt wurden, kann das noch dauern oder auch nicht.

In diesem Sinne allen einen unterhaltsamen Tag wünscht Ihnen your's faithfully ...

22:40

Der Mann hatte einen Bauch und lief Hand in Hand mit einem anderen Mann. Beide waren in meinem Alter, die lachende Frau des einen (wessen, weiß ich nicht) lief zwei Meter dahinter. Sie lachte. Einer der Männer nämlich, ihr Mann, schätze ich, hatte, wohl, weil ihm der Stachel des Deutschseins noch zu tief im Fleisch sitzt und ihm die Gesänge auf Münsters einziger, großstädtisch anmutender Straße, der Hammer Straße, unheimlich waren, Carsten, Iris und mir, die vorm Indian Curry House saßen und ihn mit einem freundlichen Deutschland gegrüßt hatten, ein Helau retourniert.

Auch eine Art partiotischer Entäußerung.

Ansonsten hatte das zu Ende der ersten Halbzeit begonnene, und nach Ende des Spiels sich noch ausregnende Gewitter wohl viele Menschen zu Hause gehalten, denn der Kreisel, beim Australien Spiel rundum gefüllt, war nur zur Hammer Straße hin wogend, armschwenkend und siegestrunken.

Letztlich ist es immer ein harter, lautstarker Kern, der sich im Zentrum austobt, die übrigen kommen und betrachten das Ganze mit einer Mischung aus stiller Freude und manchmal leichtem Hochmut. Aber die Dinge sind seit 2006 im Wandel. Mittlerweile schrecken selbst gut aussehende, modisch gekleidete, nicht mehr zwanzigjährige Frauen nicht mehr davor zurück, sich mit in Supermärkten angebotenen schwarz-rot-gold-Stiften die Wangen zu markieren.

Traf meine Kollegin E. und fiel ihr um den Hals. So ein Spiel macht gute Stimmung.

Einer wie ich, der schon die Weltmeisterschaft 1954 als ferne Erinnerung aus Onkel Hans Kneipe mit sich trägt, staunt augenblicklich Bauklötze über die Spielkultur dieser Mannschaft. Da müsste schon was kommen von den anderen. Man könnte so ein Spiel nur mit brutalen Mitteln zerstören, sonst ist der Sieg ihrer, auch, wenn es gegen Holland gehen sollte. Spanien betrachte ich als besiegt.


So 4.07.10 15:44

Die Worte werden länger, aber sie sagen nichts. Sie haben beschlossen, zu schweigen. Sie verschließen die Augen und warten auf das Raunen von anderen, die vielleicht noch etwas zu sagen haben. Zum Beispiel, dass er doch nicht gesund ist. Dabei habe ich ihn vor drei Wochen noch getroffen. Vor drei Wochen habe ich ihn umarmt und gesagt, du siehst gut aus. Ja, hat er gesagt. Mir geht es auch gut, aber mir wäre lieber, ich hätte das alles nicht durchgemacht. Wir haben uns angenickt. Wir wussten, worum es geht. Der eine wie der andere wusste genau, wovon gesprochen wurde und wir haben insgeheim tief geschwiegen und gehofft, dass endlich jemandem etwas einfällt.

Nun höre ich, dass er doch nicht gesund ist. Dass die Krankheit zurückgekehrt ist. Hundsgemein hat sie sich trotz aller chemischen Kampfstoffe wieder in seinem Körper verteilt, liegt auf Lauer und will ihm ans Leben. Ob er es nochmal schafft? Die Worte sagen nichts. Sie schweigen. Währenddessen pumpen Maschinen Blut und waschen es. Währenddessen sind viele Gedanken bei ihm, aber Gedanken können auch nichts ausrichten. Wenn die Kampfhandlungen einmal begonnen haben, laufen sie aus dem Ruder, das ist immer so. Das war nie anders, sagt ein Wort, das sich entschlossen hat, das Schweigen zu brechen. Das war nie anders, das wird auch nie anders sein. Und wenn sie jetzt einen Kampfstoff erfinden, die in der Lage ist, diese Krankheit zu heilen, erfinden wir eine neue, gegen die es kein Mittel gibt, und wenn dann ein Mittel am Markt ist, das heilt, erfinden wir die nächste und wieder die nächste. Das war so, das bleibt so, und darüber verstärkt sich der Schwindel, der mich befällt, wenn ich denke, dass das das Leben ist und dass ich es gutheißen muss, ob ich will oder nicht.


Mo 5.07.10
15:11

Da kann man nichts machen, denkt Herr M., man kann da nichts machen, man kann sich auf den Kopf stellen, es hilft nicht, es steht in allen Zeugnissen, immer steht da: "Herr M. ist intelligent, aber er arbeitet nur, wenn ihn etwas interessiert".

Falls es Wahrheit gibt, ist das unumstößliche Wahrheit.
Ein Glück, dass Herr M. in der Lage war, sein Leben nach seinen Interessen einzurichten, zumindest bis zum 17. Juni letzten Jahres, aber das ist eine andere Geschichte.

Er wird das schon durchstehen, er hat, glaubt er, einen guten Stand, da, wo er jetzt gegen seine Interessen arbeiten muss wie so viele. Da kann man nichts machen, denkt Herr M., und sendet Stoßseufzer ins Universum, ihn zu erhören und endlich dahin zu bringen, wo er hingehört.

Wenn er bloß wüsste, wo das ist.

Da ist aber doch auch interessant, denkt Herr M., dass man so ein Leben lebt und lebt, und trotzdem nicht voran kommt, dass keine Weisheit hilft, sondern nur schmerzliches Erleben. Das ist interessant, denkt Herr M., dass die Menschen das ertragen können ein Leben lang, bis auf die, die es nicht mehr ertragen.

Herr M. erträgt und erträgt, auf Bergen Papier steht, was er davon hält, aber auch das nutzt nichts. Nichts nutzt, nur das Leben, das nutzt, das nutzt und nutzt ab und reibt auf. Aber vielleicht ist es auch schön, denkt Herr M., könnte ja sein, dass es tatsächlich schön ist. Dann fliegt ihn ein Lächeln an, es regnet ein wenig, man kann atmen, immerhin.

Da Herr M. Künstler ist, und Künstler die großen Optimisten der Gegenwart sind, hätte es schlimmer kommen können. Das könnte stimmen, denkt Herr M., das könnte immerhin stimmen, und wenn es stimmt, was dann?

Wüßte er dann, wo er hingehört?
Ja. Er wüsste es. Aber er verrät es nicht.


Di 6.07.10
9:36

Der Sonnenschirm wurde Regenschirm, das Grillgut groll gut, Bier stand gekühlt und der Busch, unter dem wir saßen, hielt die dicken Tropfen zusätzlich ab. So saßen wir da und feierten ein bisschen Geburtstag, später dann auf dem Sofa bei geöffnetem Fenster, damit frische Luft zöge und kühle, inhalierten dieses und jenes und Herr M. , befeuert von seinem neuen progressiven Alltag, erzählte von Kindern und seinen Erlebnissen, was allseits Freude verbreitete und zu der Annahme führte, Herr M. habe es gut getroffen in seinem neuen Beruf.

Ja, gab Herr M. zu, das könne man durchaus so sagen, dennoch begänne jeder Tag, den er in der Schule verbringen müsse, mit tiefster Abneigung, die sich zwischen Aufstehen, Frühstück und näherrückender Abfahrt aufbaue wie ein schweres Gewitter und sich schließlich in ein dumpfes Ichwillnicht verwandle. Mit diesem Ichwillnicht besteige Herr M. sein Rad, aber wenn er das Dorf dann hinter sich ließe, der hohe Himmel und das freie Land ihn umschlösse, löse sich dieses Ichwillnicht langsam auf. Wenn er schließlich das Schulgelände erreiche und die ersten Kinder "hallo Hermann" riefen, sei es fort und kehre erst mittags wieder, dann aber habe es sich in ein "Ichwillnachhause" verwandelt, und das bewirke (das leichte Gefälle und den Rückwind in Betracht ziehend) einen zehn Minuten schnelleren Transfer von A nach B als auf der Hinfahrt.

23:04

Er hat er keine Lust mehr, ihm sei langweilig, sagt er. Als ich ihm über die Schulter schaue, stelle ich fest, dass er noch nicht einmal
begonnen hat mit seiner Aufgabe. Also bitte, sage ich, während schon wieder drei, vier nach mir rufen. Wenig später kommt der nächste. Auch er hat keine Lust mehr. Als ob wir hier wären, um Lust zu haben. Als ob irgendjemand uns nach unserer Lust gefragt hätte. Wir sind hier, weil wir hier sind, und dann müssen die Dinge eben erledigt werden.

Kann ich nichts machen, sage ich, keine Lust gilt nicht. Er schaut mich an mit seinen rehbraunen Augen, die mit seinem weizenblonden Haar so melancholisch kontrastieren, dass es mir fast das Herz bricht. Soll ich sagen, dass ich auch keine Lust habe. Hört, hört, ich habe auch keine Lust. Nicht für fünf Pfennig. Ich will auch nur irgendwo liegen und faul sein, aber ich habe es mir genauso wenig ausgesucht wie ihr. Nein. Ich sage das nicht.

Statt aber das Lämpchen der Gleichgültigkeit in mir anzuzünden, bin ich beleidigt. Erlebe ihre Lustlosigkeit als mein Versagen. Dabei bin ich doch vorbereitet. Ich habe zweite Lösungen in der Tasche. Als die Lustlosigkeit epidemisch um sich greift, bewege ich mich.

Denen, die keine Lust mehr haben (es geht ums Schiffeversenken, mickrige fünf englische Worte haben sie in ihr Spielfeld "the ocean" genannt, eintragen müssen, denn wir lösen in diesem Projekt alles im Spiel auf und sind machtlos wie Schafe), präsentiere ich sie. Als man rundum bemerkt, dass auf dem, was ich anbiete, bunte Bilder sind, steigt die Anzahl der Lustlosen plötzlich rapide. Bitte, wie ihr wollt, denke ich. Als ich dann die zweite Lösung unters Volk bringe, stellen die Lustlosen fest, dass sie vielleicht doch lieber Lust auf die erste Variante haben, da müssen sie noch weniger leisten.

Und dann kommt der, der als erster seine Lustlosigkeit verkündet hatte. Er hat jemanden mitgebracht, der für ihn sprechen soll und der spricht wie folgt: XY hat Kopfschmerzen, sagt er, er hatte eine Gehirnerschütterung. Kann er das nicht selbst sagen, sage ich und denke, du dummes kleines Arschloch, du Drückeberger.

Siebenundzwanzig Tarner, Täuscher und Verpisser, und ich mittendrin. Er ist zum Haareraufen.


