März 2013                                        www.hermann-mensing.de          

mensing literatur
 

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Fr 1.03.13 11:16

Das ist mir nun doch zu viel. Da hat man ein gutes Jahr, hat mit Hochfrequenzhandel und Derivaten endlich mal wieder mehr als 10 Millionen verdient, da kommen die europäischen Aufsichtsbehörden und wollen mir Boni streichen, also nicht streichen, gut, nur beschränken. Beschränken hieße, dass meine Boni nicht höher als mein Jahreseinkommen ausfallen dürfen, und das ist natürlich eine Sauerei.

14:14

Als ich gestern in meinem weißen Hubschrauber nach Castel Gandolfo flog, war mir das Herz plötzlich leicht. Der Affentanz lag hinter mir. Acht lange Jahre hatte ich Männerintrigen ertragen. Während unsere Banken in Mord, Totschlag, Prostitution, Menschenhandel investierten, hatte ich nichts als Klagen und Jammern meines Personals in den Ohren. Unter mir Bella Italia, zu meinem Schutz ein paar Hubschrauber der italienischen Luftwaffe, zu Hause aber, in meinem temporären Domizil, vier Haushälterinnen und meine Hausbar. Statt der roten Schuhe würde ich am Abend die weißen handgemachten ausziehen, mich auf mein Sofa legen, einen gehörigen Schluck trinken und ein bisschen mit meinem Bruder chatten. Dann vielleicht noch ein kleiner Ausflug ins Buch der Bücher, aber danach ratzfatz ins Bett.


Sa 2.03.13 21:10

Der jüngste Enkel steht auf dem Sofa. Der ältere sitzt sich auf der Rückenlehne und wartet fiebernd darauf, dass ich ihn mit einem der Kissen herunter werfe. Das findet er großartig. Der jüngste Enkel schaut zu, während sein Bruder von der Lehne aufs Sofa fällt. Dann rollt der sich vom Sofa und geht sein Müllauto holen. Währenddessen fällt der jüngste Enkel kopfüber vom Sofa. Es rummst, als er aufschlägt. Er rollt ab, er weint, ich hebe ihn hoch, in Sorge natürlich, kopfüber vom Sofa zu fallen ist keine Kleinigkeit, ich beobachte ihn, er weint einen Moment, dann ist es vorüber und er scheint wieder der Alte. Sein Bruder hat sich derweil den Finger an der Klappe seines Müllautos geklemmt und stimmt ein Geheul an, als sei er schwer verletzt.


So 3.03.13 17:03

Eine Geburtstagmenü ist geplant, der Sonntag hängt nutzlos, ich habe zu lang in der Badewanne gelegen und will heute nichts mehr.


Mo 4.03.13
9:52

Man glaubt kaum, dass es noch so etwas gibt. Schon gestern abend kündigte sich das an. Man war verunsichert. Eine Umweltkatastrophe? Ungeschützt vor kosmischer Strahlung, ob das gesund ist? Man wusste es nicht, vergrub sich im Bett und betete still. Heute früh dann das erste Signal. Die Sonne scheint ungefiltert durchs Schlafzimmerfenster. Man rennt hinaus auf den Balkon. Man wägt ab, welche Sonnenschutzcreme dieses Desaster abfiltern kann. Da gibt es nichts, denkt man. Da ist Hopfen und Malz verloren, das ist brutale Natur, dann geht man lieber nicht hinaus, nachher kriegt man Hautkrebs davon, das will man nicht, da macht man lieber Hausputz, das ist zwar auch ungesund, aber nicht so ungesund wie kosmische Strahlung.

