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Lelystad

Besuchten auf unserer kleinen Reise auch Lelystad Wir dachten, es müsse interessant sein, eine Stadt zu sehen, die kaum älter als dreißig Jahre ist. Damals in Brasilien trieb mich nichts in Niemeyers neue Hauptstadt, die so atemberaubend sein soll. Ich war so müde von einjähriger Reise, dass ich mir nicht einmal mehr das Wahrzeichen Rios anschaute.
Am Donnerstagmorgen letzter Woche jedoch wollte ich alles sehen, alles am Wege, falls möglich.
Das gepolderte Land, die gepflanzten Wälder mit schnellem Holz, die Kanäle, den Dunst.
Lelystad also: weiträumig mit Avenuen für Automobile und Nachbarschaften auf plattem Land ringsum. Entwässerungsgräben, Kanäle, dem Zentrum sich nähernd, das sich mit Rathaus, Rathausplatz, Einkaufszentrum und Bahnhof ausweist. Mit Parkplatz vor kleinem See, einer Poliklinik, einer Fußgängerbrücke über von Entengrütze und Seerosen grün-gelben Wasserfläche.
Um den Besucher dann gleich darauf aufmerksam zu machen, was der Mensch in der Stadt tut.
Wenn er damit fertig ist, wenn er Dinge gekauft hat, von denen er nicht einmal wusste, dass er sie je brauchen könnte, darf er ausruhen und einen Kaffee trinken. Darf sich umschauen, hochschauen und sich fragen, wer wohl dieser Mann sein könnte, auf haushoher Säule stehend gen Westen blickend.
Herr Lely?
Ich spreche eine Passantin an. Sie weiß nicht. Ob es denn Herr Lely sein könne, frage ich weiter. Oh ja, das könne sein. Er ist es tatsächlich. Ein niederländischer Ingenieur, der maßgeblich an der Trockenlegung der Zuiderzee beteiligt war. Ich erinnere mich an eine Schulreise zu einem Polderprojekt in der Region. 1962 vielleicht: ich erinnere mich an große Spülrohre, durch die Wasser gepumpt wurde. Ich erinnere mich an riesige Baumaschinen. Ich erinnere mich an mein Staunen.
Die Holländer machen aus Meer Land. Da sind sie Meister. Landschaftsbauer. Gestalter. Nichts ist Natur. Alles ist Menschenwerk. Wir verlassen die Stadt über den Deich. Große Starenschwärme flecken den Himmel in diese und jene Richtung. Während Lelystad im Dunst verschwindet, fragen wir uns, wer die Richtung angibt, wenn so viele Vögel als Wolke über den Himmel jagen. Freuen uns, dass wir uns die Mühe gemacht haben, Lelystad zu sehen. Und denken ans Meer, das vor uns liegt. Und danken den Göttern, dass sie uns schützen.

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