Mi 7.07.10 11:51

Wäre heute nicht Mitarbeiterbesprechung, ich könnte den Tag vertödeln. Läge mit meiner Schlafmaske ohne vom Licht des Tages aufgefordert zu werden, endlich aktiv zu werden, immer noch da und könnte mich innerlich vorbereiten auf den nervenaufreibenden Abend, an dem elf junge Männer gegen weitere elf einem Ball hinterher jagen.

Sollten die von mir favorisierten ihr Spiel ähnlich aufbauen, wie sie das bisher getan haben, bin ich zuversichtlich. Dann geht es gegen Holland. Deren Spiel ist rustikal einfallslos, effektiv bisher, aber leicht zu lesen. Das sollte machbar sein.

Aber es ist Mitarbeiterbesprechung und ich bin Mitarbeiter.
Zum Glück bin ich kein Vorarbeiter. Vorarbeiter bin ich nur, wenn ich meine Arbeit verrichte.
Morgen zum Beispiel, wenn ich an einer Realschule in Velbert lese.

Gestern traf ich die Theaterpädagogin, die mir in Nordhorn helfen wird, Kindern das Gruseln zu lehren. Sie war voller Enthusiasmus, hat Pläne und sagt hin und wieder "absolut".

Ansonsten bin ich leicht erkältet, was damit zu tun hat, dass das Radfahren zur Arbeit schweißtreibend ist, und immer von irgendwo ein Wind um die Ecke kommt.


Do 8.07.10 14:40

Mein Zigarettenanzünder ist futsch. Habe ihn, um das Navi anzuschließen, rausgezogen und auf die Konsole gelegt, und seitdem nicht mehr gesehen. Ich musste nämlich nach Velbert heute. 9:45. Zwei Lesungen in der Realschule an der Kastanienallee.

Als der Verkehr auf der A 43 dichter wurde und Staumeldungen kamen, schlug das Navi vor, über die A 42 in Richtung Gelsenkirchen zu fahren, und ich dachte, gut, fahren wir, denn dass die Abfahrt Bochum Riemke dicht ist, wusste ich und hatte gestern schon überlegt, eine Abfahrt vorher zu nehmen, eine Abkürzung, die ich vor zwei, drei Jahren immer fuhr, als ich in Bochum Wattenscheid eine Literaturwerkstatt leitete, aber der Stau reichte bis dort.

Okay also, die 42 mitten hinein in das Ruhrgebiet, wo eine Stadt der nächsten schon die Hand reicht, wenn diese sie noch in der Hosentasche hat. Und dann bitte gleich rechts, ohne das bitte, vielleicht aber auch mit, das weiß ich gerade nicht, aber rechts abbiegen, und ich dachte, gut, fahren wir, denn bei meiner Reise nach Essen vor ein paar Wochen hatte ich viel Interessantes gesehen, während das Navi ständig neue Routen errechnete.

Rechts abbiegen, durch Gelsenkirchen Irgendwas Richtung Essen Kray, der Zollverein rechts, da war ich schon mal, die Gegend kam mir bekannt vor, aber dass die nächste Auffahrt auf die A 40 gesperrt war, wusste das Navi nicht.

Fuhr einfach weiter Richtung Essen Steele und erhielt Anweisungen. Sah Bergarbeitersiedlungen, wie man sie gern im Fernsehen sieht, kleine, im Laufe der Jahre nachgedunkelte, ehemals rote, jetzt fast schwarze Ein- und Zweifamilienhäuser, Hinweisschilder zu Zechen und wurde ein wenig unruhig, denn die errechnete Ankunftszeit lag zwei Minuten vor der verabredeten Lesung.

Dann plötzlich ein Schild: links nach Velbert. Ich hatte mich schon rechts eingeordnet, fuhr also, und dann hieß es links: verkehrsberuhigte Straße, 30 KmH, sehr schmal diese Straße, durch ein feines Wohngebiet hinab in einen Talgrund, Bäume, Schatten, Idylle pur und ich dachte, aha, gleich erlebe ich also, was ich immer in den Zeitungen lese, ich lande auf einer Fußgängerbrücke im Park oder im Baldeneysee.

Fuhr entsprechend vorsichtig, folgte dennoch brav, als man mir anbot, rechts abzubiegen, und siehe, ich fädelte mich in die Straße nach Velbert ein. Noch zehn Kilometer, sagte irgendein Schild, und um 9:43 stand ich vor der Schule und wurde erwartet.

Die Lesung hatte sich wegen der Hitze (Kurzstunden) eine Viertelstunde nach hinten verschoben, also noch Zeit für einen Kaffee in einer Schule, die gerade umgebaut und renoviert wird. Die Lesung dann in der Aula, die Kunden so um die vierzehn, fünfzehn Jahre alt. 60 Jungendliche. Ich hatte eine Bühne, ein Sofa, auf dem ich hätte sitzen können, aber ich zog es vor, unten zu bleiben, um den Schülern näher zu sein.

Unruhe, Kichern, das gesamte Programm, dann eine Powerpointpräsentation, von einer Gruppe Jungen vorbereitet, Fragen, Antworten, kleine Pause und nächste Lesung. Noch einmal 60.



Am Ende bat mich die betreuende Lehrerin, ob ich nicht zum Abschluss ein kleines Stück auf dem Yamaha Flügel spielen wolle, den ich in der Pause ausprobiert hatte. Och bitte nicht, sagte ich, ich kann doch gar nicht Klavier spielen. Aber sie bettelte, also klappte ich den 180 cm Flügel auf, der natürlich viel besser klingt als mein Klavier, improvisierte drei Minuten, kam zu einem harmonisch einigermaßen schlüssigen Ende, erhielt Applaus, noch ein kleines, essbares Präsent und bin jetzt leicht erschöpft wieder daheim.


Fr 9.07.10 16:01

Der alte Mann liegt lang. Er muss aufpassen, dass er nicht von der Bank fällt. Die Bank ist hart und schmal, aber er kriegt das hin. Er liegt da und löst sich langsam auf in der Hitze. Zum Glück steht die Bank unter einer Linde. Von fern hört der Mann Stimmen. Hinterm Hügel spielen welche Fußball. Wie kann man bei so einer Hitze bloß Fußball spielen, denkt der Mann. Zwei junge Frauen sitzen ein paar Meter entfernt und sprechen miteinander. Hin und wieder lachen sie. Die jungen Frauen sind Kolleginnen des alten Mannes. Er mag sie, wenngleich er hinter der Stirn der einen immer so etwas Düsteres spürt, als brüte da etwas Schlimmes. Dann kommen zwei Jungen und ein Mädchen. Das Mädchen ist blond und ein bisschen geziert. Es setzt sich zu den Frauen. Einer der Jungen ist dürr wie ein Streichholz, der andere spannt wie ein Bogen. Die beiden mögen den Mann. Sie kommen zu ihm. Sie knuffen ihn hier und da. Der alte Mann sagt, lasst das, sonst schneide ich euch die Ohren ab. Echt, sagen die Jungen und der alte Mann nickt. Die Jungen überlegen kurz, dann sagt das Streichholz: ich schneide dir den Kopf ab. Der alte Mann tut so, als wären die Jungen gar nicht mehr da, aber die Jungen wollen weiter knuffen und furchtbare Dinge sagen und hören. Der alte Mann reagiert nicht. Sie kitzeln ihn. Der alte Mann verzieht keine Miene. Schließlich ziehen sie ab. Hab ich alles fotografiert, sagt eine der jungen Frauen. Pädagoge schneidet Kind den Kopf ab, sagt eine der jungen Frauen. Ja, ja, knurrt der alte Mann. Alle lachen. Gleich ist die Pause vorbei. Der alte Mann hat Feierabend. Auf dem Heimweg fällt er tot vom Rad. Die Sonne, denkt er, steht wieder auf und schafft den Rest bis nach Hause. Dort fällt er tot aufs Sofa. Und wenn er nicht gestorben ist, liegt er da noch.


Sa 10.07.10 15:41

Da hätte man natürlich einwenden können, der alte Mann soll das nicht, der soll sich lieber bei seinen Gastgebern aufs Sofa legen und seinen Rausch ausschlafen, schließlich hatte er gegen drei eine Phase, die gleichgewichtstechnisch heikel war.

Er saß auf einer schmalen Holzbank und musste sich hin und wieder seines Horizontes vergewissern, er hatte auch schon einmal im letzten Augenblick an der Tischkante Halt suchen müssen, aber wie alles ging auch das vorbei und der alte Mann hatte gedacht, gib dir Zeit, trinke jetzt keinen Whisky mehr, genieße die Nacht, die nach dem glutheißen Tag ab zweiundzwanzig Uhr langsam erträglich geworden war, sodass kein ständiger Schweißfilm mehr die Haut überzog, das hatte der alte Mann gedacht und als er schließlich gegen vier auf sein Fahrrad stieg (das übrigens, er erfuhr das von D., der den Wert vieler Dinge kennt, ein sehr gefragtes Gazelle Modell ist, man zahlt Preise dafür, dabei hat der Mann es vom Sperrmüll), als er also aufs Rad stieg, einer der letzten Geburtstagsgäste, der ging, fühlte es sich sogleich gut an und gerade Linien waren objektiv fahrbar, der alte Mann probierte es aus. Die Luft strich herum, als wäre sie nur dazu den, den Rausch des Mannes zu kühlen, und als es mit Schwung hinab von der Autobahnbrücke auf den Rohrbusch zuging, hätte er freihändig fahren können.

Zuhause legte der alte Mann sich eine Matratze vor die offene Balkontür, setzte seine Schlafmaske auf und englitt. Als er gegen acht zum ersten Mal aufstand, dröhnte sein Kopf und es stand zu befürchten, dass er sich, zum ersten Mal seit zwanzig, vielleicht dreißig Jahren, seines Mageninhaltes entledigen müsse, arbeitete dem unstabilen Körper- und Kopfgefühl aber mit kalten Bein, Arm und Kopfduschen entgegen, legte sich wieder hin und litt ein wenig unter Schädelweh. Dieses Schädelweh ist ein seltsames Phänomen. Legt er den Kopf links, ist es fast fort, legt er ihn rechts, dröhnt es wie Paukenschläge. Irgendwann besann er sich und ihm fiel wieder ein, dass so ein Weh auch dadurch hervorgerufen wird, dass dem Körper Salz fehlt. Also nahm er eine Prise Salz, trank eine halbe Flasche Wasser und kämpfte für die folgenden fünfzehn Minuten wieder um die Besitzrechte seines Mageninhalts.

Weißwein, Whisky, Zigaretten, dazu ein Klima wie in den Tropen, da muss ein alter Mann schon langsam vorsichtiger werden, aber er sagt sich, warum eigentlich, jeder stirbt, etc. pp....