16:48

Dieses Licht ist grausam. Es fördert jedes Staubkorn zutage. Kaum aber ist eine Ecke geputzt, wirkt die nächste um so verstaubter. Alle Lappen, alle im Haus vorrätigen Putz- und Bleichmittel kommen zum Einsatz, es ist ein Kampf ionischer und anionischer Tenside, im Klo mag man gar nicht darüber nachdenken, dass man die Lösung, die man hineinschüttet, mit ein wenig chemischem Verstand in einen veritablen Sprengsatz umbauen könnte, das denkt man lieber nicht. Stattdessen kriecht man von einer in die andere Ecke und hat, als alles sauber scheint, zum wiederholten Mal das Problem mit dem Staubsaugerbeutel, der sich nicht einpassen lassen will in den viel zu klein gerateten Stauraum des Staubsaugergehäuses, so dass alles daneben geht und man schließlich da steht wie ein Müllmann nach einem harten Tag. Zum Glück gibt es Duschen. Schön als solchen Tagen ist die Abwesenheit störender Gedanken. Man hat einfach Besseres zu tun.

19:30

Man liegt herum und sagt: frühjahrmüde. Aber man freut sich auf morgen, denn morgen wird eingekauft. Was aus dem Einkauf wird, wird einem zum Geburtstag geschenkt, und ein paar Wenige dürfen kommen und mitessen. Das wird lecker. Und ein Spaß wird es auch, denke ich.


Di 5.03.13 12:45

Heute durch den Verkauf einer Christo Litographie und einer Sonja Delaunay Keramik das Soll meines Dispos ausgeglichen. Das passt zum Wetter. Ich werde mich jetzt aufs Rad setzen und hinaus fahren. Der Roman soll warten. Ich weiß ja, wie er weiter geht.


Do 7.03.13 18:56

Wegen Nachhalls der Geburtstagsfeierlichkeiten bleibt dieses Geschäft vorübergehend geschlossen.

22:02

Ein kurzer Nachtrag dennoch. Als ich gestern nach Mittag auf dem Balkon in der Sonne saß, flatterte ein Zitronenfalter vorüber. Das ist immer ein Ereignis, das mich in Staunen versetzt. Gerade, ich war schon mit einem Bein im Bett, hörte ich Kraniche. Auch das ist so ein Ereignis. Die Dinge schreiten ohne mein Zutun voran, mir bleibt nichts, als mich in Demut zu verbeugen.


Fr 8.03.13 9:35

Nun ist es gekommen, wie nicht anders zu erwarten, wenn man eingeborener Westfale ist. Nach einem langen, düsteren Winter hat man den Frühlingsschub bekommen, hat ihn genutzt, um die Wohnung auf Vordermann zu bringen, hat seinem Herzen Flügel verliehen, hat gelobt und gepriesen, gefeiert und gut gegessen, hat umarmt und geherzt, weil man es ja längst wusste, zwei Tage nur hat es gebraucht, schon ist alles wieder wie immer: grauer, niedriger Himmel, hohe Luftfeuchtigkeit, keine Aussicht. Dem kann man nur mit brutalster Disziplin die Stirn bieten, sonst wäre man vor Verzweiflung schon tot. Also, meine Damen und Herren, wenn auch Sie sich fragen, wie Sie diesem Mausgrau entgehen können, tun Sie einfach, was Sie am liebsten tun. Ich werde arbeiten.

18:20

Schlappe zwei Seiten heute. Kaum hat man sich eingedacht und angefangen zu schreiben, ist auch schon Zeit, einzukaufen und Essen vorzubereiten. Man kommt zu nichts.


Sa 9.03.13 21:48

Oh my God, oh my God sagt jemand im Fernsehen nebenan, die Tageszeitung liegt großräumig am Boden, draußen macht die Stadt Nachtgeräusche, ein verregneter Tag geht zu Ende. Ich habe ein wenig Geburtstag gefeiert, ein Kapitel beendet, habe viel Kuchen gegessen und Pasta mit Pesto, bisschen Wein getrunken und sehn' mich nach tiefem Schlaf.