Dennoch, erneute Kaltwasserbehandlung war nötig, um auch diese Krise zu überstehen.
Zwei Stunden später dann nur nach das dumpfe Trommeln im Kopf, aber keine Aspirin im Haus. Zum Glück hat er Frau K., seine Nachbarin. Die hatte welche und jetzt geht es ihm gut. Er wird sich nicht mehr bewegen, er wird vielleicht ein wenig den strampelnden Radfahrern auf der Tour de France zusehen, und heute Abend möchte er natürlich, dass die junge deutsche Fußballmannschaft Uruguay besiegt.

Dass er zwei Gäste im Haus hatte, davon könnte er morgen erzählen. Zwei junge Frauen, er wüsste gar nicht so recht, welche attraktiver war, denen war er Gastgeber, die waren in die Stadt gefahren am Abend und auch erst spät heimgekehrt, später noch, als er alte der Mann, und heute mittag, als sie alle beim Frühstück zusammensaßen, war klar, dass auch sie einen schönen Abend verbracht hatten.

Mehr kann ein alter Mann nicht tun für sich, für seine Lage und für seine Gäste, findet er.


So 11.07.10 10:23

Während der alte Mann auf dem Sofa lag, entschied ich mich, nicht länger zuzuschauen. Uruguay war in Führung gegangen, ich verabschiedete mich, setzte mich aufs Rad und wollte davon fahren. Der tätowierte Nachbar fragte, ob ich klar käme mit der Hitze. Ich sagte, es ginge so, ich wolle frische Luft um die Nase. Auf dem Weg zur Eisdiele hörte ich Jubel und Vuvuzelas. Da wusste ich, dass die deutsche Mannschaft den Ausgleich geschafft hatte. Ich umzirkelte das Dorf. Es war überall gespenstisch still. Erst, als ich auf dem Heimweg war, hörte ich aus einem Garten großen Jubel. Da wusste ich, dass die deutsche Mannschaft in Führung gegangen war. Der alte Mann lag noch immer auf dem Sofa, als ich ins Wohnzimmer kam. Ich fragte, wie es ihm gehe. Er sagte, heute nacht kommt Gewitter. Da wird die Luft frisch. Darauf freue ich mich. Ja, sagte ich, ich auch und legte mich schlafen. Irgendwann erwachte ich. Es war ein großes Rumpeln und Poltern ringsum. Und es war frisch.

Heute werden der alte Mann und ich schwimmen gehen.

23:20

Und dann, der alte Mann hatte seinen Körper nur einmal kurz in den öffentlichen Pool getaucht, hatte die schnaufenden, prustenden Schwimmer aller Jahrgangsstufen um sich herum gesehen, hatte gedacht, was wir alles um uns schmeißen, die Bakterien und Viren und Körpersäfte, bei dieser Hitze, das ist ja widerlich, hatte er gedacht und das Becken verlassen, hatte geduscht und sich noch eine Weile im Schatten darüber ereifert, dass der wirkliche Mensch mit dem medial vermittelten Mensch nicht das Geringste zu tun hat, eine einzige Täuschung, eine groß angelegte Verdummung zur Geldvermehrung und Ausbeutung beider Geschlechter, vor allem aber des weiblichen Geschlechts, das sich überhaupt nicht mehr schön findet bei diesem Spiel, das hatte er gedacht bei all den wirklichen Ärschen, Hängebäuchen und Brüsten, bei den langsam welkenden Tatoos an fettleibigen Männern, hatte sein Handtuch genommen und war heim gefahren, um festzustellen, dass sein Rechner mit einem Trojaner infiziert war, woher und wie ist ihm schleierhaft. Das Pop-Up Fenster eines AV Security Centers, das den Zugriff auf alle Programme mit dem Hinweis verhinderte, der Computer sei gefährdet und infiziert, suggerierte, der Schaden sei mit sofortiger Zahlung von 40 Dollar zu beheben. Da wusste der alte Mann, dass er ein Problem hat, das jetzt, nach Intervention eines Freundes des Hauses, erledigt scheint. Amen. Und Spanien ist Weltmeister. Nach einem unansehnlichen Spiel Weltmeister. Na ja....


Mo 12.07.10 15:32

Die AV Security Suite ist bockig. Ich lösche sie mit einem Malware Programm, ich starte den CC Cleaner, alles ist weg und sauber wie nach nach dem gerade abgezogenen kleinen Unwetter, sagt der Computer, aber er lügt, irgendwie lügt er mich und sich selbst an, denn dass ich hier schreibe, verdanke ich allein der Tatsache, dass es den abgesicherten Modus gibt, da funkt diese nervige Alarm-Meldung nicht dazwischen, kann wohl nicht, aus Gründen, die ich nicht erläutern kann.

Fakt ist, dass ein Trojaner mir diese Malware auf den Rechner geschmuggelt hat, und ich weiß nicht, wieso. Gestern lief alles bestens, abends dann Besuch aus Troja. Ob das Foto, dass mir die Realschule V. zugesandt hat, vielleicht mit einem Trojaner ins Haus kam? Man hört ja oft, dass große Rechner verseucht sind? Müssig. Der Trojaner jedenfalls ist zerschlagen, so viel steht fest. Mal sehn, was geschieht, wenn ich den abgesicherten Modus verlasse.


Mi 14.07.10 22:00

Vorhin hörten die Vögel auf zu singen, stellten den Flugverkehr ein, und vom Westen zog es düster heran. Ich verschloss die Fenster, ich hörte den pfeifenden Wind, ich dachte, so, jetzt kommt gleich der Rüssel und saugt alles fort, aber es blieb nur beim Sommergewitter, ein heftiges Sommergewitter, das eine halbe Stunde dauerte, der Rest war Nachspiel, Vögel nahmen den Flugverkehr wieder auf, sie sangen, ein Freund von Max saß vor meinem Rechner und lokalisierte die befallene Datei, und bis jetzt scheint alles stabil. Die Krise ist überwunden, schrecklich, zwei Tage ohne Internet verschließen dem Dichter das Medium, sich hinaus zu posaunen. Auf diese Freude gehe ich jetzt noch ein wenig Salsa tanzen.


Do 15.07.10 2:01

Ich muss nirgendwohin, nachher. Ich werde kaum länger als bis acht, halb neun schlafen, denn ich schlafe nie lang, trotz Maske nicht, vielleicht bleib ich liegen bis zehn und denke, wie schön, dass du tanzen warst, nach vier Wochen wieder, ich denke vielleicht, gut, dass du Pause gemacht hast, Pausen sind gut, wer ständig tanzt, wird Inventar, und wer will das schon.

Gegen neun, halb zehn werde ich aufstehen und mir Kaffee machen und Milch schäumen und Zimtzucker nehmen. Ich mag Kaffee mit Zimtzucker, ich bin eine süße Schnauze, hab aber nie Süßes im Haus, weil ich nicht damit umgehen kann. Ich äße alles auf, in kurzer Zeit äße ich es auf, das habe ich in den Fünzigern gelernt, deshalb beuge ich vor. Und dann setze ich mich auf den Balkon und feiere meinen Urlaub.

Jetzt feiere ich, dass ich wieder schreiben kann, zu jeder Tages und Nachtzeit schreiben, ich tu das gern, ich möchte nichts anderes. Aber ich bin vor vier Monaten Lehrer geworden, da habe ich Pflichten. Ich hasse Pflichten. Ich bin faul, obwohl ich kein echtes Talent habe, faul zu sein. Wahrscheinlich schreibe ich deshalb. Da fühlt sich das Faulsein viel besser an. Faulsein ist sinnvoll.

Tanzte ein paarmal mit K. Sie hat einen Vater, der auf Jamaica lebte, eine Frau schwängerte und mit nach Hause nahm. K. ist die einzige Salsera, die hin und wieder zu mir kommt und sagt, komm, Hermann, tanzen. Bei den übrigen muss ich immer fragen. Das nervt manchmal. K. lacht laut, wenn ich sie in eine Drehung schicke. Sie lacht und sagt, Hermann, du musst genauer führen. Ich lache zurück und sage, ich weiß, aber ich hab schon wieder vergessen, wie das geht. Mir geht es um den Groove, weißt du doch. Dann lacht sie auch. Sie lacht gerne laut. Ich schätze, sie ist Mitte Zwanzig.

Tanzte auch mit I. Die schüttelt gern die Schultern und wirft den linken Arm hoch. Olé. Sie tanzt gut, so ist das nicht. Sehr gut sogar. Mit ihr kann ich plötzlich komplizierteste Drehungen, aber K. tanzt aus dem Arsch, das gefällt mir besser.

Tanzte auch mit der im schwarzen Kleid, eine Dünne, die Schuhe mit höchsten Hacken trägt und sehr abweisend wirkt. Leicht wie eine Feder, Tangotänzerin, sagt sie, sei sie, das mache auch süchtig. Sie schaut herab und sagt, oh, du tanzt barfuß, das ist gefährlich. Passe schon auf, sage ich. Sie ist nicht ganz mein Alter und spricht, als käme sie aus Coesfeld. In Coesfeld kann man schon hören, dass das Ruhrgebiet nicht mehr weit ist, aber ohne den warmen Klang, den sie etwas weiter südlich haben. Passt jedenfalls überhaupt nicht zu den Charleston Kleidern, die sie gern trägt.

Kam ins Gespräch mit einem ganz jungen Ding, das ständig am Tanzflächenrand stand und hüppte. Tanz doch, sagte ich im Vorübergehen zu ihr. Ich kann das ja nicht, sagte sie. Quatsch, sagte ich. Komm, ich zeig es dir. Sie hüpfte viel und lachte noch mehr, was mir gefiel. Fünfundzwanzig Euro, sagte ich nach dem ersten Tanz. Gebühr. Sie lachte noch mehr. Ich mag fröhliche Tänzerinnen. Mit denen kann ich auch sprechen. Mit I. spreche ich kaum. Ihr ist das Tanzen viel zu ernst.

2:37. Ich gähne. Ich gehe schlafen. Bis morgen.


11:58

Gute Nachrichten. Räuber, Schattengeister und ein Karpfen im Mühlteich (früher: Kutte Lamprecht, erst ein Ohrenbär, dann ein Roman, für den ich schon einen Verleger hatte, der jedoch im letzten Augenblick in Konkurs ging) erscheint im Frühjahr 2011 im Verlag Jungbrunnen in Wien. Das freut den Dichter. Und es zeigt, dass Literatur nicht "schlecht" wird.

13:52

Als ich meine erste Arbeit für das Radio verkaufte, lag ich auf dem Boden vor Freude. Jetzt, viele Jahre später, registriere ich nur, was geschehen ist. Natürlich freue ich mich. Aber mein Jubel ist eher still. Ich sage mir, gut, finde Käufer, Roman. Finde so viele Käufer wie eben möglich. Breite dich aus über die Welt, erscheine in allen Sprachen.