So 10.03.13 12:44

Schlaf ist ein merkwürdiger Freund. Ich war todmüde gestern, trotzdem hat er mir die kalte Schulter gezeigt. Als er mich dann doch eingelassen hat, hat er das wohl nur getan, um mich in diesen seltsamen Traum zu führen, in dem ich auf einem Rad in einer möglicherweise südenglischen Landschaft unterwegs war. Die Straße war schmal, links und rechts diese Hecken, hügelan und hügelab, was ja nicht weiter bedrohlich ist, wäre da nicht jemand hinter mir gewesen, von dem ich glaubte, dass er mich jagt. Aber mit Sicherheit hätte ich das nicht sagen können. Mit Sicherheit hätte ich gar nichts sagen können, ich weiß nur, dass ich gegen halb drei hellwach war, dass mein Herz sehr schnell schlug, ich war also tatsächlich Rad gefahren, ich hatte ihn abgehängt, indem ich quer über eine Wiese abkürzte, aber abgeschüttelt hatte ich ihn nicht.

Was macht man nach so einem Traum? Steht auf, sitzt eine Weile ratlos am Tisch, kriecht wieder ins Bett, schläft dann tatsächlich, wacht gegen halb neun auf und sieht dieses Schneeschlamassel. Schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, aber dann denkt man, gut, die folgende Woche gehe ich sowieso in mich, da lasse ich niemanden in meine Nähe, da zählt nichts als die Arbeit an meinem Roman, der einzige Raum, in dem ich mich halbwegs sicher fühle. Ich verabschiede mich also, ich gehe in mein Kloster. Am Schönsten wäre es, wenn mir jemand die Mahlzeiten durch eine Klappe reicht, aber so komfortabel hab ich es nicht. Trotzdem, ich freue mich sehr. Ungestörte Ruhe ist ein großer Luxus, und den leiste ich mir.

19:47

Korrektur gelesen und vieles gefunden, was zu ändern ist. Freue mich auf die Arbeit.

20:54

Erste Korrekturen angegangen und festgestellt, dass ich einige Passagen der ausgedruckten Version, die ich ändern wollte, in der letzten digitalen Version längst korrigiert hatte. Das beruhigt, zeigt es doch, dass ich weiß, was ich will.


Mo 11.03.13 8:43

Dass der Frühling in diesen Breitengraden auf sich warten lässt, ist nichts Neues, dass aber bis dahin kaum einmal die Sonne scheint, drückt doch sehr aufs Gemüt. Aus dem Fenster zu schauen, bringt nichts. Es schneit, es ist grau, Autos fahren. Ich werde mich gegen das Wetter stemmen und versuchen, meine Arbeit voran zu bringen.

21:29

Habe den Tag damit verbracht, eine Figur des Romans von Grund auf neu zu schreiben. Die Idee kam mir vorgestern. Als sie sich auswuchs, befürchtete ich, nach so einer Änderung könne die Geschichte zusammen brechen, aber das hat sich nicht bewahrheitet. Schufte jetzt noch bis Mitternacht, dann ist wieder Raum, die Geschichte voran zu treiben. Ich grüße die Leserin mit den irrtümlich gebleichten Haaren und hoffe, dass sie ihr Problem heute ebenso erledigt hat wie ich meines.


Di 12.03.13
13:02

Immer wieder schön, wenn ein Programm versagt. Diesmal war es das T-Online 6.0 E-Mail-Paket, das plötzlich meldete, es funktioniere nicht mehr. Ja witzig, denkt man, du Arschpfeife, was ist denn, wir haben doch nichts Schlimmes getan, wir wollten nur eine E-Mail schicken, und nun? Runter vom Rechner, den ganzen digitalen Scheiß auf den Müll und neu installiert, aha, siehe, da ist es ja, doch dann kurzfristige Krise, weil ich schon wieder vergessen hatte, wie ich die gesicherten alten Daten, Adressen etc. importiert bekomme, das System verunsichert mich zusätzlich mit Fragen, aber dann geht's und nun scheint alles wieder okay. Alles Scheiße deine Emma.