Sie sehen, ich bin bescheiden geworden. Ich will immer noch alles. Aber glauben Sie bloß nicht, ich würde nicht schätzen, was ich habe. Und das, was ich nicht mehr habe, verehre ich. Ich habe ein gutes Leben. Ein normales Leben, zu dem Tod gehört wie der Kaffee zum Frühstück. Ich habe Freunde. Ich bin Optimist. Ich weiß, dass wir einer aussterbenden Gattung angehören, aber das schreckt mich nicht. Im Gegenteil. Die Welt wird erst schön, wenn wir fort sind.


Fr 16.07.10 00:26

Kaum hatten wir uns auf den Weg gemacht, ging nichts mehr. Die B54 gesperrt, die Abfahrt Nienberge verstopft. Also hab ich den Landweg nach Nordhorn genommen. Kleinste und allerkleinste Straßen, ich kenne die Gegend wie meine Westentaschen, nur einmal bin ich, statt links abzubiegen, geradeaus weitergefahren. Das war ein Sandweg. Erst dachte ich, da komme ich durch, aber dann wurde er schmaler und rauer, ich musste drehen, aber eh ich einen Platz fand, schnürte ein Fuchs von links nach rechts übern Weg. Ich habe in meinem Leben drei frei lebende Füchse gesehen, dies war der vierte. Er trug die buschige Rute waagerecht und hatte es eilig.

Auf dem Gelände des Jugendzentrums Scheune in Nordhorn dann einen Platz ausgeguckt unter sechs Eichen, ein paar Turnmatten herüber geschleift und auf die Kunden gewartet. Zweiundzwanzig Kinder schließlich, von sieben bis zwölf alles dabei, eine unleidliche Lea, die schon nach fünf Minuten monierte, ihr sei langweilig, eine Lea aus gutem Hause, das sah man gleich, ein Max, der den Max machen musste, aber beiden war beizukommen, und die anderen hatten viel Freude mit mir und Luisa, der Theaterpädagogin.

Sehr langsam gelesen, viel in Spiel und Geräusch aufgelöst, viel miteinander geredet.
Mein Percussionskoffer und Luisas Requisitenkoffer waren verschlossen. Wir haben erst später verraten, was drin war. Mein Percussionskoffer, den ich, weil wir über Ängste sprachen zu Anfang, über das, wovor wir uns fürchten (Schlangen, Spinnen, vor nix, sagten drei Kinder) mit einem Geheimnis umgab (sind Schlangen, Spinnen etc. drin, hört mal, wie sie rappeln, zischen und klappern), war heiß umlagert. Alle wollten hineinschauen, durften zunächst aber nicht.

Wir haben gut zusammengearbeitet, Luisa und ich. Lesungen und Spiel, mit kurzen Blicken war das abgesprochen, später haben wir Holz für ein Feuer zusammen getragen, haben es angezündet, haben drum rum gesessen, noch ein wenig gelesen, und fertig war's.

Morgen das gleiche Spiel. Es heißt, wir arbeiten mit Kindern, die nicht im Urlaub sind. Drei Stunden sind lang. Drei Stunden sind eine Stunde zuviel, aber ich bin nicht allein.

11:59

Wind weht Unterhosen, BH's und Handtücher hin und her, ich schaue vom Fenster zu und leide still unter der Hitze. Von Verdauung will ich nicht sprechen, sie leidet mit. Darüber hinaus bin ich zerschlagen wie ein Hund. Drei Stunden Bespaßung haben Spuren hinterlassen, dabei war das erst der Anfang. Ruhen jetzt, mit der Schlafmaske ruhen und hoffen.


Sa 17.07.10 00:42

Ein Gewitter rollt übers Land. Es hat in Nordhorn begonnen, als wir gerade fertig waren. Gestern war der Abend nach der Premiere. Der gefährlichste Abend, das wissen alle, die schon Premieren bespielt haben. Neue Kinder, 17 diesmal, wieder ein, zwei Naseweise, aber hohe Konzentration beim Vorlesen, die in offenem Gelände noch weniger selbstverständlich ist, als in geschlossenen Räumen. Dennoch erstaunlich, wie sie zugehört haben. Zwischendurch Bewegung und Spiel, Rollenspiele mit Kostümen und Requisiten, die wir auf dem Gelände verteilt hatten, das Feuer als wiederkehrendes Element, das die Kinder fokussiert, die Flammen tanzen, das macht ihnen Freude und bringt ein wenig Ruhe in die Sache.

Die Heimfahrt in dichtem Regen, über dampfende Straßen, Lichtspiele überall, und Blitze, die den gesamten Himmel einnahmen.

14:25

wir haben ausgerissen was zu reißen war
und standen plötzlich vor dem krebs
gestanden uns was unvermeidlich da
in sprödem text verkündet und noch stets
die hoffnung nicht zertrümmern konnt'
wir liebten und wir lieben noch
ich sie sie mich wenn auch mit nichts, das uns besonnt
ich habe ihr geschenk und treibe hoch
auf allem, was noch kommt
um mich fliegt zeit und haben türmt sich auf
mein soll erfüllt, die trauer und der schmerz
ich gäbe alles für noch einen tageslauf
mit ihr und bräch für sie mein herz


So 18.07.10 13:39

Neun Kinder gestern, und das schönste "Abenteuer am See" bisher, obwohl wir den wegen des vorangegangenen Orkans leider nicht bespielen konnten. Trieben Satz für Satz voran, Seite für Seite, von unserer Basis unter sechs Eichen hinüber zur Wiese und wieder zurück, saßen und sprachen miteinander, die Kinder erzählen, wenn sie erzählen dürfen, der eine sagt mehr, der andere weniger, und wenn einer naseweis ist, wie immer einer naseweis ist, kann man bei 9 Kindern punktgenauer reagieren, bei zwanzig wird das schon schwieriger. Der Abend war rund, was nicht heißt, dass die vorhergegangenen Abende eckig waren.

Heute werden es wieder zwanzig sein, aber vielleicht beflügelt uns die Aussicht auf Feierabend, denn Arbeit ist das, keine leichte Arbeit, Arbeit, die hohe Konzentration und die Fähigkeit erfordert, jedes Wort zu wägen und einzubauen in das, was ich einen spontanen Verlauf nenne.

Kein Plan. Nur die Gegenwart.

Die junge Theaterpädagogin sagte auf der Rückfahrt, sie habe viel gelernt. Sie neigt im Gegensatz zu mir zu wiederkehrenden Blöcken, die sie, passend oder nicht, einbaut, wenn es an ihr ist, das Geschehen voran zu treiben. Sie wolle zuviel, sagte sie, und sie habe genossen, dass ich mir die Freiheit der Pause erlaube, die Freiheit, nichts geschehen zu lassen, damit alles geschehen kann.

Natürlich haben wir auch wieder ein Feuer gebaut, das Feuer als Fokus für Pause. Die Stadt hat uns einen Container mit Restholz aus einer Schreinerei auf die Wiese gestellt, trockenstes Holz, das in wenigen Minuten lichterloh brennt. Mein Lieblingskind war ein Junge aus Omsk, von dem ich schon wusste, dass er aus Russland kommt, noch eh er seinen Namen genannt hatte. Er hieß Eduard. Ein stiller, ernster Junge.

Die Heimfahrt unter hohem Himmel, im Westen verglühend, das Land ringsum, Mais, geerntete Gerste, das Gelb der Stoppelfelder, kleine Eichenwälder, umwerfend. Ich liebe dieses Land, das sich in mir festgesetzt hat wie sich Mutter und Vater festsetzen, ich denke dann, wozu soll ich wegfahren, ich habe die Welt gesehen, sie hat mir gefallen, aber hier bin ich zuhause.


Mo 18.07.10 00:02

Guten Morgen. Ich habe nichts mehr zu sagen. Zumindest im Augenblick nicht. Ich könnte schon, aber ich will nicht. Ich werde mich jetzt auf den Balkon setzen und noch ein bisschen denken. Über die Gespräche zum Beispiel, die ich gestern bei Hen und Flo geführt habe, über das Abenteuer dieses Satzes, den ich S. sagte, ein Satz, der zu einigem Aufruhr hätten führen können, aber gefasst aufgenommen, nicht falsch verstanden, unser Gespräch geöffnet und weiter getrieben hat, als man es normalerweise treiben kann. Ich habe gut gegessen, getrunken, geraucht, habe auf dem Balkon geschlafen, bin um halb acht unter die Dusche gehuscht, habe mich frisch gemacht, mir die Sonnenbrille aufgesetzt, um meine geröteten Augen zu verbergen, bin heim gefahren und habe bis mittags geruht.

Unser letztes Abenteuer am See liegt hinter mir. Ich habe gutes Geld verdient, ich habe mit Luisas Hilfe gute Arbeit geleistet, wir haben viel Kraft verbraucht, aber viel erlebt.

15:20

Es geht doch. Ich kann Ferien machen. Heute habe ich sogar einen Termin um eine halbe Stunde verschlafen. Machte aber nix, weil meine Kollegin ebenfalls verschlafen hatte. Wir mussten ein wenig rummeln und räumen, den Klassenraum für die nächste Runde gestalten. Gute vier Stunden hat das gedauert, jetzt ist es getan und meine Ferien beginnen. Ich liege ruhend im Schatten. Ich telefoniere. Ich höre, dass die Abenteuer am See Eltern veranlasst haben, den Veranstalter anzurufen, um ihm zu sagen, so gut gelaunt hätten sie ihr Kind lange nicht mehr erlebt.

Das spricht für uns. Das freut uns. Wir sind nämlich selbst jedes Mal erstaunt, dass es uns gelingt, mit Nichts Freude zu verbreiten. Wir finden nämlich, dass Freude essentieller Bestandteil des Lebens ist, wir finden, dass Freude überall siedelt, aber zu selten gesehen wird, weil kaum jemand hinhört und hinschaut. Wir finden, dass die Dummheit der anderen unsere eigene Dummheit, die erschreckend genug ist, noch um ein Vielfaches übersteigt. Düstere Zeiten, finden wir, dennoch: das Leben ist überall, man muss es nur leben. Und wenn es gelungen ist, das zu vermitteln, dieses Fenster für ein paar der insgesamt 90 Kinder, mit denen wir über die letzten vier Tage gearbeitet haben, zu öffnen, dann gratulieren wir uns.


Di 20.07.10 11:59

Der kleine Vietnamese kommt, während andere schon in ihren Rollen über die Wiese geistern, zu mir und fragt, was er tun solle. Ich erkläre es ihm. Aber wie? sagt er. Ich verwandle mich in eine Kreatur. Er schaut mich an. Dann fliegt ein schüchternes Lächeln über sein Gesicht, und er verwandelt sich auch, bleibt aber die ganze Zeit dicht bei mir, als ob er sich jeden Schrittes vergewissern müsse.

19:11

Hat sich kaum bewegt, der Mann hat sich kaum bewegt, hat nur Allernötigstes getan, gar nichts nämlich, hat hier gelegen und da gesessen, hat sich nach Nikotin gesehnt und nach Frauen, in welcher Reihenfolge weiß er allerdings nicht mehr, aber das ist der Hitze geschuldet, die täglich dummer macht, bis schließlich ein Grad hitzegesteuerter Idiotie erreicht ist, die, der Mann spürt das schon, nur noch mit Dauerfernsehen in abgedunkelten Räumen zu besänftigen ist, so weit ist es gekommen, denkt der Mann, so weit musste es kommen, aber machen kann man da nix, es sei denn, Nikotin riefe an, eine Frau oder noch besser: beide riefen an und hätten hervorragende Vorschläge für die weitere Gestaltung dieses Lebens auf Abruf. Bis dahin kann es dauern.


Mi 21.07.10 00:01

der mond
hängt überm nachbarhaus
der mann ist still und langweilt sich
paar mücken treiben teufel aus
jemand stößt an den tisch

die nacht
packt aus was ihn erschreckt
zum ende wird sie hilflos
jemand hat namen ausgeheckt
und fühlt sich rather schamlos

der schlaf
hat viel zu viele viele türen
er hat schon andere verstört
als würde er ihn in die irre führen
und hätte niemand ihn gehört

der tag
danach kommt als geschenk
und fragt nach milchkaffee
jemand hat nachts den mond erhängt
der mann fährt an die see

13:44

Der eine ist etwa zehn und ein bisschen pummelig, der andere vielleicht dreizehn und schlaksig, beide haben dunkles Haar. Der Jüngere spielt eine Melodica, der Ältere ein mitgenommenes, kleines Akkordeon. Sie spielen sich durch ein Repertoire bekannter Melodien, deren Namen mir nicht einfallen. Es sind anspruchsvolle Lieder, sowohl harmonisch wie rhythmisch, und sie spielen sie, als hätten sie nie etwas anderes getan. Natürlich pfuschen sie den ein oder anderen Ton, aber im Prinzip ist das Meilen von dem entfernt, was die Tochter meines Neffen spätnachmittags manchmal aus dem Klavier hämmert, es ist musikalisch, es ist verstanden, und ich wette, sie können nicht eine Note lesen. Es sind Rumänen, ich habe nachgefragt, wahrscheinlich werden sie in Käfigen gehalten und morgens von Scrooges in deutsche Städte gefahren, um Geld zu erspielen. Sie gehen vorm Marktcafé auf und ab, schauen gelangweilt, und sammeln schließlich von den Gästen. Viele geben. Die Rechnung geht auf. Abend sperrt man sie wieder in ihre Käfige, dann erhalten sie trockenes Brot und ein bisschen Wasser, müssen schlafen und am nächsten Morgen wieder hinaus.

19:15

Nicht ohne Kopfhörer.


Do. 22.07.10 00:04

Heute fahre ich ans Meer und bleibe bis Sonntag. Entschieden hat das die
letzte Gedichtzeile gestern. Ich habe heute mit dem Hotel telefoniert, um zu reservieren. Das Telefon klingelte lang, bis die Besitzerin ran ging, die gerade in irgendeinem Supermarkt einkaufte und versprach, zurück zu rufen, was sie bis jetzt nicht getan hat. Sie ist chaotisch, aber ich mag das Hotel. Es steht voller Blumen. Auch auf meine Mail hat sie nicht geantwortet. Aber ich scheiße drauf. Ich werde schon ein Bett finden. Ich freue mich auf die Seeluft. Es darf auch regnen. Ich werde ein bisschen Asche mitnehmen. Dann bin ich nicht so allein. Ich verstreue sie dort. Darauf freue ich mich. Und ich freue mich, dass ich entschieden habe, mich zu bewegen.

17:31

Vorm gläsernen Windschutz auf der Terrasse des Cafés auf dem Deich zwischen Lelystad und Enkhuizen, um den immer Stare schwärmen, diese blauschwarz glänzenden, mit Sprenkeln überzogenen, schlanken Vögel, die ich sonst nirgendwo in so großen Schwärmen gesehen habe, saßen ein Mann und eine Frau, Oma und Opa. Die Enkel waren strohblond. Ein Junge, der kleine, ein Mädchen, die große. Sie hatten Schokomelk getrunken und wollten zum Deich. Bis zur Treppe, sagte der Opa. Die Enkel machten sich auf den Weg. Dann wollte Opa zahlen. Oma gab ihm Geld und folgte den Enkeln in mäßigem Abstand. Opa sprach mit sich, als er aufstand, um ins Café zu gehen.

Interessant an dieser kleinen Szene ist, wer das Geld hat und wer zahlt.
Ich kenne das. Meine Frau schob mir auch manchmal das Portemonnaie zu.

Ich hatte die Autobahn kurz hinter Apeldoorn verlassen, um durch die Veluwe zu fahren, eine Heidelandschaft. Vorbei an Harderwijk wollte ich Richtung Lelystad, durch dieses brettflache Land, das vor sechzig Jahren noch Meer war.

Kaum von der Autobahn abgefahren, begann mein Navi verrückt zu spielen. Ich kannte den Weg ja, ich ließ es rechnen und Vorschläge machen, die ich allesamt ignorierte. Es versuchte mich auf Landwirtschaftswege zu schicken, es simulierte Kehrtwenden und forderte mich auf, sie bei nächster Gelegenheit einzuschlagen. Ich dachte, wenn ich jetzt blöd wäre, wenn ich nicht gewusst hätte, wo ich mich befinde, wer weiß, wo ich gelandet wäre.

Äußerste Vorsicht also bei Navigationsgeräten. Sie leiden unter bestimmten Touret-Zwängen, die sie auf ihre Anwender zu übertragen versuchen. Am besten, man stellt sie einfach aus.

Mitten auf dem platten Land kurz vor Lelystad gibt es einen Provinzflughafen. Ein Hubschrauber knatterte herum, vor dem Hangar aber stand ein ausgemusterter Jumbo der KLM, wahrscheinlich zum Restaurant umfunktioniert, und da habe ich mich natürlich gefragt, wie er da hingekommen ist. Gelandet und vollgebremst. Auseinander geschraubt, auf dem Tieflader hergefahren und wieder zusammen geschraubt?

Man weiß es nicht. Diese Jumbos aber sind beeindruckend groß. Ich bin einmal mit einem geflogen, damals, von Japan nach Hawaii. Da hatte ich eine Sitzereihe mit vier oder sechs Sitzen für mich allein, sehr bequem war das, ich konnte mich strecken und strecken.

Am Meer vorhin war alles wie immer. Halbnackte Menschen in Wartestellung. Wer Urlaub hat, hat ein Problem. Was tun mit all der Zeit? Lesen? Ja, lesen. Dösen? Ja, dösen. Schwimmen? Ja, schwimmen. Aber dann? Keiner weiß das. In den Gesichtern also immer eine gewisse Urlauber-Ratlosigkeit, die jedoch bei Eltern nicht so häufig vorkommt, denn die haben zu tun. Die müssen ununterbrochen wachsam sein und aufpassen, dass ihre Kinder nicht ertrinken.

21:20

Der Himmel ist silbrig. Das Meer schwappt müde. Ein Junge schlittert auf einem elipsenförmigen Brett über das auslaufende Wasser. Der Mann ist noch müder als das Meer. Er hat diesen Umweg gefahren, obwohl er doch eigentlich ankommen wollte. Demnächst wird er ein Bürgerbegehr starten. Reisen soll dann nur noch per beamen erlaubt sein. All das Hin- und Her auf den Autobahnen wäre damit vorbei. Die Raststätten könnten dicht machen und die Trassen würden renaturiert. Aber die Autolobby wehrt sich. Die Öllobby auch. Wird der Mann also weiter rumbrummen müssen, wenn er weg will. Sorry, Scotty, wir sind noch nicht so weit.

Wo der Mann geht und steht, ist die Frau. Er sitzt im Restaurant, dreht seine zwei Eheringe und sieht nichts als Menschen zu zweit. Glücklicher als er scheinen sie nicht. Und als er so sitzt, isst, Wein trinkt und die Sonne langwelliges Licht auf sein Glas zaubert, denkt er, ihr alle hier, ihr alle endet als Witwer und Witwen. Das lindert ein wenig, aber es ändert nichts.

Trotzdem ist der Mann nicht unglücklich. Er trägt sie im Herzen. Da ist sie und niemand nimmt sie ihm je wieder weg. Die andern aber, die noch beisammen sind, die haben alles noch vor sich. In ihrer Haut möchte er jetzt nicht mehr stecken.


Fr 23.07.10 11:06

Über Nacht hat es irgendwo draußen gestürmt, woher sonst die Wellen heute früh gegen acht, als ich mich hinein tastete, eine Weile noch hüpfend, um das alte Gekröse trocken zu halten, dann schließlich doch Aufgabe, eintauchen. Jetzt bin ich wach, nachdem ich die Nacht unruhig geschlafen habe, das breite Bett nicht mehr gewohnt, um mich greifend, in der Hoffnung, da läge sie neben mir, aber das trog.

Das Meer war frisch, ich hatte Wärmeres erwartet nach der Hitze der letzten Wochen. Trocknete mich ab, stapfte durch den Sand die Düne hoch zurück zum Hotel, lieh mir ein Rad, fuhr nach Bergen Binnen, kaufte ein und bin nun zum Frühstück auf meiner Terrasse. Werde aufpassen müssen, die Sonne hat mich gerötet gestern, sie ist stark.

16:51

Körperpflege jetzt, nachher geht es zum Essen, da muss der alte Mann frisch sein, denn da ist ja feine Gesellschaft, gestern war da ziemlich feine Gesellschaft, all die Kashmir Pullover und elegant sportlichen Hosen, die teuren Schuhe, da will man nicht stinken.

Am Strand, weit entfernt vom Gewühl, da, wo man nackt badet, die triste Erkenntnis, das wir alle angezogen besser aussehen.

17:19

Vielleicht nächste Woche nach München, die große Tochter besuchen und mit ihr um die Häuser ziehen. Könnte von dort auch weiter nach Wien, vorausgesetzt, der Operateur hätte schon Zeichen gegeben.

20:56

Kleiner Exkurs über die Heringsmöwe, die atemberaubend fliegt, die Flügelspitzen gern einen Hauch überm Strand oder dem wogenden Wasser, was die Sache noch komplizierter macht. Dabei schreit sie gern herzzerreißend, was Orten am Meer diese Melancholie verleiht, die sich in Bergen aan Zee, wo abends nichts, aber gar nichts mehr los ist, schnell doppelt.


Sa 24.07.10 9:40

Als er das letzte Mal dort mit ihr saß, waren sie zusammengezuckt, als sich dieser hüftabwärts nackte Mann zu ihnen setzte, hatten aber alle Kraft aufgewendet, zu ignorieren, was schwer zu übersehen war und hatten gedacht, so sei das nun mal an Stränden, an denen man nackt badet. Zudem kannten sie Geschichten von französischen Nackcampingplätzen, auf denen es verboten war, den dazugehörigen Supermarkt bekleidet zu betreten. Ob das Personal ebenfalls nackt war, entzog sich ihrer Kenntnis, schließlich ist das eine Geschichte, die Freunde erzählt hatten.