15:31

Vorhin wollte ich meinen Roman in überarbeiteter Fassung ausdrucken. Er ist zwar noch nicht fertig, aber auf Papier liest es sich immer besser. Der örtliche Händler hatte gestern vierzig 40 Euro für eine Druckerpatrone verlangt. Ich wusste, dass das nicht stimmen konnte. Im Internet hatte ich sie für knapp 15 gesehen. Vielleicht finde ich sie im Einkaufszentrum, dachte ich. Dazu nahm ich das Auto. Mit dem Rad war's mir zu kalt. Das Auto wollte nicht aufgehen, das Schloss war vereist. Ich prokelte also und prokelte, bis die Tür entriegelt war und ich losfahren konnte. Drei Kilometer, dann rein ins Konsumparadies und quer durch die Billigtextilien zur Technikabteilung. Patrone gesucht, Patrone gefunden, gekauft und nach Hause gefahren, Patrone eingesetzt.

Scheiße, passt nicht, muss aber passen, was nur bedeuten kann: ich bin zu blöd.

Aha, anders herum, also gut, rein damit, klick. Jetzt sitzt sie fest und soll drucken! Aber die Sau druckt nicht. Sie schmiert nicht mal. Das Blatt bleibt weiß. Auf einem Beipackzettel steht, in so einem Falle solle ich sie über ein flusenfreies Tuch reiben, damit die feinen Drüsen aktiv werden. Also treib ich die Sau über ein feuchtes Tempo. Eh sie fehlerfrei druckt, vergeude ich fast dreißig Seiten und ich bin zum zweiten Mal kurz davor, in die Luft zu gehen. Heute stimmt etwas nicht.


Mi 13.03.13 9:42

Es hat dann doch noch geklappt mit dem Ausdruck. 152 Seiten sind jetzt es wieder, nachdem es schon einmal 157 waren, aber beim Korrigieren ist immer Schwund, manchmal muss man sich von Passagen verabschieden, die, obwohl sie einem gefallen, den Fortgang verschleppen, und das soll ja nicht sein, der Roman soll schnell sein und messerscharf, da soll jedes Wort sitzen und Sinn haben und die Geschichte voran treiben. Deshalb habe ich heute Urlaub. Morgen lese ich in zwei Mal in Werne.

10:26

Urlaubsanfang. Ein strahlender Tag. Ich gehe spazieren


Do 14.03.13 17:05

Das ist komisch, denkt man, während man träumt. Man weiß, dass man träumt, und träumt von einem gläsernen Zimmer mit einer Frau. Ringsum gehen Menschen, aber die Frau sagt, dass niemand hineinschauen könne, das ist wirklich äußerst merkwürdig, zumal die Frau nichts an hat und man die Frau auch nicht kennt.

Wie man hierher gekommen ist, weiß man nicht, aber man weiß, dass die Frau seltsam schmeckt, ja, sie schmeckt überhaupt nicht gut, sie schmeckt wie jemand, den man, träumt man, vor vielen Jahren einmal gekannt hat, das träumt man und weiß, dass man gleich aufwachen wird und sich verwundert fragt, wie man gleichzeitig einen erotischen Traum träumen kann mit jemandem, den man nicht kennt, das fragt man sich, aber man ist noch nicht aufgewacht, der Traum ist noch weiter gegangen, man hat sich alles genau angeschaut an der Frau, aber das hat man vergessen, nachdem man aufgewacht ist, denn als man schließlich aufwacht, hat man zu tun.

Man muss sich waschen, die Zähne putzen und anziehen, während der Kaffee schon in der kleinen italienischen Kanne aufsprudelt, und dann sitzt man eine Viertelstunde nach Ende des Traums am Küchentisch, trinkt Kaffee, isst eine Kleinigkeit und fährt los. Man hat die Autobahnraststätte gleich um die Ecke, also fährt man dort illegal auf die A1 und dann eigentlich nur noch geradeaus, bis man ankommt.