Der alte Mann hält es mit seiner Nacktheit diskreter. Er schwimmt gern nackt, danach bedeckt er sich wieder, nicht nur wegen der Intensität der Sonne. Also war er bekleidet, als gestern zum Strandpavillon ging, um einen Kaffee zu trinken. Auf der schattigen Terrasse stand ein abgewetztes gelbes Sofa. Dort saß eine Frau mit lauter Sommersprossen, bekleidet wie er. Er fragte, ob er sich zu ihr setzen dürfe und sie sagte, natürlich. Die Frau las. Der Mann setzte sich und sofort begann der natürlichste aller nonverbalen Kommunikationsprozesse. Man rastert einander. Man tut das so unauffällig wie möglich. Man stiehlt Blicke aus Augenwinkeln und zieht seine Schlüsse. Man formuliert Sätze, die man nicht sagt. Man stellt Fragen, die man nicht stellt.

Der Mann war nach einer Weile durchaus geneigt, zu fragen, ob man sich nicht zum Essen am Abend in diesem Restaurant treffen könne. Da er kausal denkt, ergab sich die nächste, ebenfalls nicht gestellte Frage von selbst. Er fand ihre sommersprossige Pigmentierung sehr attraktiv. Er fand auch, dass der Rest attraktiv sei. Er sah keine Eheringe. Anfang fünfzig, alleinreisend, dachte er, sagte überhaupt nichts, hatte aber nach einiger Zeit ein durchaus aussagefähiges Bild, und er mochte, was es ihm sagte.

Wieder am Strand ließ er das Gesehene Revue passieren, und es wurde schnell klar, dass die zu stellenden Fragen immer neue Fragen aufs Tapet brächten, und da muss man natürlich abwägen, ob man die möglichen Folgen will oder nicht. Noch unsicher, wie diese Fragen zu beantworten wären, ging er noch einmal zurück. Die Frau saß noch dort. Sie laß einen norwegischen Thriller. Sie kamen in ein kurzes Gespräch, das ihm Klarheit brachte. Äußere Erscheinung und Klangfarbe der Stimme passten nicht zueinander, dachte er, dumm überhaupt, darüber nachgedacht zu haben, Fragen zu stellen, gestand er sich ein, blieb noch eine Weile und ging wieder zum Strand.

Die Wellen waren noch höher jetzt, die Flut hatte sie über die vorgelagerte Sandbank geschoben, der Mann entledigte sich seines letzten, sehr intimen Kleidungsstückes, auf dass es beim Bodysurfen nicht verloren ginge und er da stünde ohne Gebiss, und stürzte sich hinein.

Als er da letzte Mal dort mit ihr war, waren plötzlich Rufe laut geworden und dann hatten auch sie gesehen, dass nur ein paar Meter von den Badenden entfernt ein Seehund schwamm, der den Badebetrieb aufmerksam beobachtete. Das hatte sie beglückt.

Dieses Mal ist der Mann allein und wie es aussieht, wird er allein bleiben.

Was er heute unternimmt, weiß er noch nicht. Es ist windig geworden, die Sonne scheint, der blank gefegte Himmel von gestern ist heute mit Wolkenkissen bevölkert, vielleicht leiht er sich ein Fahrrad und fährt ein wenig herum.

17:31

Wer allein ist, bewegt besser den Arsch, das erübrigt das Denken, die Muskulatur übernimmt und sorgt für angenehme Leere. Treibt ihn durch das Nordholländische Dünenreservat, über anstrengende Hügel und wieder bergab, vorbei an kleinen Eichenwäldern, durch weite Dünen, in denen Rinder frei leben, zurück gezüchtete Urrinder mit beeindruckend weit ausladenden, spitzen Hörnern, aber sie liegen da nur und chillen.

Zwischendurch hat der Mann mal hier gebadet, mal dort die Aussicht genossen von einer Platform, die verdächtig nach deutschen Besatzern aussah, denn man konnte die Küste sehen, sogar Amsterdam lag am Horizont, und da denkt sich so ein deutscher Eroberer natürlich, von dort kann man prächtig schießen, falls sie kommen, die Feinde, aber die kamen bekanntlich ja anderswo, und da war es zu spät, da konnten sie schießen soviel sie wollten, sie hatten keine Chance mehr.

Jetzt ist er ein wenig erschöpft, liegt hier und da herum, gleich wird er essen gehen, und heute abend geht er an den Strand und verstreut ein wenig Asche. Und morgen? Morgen fährt er heim, und wenn der Sommer bleibt, wie er ist, wird er ins Freibad gehen, wird Freunde treffen, und sehen, was die Tage bringen. Er hat schließlich Urlaub.

22:54

Der Mann schrieb ihren Namen in den Sand, füllte die Vertiefungen mit Asche, trank auf ihr Wohl, bot ihre eine Zigarette an, genau an dem Platz, an dem sie vor drei Jahren saßen. Der Mann badete, der Mann trank, goß Wein über ihren Namen und ging heim. Morgen wird er nach Hause fahren. Der Mond ist voll und er hat getan, was zu tun war.


So 25.07.10 8:34

Senile Bettflucht könnte man so etwas nennen, der Mann litt schon darunter, als er noch jung war, schon damals war er älter als die meisten, und entsprechend früh auf den Beinen. Heute jedoch liegt der Fall anders, es gibt einen triftigen Grund: die klagende Heringsmöwe auf dem Hoteldach. Die schrie, dass es ihm das Herz brach und das Adrenalin hochkochte. Noch im Halbschlaf erdachte der Mann eine grausame Strafe. Er fing sie mit Haken und Köder, schließlich fressen diese Vögel alles, und schlug sie so lang gegen die Terrassenwand, bis sie tot war, hängte sie zur Warnung unter den seiner Terrasse überhängenden Balkon, und seitdem ist Ruhe. Seitdem fliegen alle Heringsmöwen weite Bögen.

Als er mit dieser für einen Sonntagmorgen unfeinen Tätigkeit fertig war, fiel dem Mann auf, dass die Böschung vor der Terrasse über und über mit Minze bewachsen ist, und da dachte er, warum immer fünf Euro für teuere Mojitos ausgeben, wenn man kann sie selbst machen kann, stieg in die Böschung, trotzte Brennesseln und Diesteln, und erntete.

Nun ist sein Koffer voller Minze und er freut sich schon auf das Gesicht des deutschen Zöllners, der ihn rechts heranwinkt, weil er glaubt, da kommt wieder der alte Kiffer, den wir damals mit 0,5 Gramm aus dem Zug gefischt haben, jetzt nageln wir ihn. Was haben wir denn da? fragt er triumphierend und der Mann sagt: schauen Sie doch selbst nach. Und dann schaut er nach und ist schwer enttäuscht. Und der alte Mann freut sich ein Loch in den Bauch.

Über ihm erledigen Nachbarn ihre Morgenverdauung und legen sich wieder schlafen. Das sind Menschen, die Urlaub machen können, denkt der Mann, ich kann das nicht, ich denke mich eines Tages noch tot.


17:47

Gestern hatte der Mann überlegt, ob er noch einen Tag anhängen sollte, dann sah er den Wetterbericht und entschied anders. Nachdem er die Möwe fortgeräumt hatte, stahl er zwei Handtücher, packte seine Sachen, zahlte und fuhr nach Enkhuizen, vor dreihundert Jahren das Zentrum der Ostindischen Schifffahrtsgesellschaft.

Damals war die Zuiderzee offene See und der Hafen Umschlagplatz für alles, was die Niederlande woanders geraubt hatten. Ein verschlafenes Städtchen an diesem Sonntag, kaum Menschen, schmale Straßen, die Häuser schief, Kanäle, ein beeindruckendes Rathaus aus dem 16 Jahrhundert, ein alter Mann, der dem Mann erklärte, wie er gehen müsse, um dorthin zu gelangen, und ein Yachthafen voll moderner Freizeit-Segelschiffe.

Nun gut, dachte der Mann, es ist Sonntag, wir haben keine Eile, aß einen Matjeshering und fuhr über der langen Deich nach Lelystad und von dort weiter Richtung Almere, um die Ostvaarderse Plassen zu besuchen, ein Naturschutzgebiet, dass nach den Einpolderungen der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts nicht trocken gefallen war. Seitdem ist es Brachland, auf dem große Herden Heckrinder, Wildpferde und Hirsche leben, Füchse, Adler, Gänse, Reiher, Brachvögel und was es sonst gibt. Sie leben wild.

Der Mann schaute durch ein Fernglas, sah all die beschriebenen Tiere (bis auf Adler und Fuchs), und dachte, warum über die Autobahn heimfahren, wenn er doch ein Navigationsgerät hat. Also entschied er, über Landstraßen durch die Veluwe zu fahren.

Er durchquerte die Stadt Almere, die wie Lelystadt nicht älter als vierzig Jahre ist..
Wer wissen will, wie so eine junge Stadt aussieht, sollte hinfahren.
Alles ist geplant, nichts ist gewachsen.

Danach schnurgerade Straßen, oft von Pappeln gesäumt, Wiesen, Kanäle, Windräder, kurz hinter Haarderwijk aber weite Heidelandschaften, weiter, als die, die er aus der Lüneburger Heide kennt, die Veluwe, dann, gegen Apeldoorn, läuft das aus in den Utrechtschen Hügelrücken, weitläufige Wälder: Buchen und Eichen. Man denkt ja, dass Holland aus nichts als Kanälen und Wiesen besteht, auf denen sich höchstens Kühe wohlfühlen, aber das stimmt nicht. Das Land zwischen Almere, Harderwijk, Apeldoorn und Deventer, dachte der Mann, sollte er einmal mit dem Fahrrad erkunden.

Andere denken das natürlich auch. Wohin man schaut, sind sie auf modernstem Gerät unterwegs, die Mutanten der Tour de France, die Freizeitradler auf hochmodernen Gazelle-Rädern, ältere Semester auf Elektrorädern, da ist ein Hin- und Her, dass man dann doch froh ist, geruhsam im Auto über Land zu rollen.

Und irgendwo, eine Ampel zeigte rot, wollte der Mann sich ein wenig erfrischen, nahm die Flasche Zitronensprudel, öffnete sie, und hatte die Rechnung ohne den Fahrwirt gemacht. Der Sprudel schäumte, so dass sein Auto jetzt überall klebt und dringend der Reinigung bedarf.

Ein schöner Tag, denkt der Mann, das hat er gut gemacht, denkt er, jetzt ist er in Enschede, vielleicht bleibt er über Nacht, vielleicht nicht, das wird sich entscheiden.

Und als er vorhin mit seiner Gastgeberin im C1000 Supermarkt war, konnte er beobachten, wie plötzlich drei Angestellte über die Absperrgitter an den Kassen sprangen, hinaus rannten und wenig später mit einem jungen Ladendieb zurückkehrten, der zwei Flaschen Wodka unterm Pullover hatte.

Ein Angestellter marrokanischer Herkunft ging sehr resolut mit dem noch sehr jungen Mann zu Werke, ebenfalls ein Migrant, Alochton, wie die Niederländer ihre hier geborenen, aber von Migranteneltern abstammenden Mitbürger verschleiernd nennen, sehr resolut, aber nicht gewalttätig. Er nahm ihm die Flaschen ab, fragte, ob er noch mehr habe, der junge Mann verneinte, der Angestellte akzeptierte die Antwort und sperrte ihn in einen eigens dafür vorgesehen kleinen Raum, in dem der junge Mann auf der Stelle zu randalieren begann. Dummer Junge, dachte der Mann.


Mo 26.07.10 00:07

Es ärgert den Mann, dass er Hilfe rufen musste, um seinen Computer wieder mit dem hiesigen Netz zu versöhnen. Er wusste, was das Problem war. In Enschede war er über Kabel ins Netz gegangen, in so einem Fall deaktiviert die Systemsteuerung die Hardware für das W-Lan. Er wusste also, worauf er zugreifen musste, um das Problem zu lösen, aber wo genau wusste er nicht. Nach fünf Versuchen war er bei den Geräteoptionen gelandet, dachte aha!, öffnete den Ordner für Netzwerkverbindungen, aktivierte das W-Lan, vergaß aber, die Aktivierung zu bestätigen.

Als Herr T. dann zur Hilfe kam, tat er genau das und das System funktionierte wieder.

Das, findet der Mannn, hätte ihm nicht passieren dürfen.

Schließlich war ihm das Problem bekannt. Als er vor Wochen in der Wohnung seines ältesten Sohnes mit seinem Laptop über Kabel ins Netz gegangen war, war das gleiche passiert. Damals hatte sein Nachbar, der Geophysiker, das Problem gelöst. Der Mann hatte ihm über die Schulter geschaut, aber Nerds arbeiten meist zu schnell und erklären nichts.

Beim nächsten Mal, denkt der Mann, und dann denkt er noch, das war schön gerade, der Besuch von Herrn T. und seiner Freundin, überhaupt ist es schön, wieder zu Hause zu sein.

12:55

Um wem erzähle ich das alles? Dem Internet. Dem schwärzesten Loch des Universums. Es ist zum Heulen.

15:27

Nein, nein, man muss nichts tun, aber wenn man nichts tut, muss man das Nichtstun ertragen, das ist die Kunst.

17:04

Herr M. wird Essen gehen heute. Und ins Kino geht er auch. Und das alles wegen der Kunst.

18:17

Es war nicht einfach, nichts zu tun. Es war sogar angstrengend. Aber es war auch schön und ist immer noch schön, denn beim Nichtstun treten ja sofort alle Fragen in den Raum und pöbeln. Dialog und Monolog beschuldigen sich gegenseitig der Lüge, und natürlich haben sie recht. Nichtstun ist etwas für Hartgesottene. Ich gebe Kurse in so was. Sie sind sehr teuer, ich glaube, kaum jemand wird sie sich leisten können.


Di 27.07.10 8:58

ein himmel hängt tief
eine taube gurrt
eine kirchenglocke schlägt neun
ein kaffee ist getrunken
eine zigarette ist geraucht
ein anfang ist da und ein ende am ende
ein wunder ist möglich
ein unglück auch
ein kind folgt nicht
eine mutter ist verärgert
ein auto fährt rückwärts und warnt
ein tag schickt grüße
ein mann grüßt zurück

10:22

Sie hatten Haribo Konfekt gekauft, zwei Frauen Mitte vierzig, blond, die Kinder, falls Kinder, schon fast erwachsen. Sie setzten sich neben mich und ich hatte das Gefühl, das würde laut. Es wurde laut. Sie ließen kaum eine Szene des Films unkommentiert, sie lachten viel, hatten 250 Gramm Haribo innerhalb kurzer Zeit aufgegessen und als die neben mir irgenwann "hallo, ist das cool? " rief, dachte ich, Herrgott, was für eine wundervolle Frau hatte ich, was für grauenhafte Exemplare dieser Spezies hätten mich einspinnen können in ihren Kokon, aber nein, mich haben sie nicht gekriegt, ich hatte das Beste, was man sich vorstellen kann und rückte so weit fort, wie ein Kinosessel es eben erlaubt.

15:30

Hatte der Mann einen großen Hut? Nein. Eine Mütze. Eine Mütze mit Schirm. Die Mütze war speckig. Entweder ist das Glatzenfett oder Umweltverschmutzung, dachte der Mann. Mit so einer Mütze, dachte er, kann man kaum Eindruck schinden. Dann fiel ihm ein, dass das das letzte war, was er wollte.

Das Vorletzte allerdings hätte er gern gewollt, aber die Dinge waren kompliziert. Er trug nämlich zwei Ringe mit Stolz. Also verzichtete er auf Hut und Mütze, die Sonne hatte sich hinter Wolken verschanzt, fuhr los und ging in das Restaurant, in dem er sich früher immer mit ihr eine Pizza geteilt hatte. Es ist ein Restaurant mitten in der Stadt, aber es liegt an einem schmalen Durchgang zwischen Häusern. Dort wächst Weinlaub, dass man Süden denkt. Es ist immer voll.

Der Mann suchte sich einen Platz im Garten hinter dem Restaurant, da war es leerer. Mittig ein großer Baum. Er kann nicht sagen, ob Eiche, Buche oder Kastanie. Einer der drei aber sicher. Über den Garten sind zudem Markisen gespannt, falls es regnet.

Bald begann es zu regnen. Der Mann rückte den Tisch mittiger, um nicht nass zu werden. Dann aß er und trank ein Glas Wein und dachte, ich weiß, warum das Restaurant so erfolgreich ist. Alles, was er dort je gegessen hatte, schmeckte gut. Kaum ein Gericht war teurer als 15 Euro, im Schnitt kosten sie zwischen 8 und 12. Simpel, dachte der Mann, dann fiel ihm noch eines ein.

Auch dort lagen die Preise ähnlich, wenngleich mit leicht niedrigerem Durchschnittspreis und Selbstbedienung. Der Kunde bekommt nach erfolgter Bestellung an der Theke einen elektronischen Pieper. Er kann dann hinausgehen, sich draußen hinsetzen oder drinnen. Wenn das Gericht fertig ist, wird er elektronisch benachrichtigt.

Systemgastronomie, dachte der Mann.

Ich würde mein Restaurant ähnlich strukturieren.
Allerdings bedienten dort nackte Frauen und Männer, letztere mit Lendenschurz. Sie wären zwischen 20 und 25. Auf Großleinwänden projizierte ich Dolly Buster Filme. Die Gäste würden dann schneller essen, weil sie erregt davon wollten. Neue Gäste kämen, der Umsatz vervielfachte sich, ich wäre der neue Gastronomenkönig.

Man würde mich wegen Sexismus angreifen, aber das brächte nur Schlagzeilen und Schlagzeilen brächten mehr Gäste. Ich würde behaupten, dass Sexfilme und Essen zwei Grundbedürfnisse der Menschen befriedigen, was dagegen zu sagen wäre. Noch größerer Skandal! Noch mehr Gäste etc.

Als der Mann seine Pizza zur Hälfte verspeist hatte, fiel sein Blick auf ein Paar links von ihm. Sie eine Blonde mit schulterlangem Haar. Schmales Gesicht, beleidigt, giftige, graublaue Augen. Warum nur, dachte der Mann, sie ist doch hübsch, was hat sie denn? Ob es an ihm liegt? Er machte einen entspannten Eindruck. Mich vergiftest du nicht, schien seine Haltung zu sagen. Die haben sich gefunden, dachte der Mann.

Dann wurde aus dem Regen ein Regenguß. Der Mann rückte noch weiter zur Mitte. Unmut unter den Gästen kam nicht auf. Eher breitete sich eine Art solidarischer Frohsinn aus, unausgesprochen hatten alle beschlossen, sich weder die Laune verderben noch sich vertreiben zu lassen.

Bis auf das Paar meines Alters. Er (der Mann sah ihn nur von hinten) mit grauen Lambswool Pullover und lila Schal, was ihn dem Mann verdächtig machte. Lila Schals klingen nach dem, was Mutti immer gesagt hatte, wenn sie Mädchen sah, die auffällig gekleidet waren. Der Mann brachte Muttis Worte jedoch nicht mehr zusammen. Mutti war lange tot, war sehr alt geworden, und hatte nie verraten, ob sie ihn liebt. Dennoch geht der Mann davon aus. Er jedenfalls liebte sie sehr.

Die Frau dieses Mannes hatte ein sehr schönes Kleid an, eines der Sorte, die Frauen von Männern tragen, die nicht wenig Geld verdienen. Solche Frauen zeigen das gern her, während die Männer es häufig bevorzugen, sich, abgesehen von einem, sagen wir, lila Schal, unauffällig zu kleiden. Diese Frau zeigte sich gestört vom Regen, sodass der Kellner kommen musste, um ihr beim wortreichen Umzug nach drinnen zu helfen.

Altes Arschgesicht, dachte der Mann und freute so sehr, dass er es ihr fast hinterher gerufen hätte.

Der Regen hörte auf, der Mann zahlte, der Mann wäre auf seinen Flip Flops fast ausgerutscht, der Mann setzte sich auf sein Rad und fuhr zum Kino. Die Wolbecker Straße nahm er erst vor der Unterführung als solche wahr. Er hatte gedacht, es sei die Warendorfer. Macht nichts, dachte er, fahre ich quer durchs Viertel. Man könnte dort wohnen, dachte er. Man muss aber nicht.

22:50

Die Soldaten standen in Reih und Glied, etwa zehn im Eingangsbereich der Kaserne, als ich vorbeifuhr. Vorm perspektivisch letzten stand ein höherer Dienstgrad mit einem schwarzen Mahagonnistab, den Briten wahrscheinlich noch aus Kolonialzeiten mit sich herumtragen, um Inder und was sonst schwarz und nicht britisch ist, in die Schranken zu weisen.

Dieser höhere Dienstgrad verwies einen Soldaten.

Die Vorbeifahrt dauerte geschätzte 5 Sekunden, das reichte.
Für einen kleinen Film reichte das, jeder hätte sofort gewusst, was vor sich ging und sich gewünscht, keiner dieser Soldaten zu sein, picklige, rotblonde, stämmige Nordengländer, meist aus den untersten sozialen Schichten, die außer in der britischen Arme nirgendwo Arbeit bekommen.

In ihren Garnisonen pflegen die Briten ihre Traditionen, als wäre nichts geschehen. Manchmal sehe ich Offiziere in tressenbesetzten Uniformen, rote Streifen an den Hosennähten, albernen Mützen, die von der Kaserne hinübereilen in die gegenüberliegende Offiziersmesse. Sie tragen diese Mahagonnistäbe untern Arm geklemmt. Wahrscheinlich üben sie für den Holzarm.


Mi 28.07.10 14:58

Der Mann wird nach München fahren. Er will mit der großen Tochter um die Häuser ziehen, er will den Surfern auf der Isar zuschauen und wer weiß was sonst. Er fährt mit der Bahn. Wenn es heiß wird und die Klimaanlagen nicht funktionieren sollten, wird er sofort einen Antrag auf Schmerzensgeld stellen, das spielt ihm die Reisekosten wieder ein, und er kann noch mehr Geld ausgeben.

Vorher wird er Freunde in Oldenburg und Emden besuchen. Beide Städte sind brandheiß. Sie rangieren gleich hinter Berlin, New York und London. Was er dort tun wird, weiß er noch nicht, aber er freut sich auf die, die er lange nicht mehr gesehen hat, ein Mann, eine Frau.

Im Augenblick versucht er, ein Aufnahmegerät, das er sich gekauft hat, zu konfigurieren. Immerhin hat er es mittlerweile geschafft, dass sein Computer es erkennt. Auch Aufnahmen kann er damit schon machen, aber sie klingen seltsam. Sie klingen irgendwie fern, und im Hintergrund ist ein Geräusch, das da nicht hingehört, so ein Leiern und Grundbrummen. Er hat schon dieses und jenes probiert, aber das Geräusch geht nicht weg. Das ärgert ihn.

Da denkt er sich, mach dir lieber einen Kaffee und freu dich, dass du gestern abend so gut gegessen hast. Er war mit seiner großen Schwester aus und hat ein Drei-Gänge-Menu verputzt. Der Mann hat schließlich Ferien, der Mann fliegt nirgendwo hin, der Mann hat keine Mätresse, der Mann muss nichts abbezahlen, der Mann baut nicht um, kurz, der Mann tut nichts von dem, was alle anderen täglich zu tun scheinen, die Akkumulierer, die Hobby-Handwerker, die Freizeitgärtner und was es sonst gibt, das alles tut der Mann nicht, also kann er ruhig mal Geld ausgeben.

Zudem hat er sich geschworen, das Nichtstun zu erlernen. An diesem Projekt arbeitet er seit 61 Jahren. Ich glaube, der Mann ist noch lange nicht fertig mit diesem Projekt. Es hat buddhistische Tiefe, und wenn er's denn einmal zu seiner Zufriedenheit hinbekommen sollte, was fraglich ist, wird er glücklich sein. Bis dahin ist er unglücklich wie alle anderen. Bis dahin behauptet er, Glück sein ein Konzept, dass in der Natur nicht vorgesehen ist. Die Natur kennt keine stabilen Zustände.

Do 29.07.10 00:46

Leicht verspätetes Frühlingslied...

9:26

Sich über demokratische Wahlen legitimierende Staaten haben gegen über jenen, die sich so einen Luxus nicht leisten können, erhebliche Nachteile, wenn es ums Töten geht. Nicht, dass sie nicht trotzdem töteten in dem Wahn, sie könnten ihre humanistische Glaubenslehre in Gebiete exportieren, die sie lange unterdrückt, ausgebeutet und an den Rand der Welt gedrückt haben, das nicht, nein, aber sie töten heimlich, sie legen Geheimdokumente an und wenn das rauskommt, meist Jahre/Jahrzehnte später, ist das Geschrei groß.

Herr M. kann da nur staunen. Hatten die demokratischen Gemeinwesen denn geglaubt, Kriege zum Export ihrer Demokratie, wie sie ihre scheinheiligen Aktionen nennen, gingen ohne Töten vonstatten? So blauäugig können nur Humanisten sein.

10:47

Gedicht über Backgewohnheiten....

13:29

Lied über den einundsechzigsten Geburtstag....

22:13

USB Audio Interface


Dieser neue Apparat funktioniert jetzt. Er ist klein und mächtig. Ich habe den ganzen Tag damit aufgenommen, drei Loops online gestellt und gerade zum ersten Mal über meine Boxen gehört. Auf dem Kopfhörer klangen sie
dicht, auf den Boxen klingen sie anders. Ich werde neu abmischen müssen. Aber nicht morgen. Morgen fahre ich nach Oldenburg. Wenn ich nur wüsste, wo ich die Telefonnummer meiner Gastgeberin habe.


Fr 30.07.10 8:52

Der Himmel ist blau, aber vom Westen kommt anthrazitfarbenes Gebräu. Es ist frisch, es wird regnen nachher, die Sonne wird scheinen, Jamie Callum singt zum Frühstück, lassen wir den Tag ruhig angehen, wir haben keine Eile.


Sa 31.07.10 15:48

Friesland 1

Rechts liegt Großenkneten, das Land ist flach und voller Eichengrün, dazwischen Mais so weit das Auge reicht. Man kann die Abluft unzähliger Schweine- und Hühnermastbetriebe riechen, jedenfalls bildet der Mann sich das ein. Großnekneten, denkt er, da sollte ich abfahren. Diesem Dorf sollte ich meine Referenz erweisen, denn aus Großenkneten stammt die Band Trio, eine der größten Bands, die die deutsche Popgeschichte hervorgebracht hat.

Dann ist Großenkneten Geschichte und Oldenburg taucht am Horizont auf. Der Mann hat keine Vorstellung davon, wie schön Oldenburg ist. Die Vielzahl der klassizistischen Gebäude, die verwinkelte Innenstadt, viel schöner als seine Heimatstadt, das wird er schon noch erfahren.

Aber erst muss er ankommen. Erst muss er in diese Straße fahren, zu diesem Haus, dessen Hausnummer sein Navigationsgerät nicht erkannt hat, was ihn kurzzeitig ein wenig beunruhigt, er fährt über eine überdimensionierte Autobahnbrücke, darunter die Hunte, die so eine Brücke erforderlich macht, denn auch in Friesland ist nichts wichtiger als der reibungslose Autoverkehr, und da ist es egal, ob die Hunte ein Flüsschen oder Fluss ist, die Brücke ist eine Brücke ist eine Autobahnbrücke.

Er hat längst Wasserturm und Kirchturm gesehen, folgt der Stimme des Navis und seiner Intuition, was nicht die schlechteste aller denkbaren Möglichkeiten ist, fädelt sich in die Stadt und findet die Straße auf Anhieb. Parkt vor einem riesigen, dem langsamen Verfall und Verwuchs durch die Natur preisgegebenen Areal der Bundeswehr, die aus Gründen, die ihm nicht bekannt sind, diesen Standort aufgegeben hat.

Er weiß, dass er richtig ist, seine Gastgeberin hatte ihn gerade angerufen und gesagt, sie sei noch nicht zuhause. Das mache nichts, hatte der Mann geantwortet, hatte seinen PKW abgestellt und war langsam zurück Richtung Hauptstraße geschlendert. Er wollte mal sehen, er wollte die Beine ein wenig vertreten, vielleicht käme sie ihm ja entgegen, hatte er gedacht, außerdem ist es immer gut, an neuen Orten herumzugehen.

Ihn umweht ein milder Hauch der Vernachlässigung. Häuser und Vorgärten, alle haben bessere Zeiten gesehen. Neben einer lutheranischen Kirche ist ein Club 9, sicher ein Puff, und ein Stückchen vorher war ein Garten voller Wildblumen, die die Tristesse, die das Haus ausstrahlte, fröhlich erscheinen ließ.

Beim Pennymarkt biegt der Mann rechts ab. Vielleicht würde er sich ein Brötchen kaufen, einen Schokoriegel irgendwo, dachte er, und dann war da gleich der Imbiss Jenken und der Mann dachte: Pommes Mayo. Eigentlich ein zu einem Imbiss umgebautes Gartenhäuschen, zumindest, was die Größe angeht.

Vier Gäste. Zwei Frauen, ein Kleinkind, noch eine Frau, die ihn seltsam anschaut, als er den Imbiss betritt, so seltsam, dass er gleich weiß, diese Frau hat mehr als ein Problem, sie steht unter dem Einfluss von Antidepressiva.

Vielleicht ist Peter daran Schuld, denn es muss ja immer jemanden geben, der für etwas gerade steht, und Peter steht als fast verwachsenes, schlecht gesticheltes Tatoo auf ihrem teigigen, rechten Unterarm. Vor der Theke sitzt ein alter Mann vor Bratwurst, Kraut und Kartoffelsalat.

Alle Anwesenden scheinen einander zu kennen, und so weiß der Mann noch eh er bestellen kann, dass die Frau hinterm Thresen Karin heißt. Obgleich sie mindestens zehn, fünfzehn Jahre jünger ist als der Mann, wirkt sie verbraucht.

Pommes Mayo, sagt er schließlich, und sie fragt: hier essen oder mitnehmen. Mitnehmen, sagt der Mann, denn hier will er nicht lange bleiben. Von den beiden anderen Frauen hat eine ein Kleinkind auf dem Schoß und bietet ihm eine Pommes an. Das Kind mag nicht essen. Hab ich doch gesagt, sagt die andere Frau. Gemüse mag er nicht.

Friesland 2

Wie sie wohl aussieht, dachte der Mann, als er zum Haus zurückging. Er hatte sie auf einem Jazz Workshop kennengelernt, vor etwa zehn Jahren. Eine Weile war sie die Freundin seines besten Freundes. Danach hatte er sie nur noch zweimal gesehen. Zum letzten Mal vor fünf oder sechs Jahren. Es musste nicht einmal schellen, sie hatte ihn wohl vom Fenster gesehen und stand in der Tür, als er ins Haus kam. Schmal bist du geworden, sagt der Mann, dünn eher, dachte er und erschrak. Stress, sagt sie und erklärt das mit ihrem Freund, der vor vier Wochen ausgezogen ist. Stress, sagt der Mann. Ja, das kennt er. Stress verbrennt Fett. Auch er hat Gewicht verloren über das letzte Jahr. Der Mann geht in ihrer Wohnung herum. Der Mann trinkt mit ihr Kaffee. Oben im Baum vorm Balkon sitzt ein junger Eichelhäher. Der ist zahm, sagt sie. Die Nachbarn über mir haben ihn aufgepäppelt. Wir rufen ihn. Rocky, rufen wir, aber Rocky zeigt kein Interesse. Es gibt viel zu erzählen. Die beiden reden und reden. Sie hat bernsteinfarbene Augen, das gefällt dem Mann und ihr gefällt, dass es ihm auffällt. Eh sie nach Emden fahren, um den Trompeter zu treffen, zeigt sie ihm die Stadt. Und da staunt der Mann, dass sie so schön ist.

















 

 

 

 

 

 

 

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