Die Schule ist hundert Jahre alt, der Ortskern ist idyllisch, im Lehrerzimmer steht ein Buffett, von dem man sich bedienen darf, jemand hatte Geburtstag. Der Leseraum ist mit Matratzen ausgelegt, das hat man nicht gern, aber nun, es ist nicht zu ändern, zweimal kommen jeweil ca. 20 Drittklässler, denen liest man vor, mit denen hat man gehörig Spaß, aber dieser Traum vom Träumen mit einer Frau, die gar nichts an hatte und nicht gut schmeckte, der hängt einem immer noch nach, und dann weiß man plötzlich, dass man die Frau doch kennt, sie ist eine ehemalige Nachbarin, die man weder attraktiv fand noch sonderlich schätzte und die seit Jahren in komplizierten Verhältnissen irgendwo anders lebt, man weiß nichts Genaues, aber man hat keine Wahl, von der hat man geträumt, und das soll einem jetzt mal jemand erklären.

Nach der Lesung dreht man eine Runde durch den Ort, isst einen Apfelstrudel, wundert sich über den mittelalten Mann, der nach Mittagessen fragt und keine sonderlichen Wünsche hat, ja, sagt er, das nehme ich, und während er sitzt und auf sein Essen wartet, spricht er ständig die Bedienung an: dass der Winter zu lange dauert, dass man ja noch Glück gehabt habe, oder dass es ihm egal sei, er brauche keinen Kandis für seinen Tee.

Schließlich setzt man sich ins Auto, fährt heim und versucht, den Schlaf nachzuholen, denn die vorherige Nacht war nicht nur von diesem Traum geprägt, sondern wieder einmal von Lampenfieber, dass einen immer und immer wieder anfällt und den Schlaf vor Lesungen arg vergrätzt.

Fr. 15.03.13 10:02

Eine Grundkonstante der menschlichen Existenz ist die Krise und nicht, wie so viele glauben, das Glück. Die Krise ist permanent, das Glück flüchtig. Manchmal aber sind Glück und Krise identisch, gestern etwa, als ich vom Supermarkt kam und vor mir eine Frau lief, die ihren gewaltigen Arsch beim Gehen derart schwingen ließ, dass ich einfach hinschauen musste. Auch Männer haben zuweilen gewaltige Ärsche, aber sie wackeln nicht so damit, irgendetwas scheint in der Anatomie weiblicher Wesen anders, möglich, dass sie permanent Signale ausstrahlen in die Welt der Primaten, denn wir werden ja nicht von unserem Bewusstsein gesteuert, sondern von unseren Genen, und die kennen nur ein einziges Ziel: die Erhaltung der Art. Meine Gene haben diese Pflicht längst erfüllt, also sollte man meinen, gewaltige Ärsche gingen mir am Arsch vorbei, aber das stimmt nicht. Ich fordere meine Gene daher auf, endlich Ruhe zu geben.

19:48

Wer glaubt, einen neuen Rechner müsse man nur hochfahren, irrt. Man muss auch Programme aufspielen, und wenn das tut, fällt einem auf, dass man Passwörter benötigt. Irgendwo, weiß man, hatte man sie, und dann sucht man und sucht, und tatsächlich, sie sind noch da. Jetzt beginnt ein interessanter Prozeß. Die Maschine muss sich an den neuen Besitzer gewöhnen. Sie muss begreifen, was er von ihr will. Meine Nuendo-Audiosoftware begriff das nicht. Dann kam von einem Freund eine noch schlechtere Nachricht. Das Programm sei nicht für einen 64bit Rechner ausgelegt. Da gab ich auf und überlegte, Cubase zu kaufen. Kaufen aber benötigt überflüssiges Geld und das habe ich nicht, ich rechne mit jedem Cent. Vorhin aber hatte ich eine Idee. Eine Idee, die sie wieder in Gang gebracht hat. Ich bin zwar dumm, aber offenbar nicht dumm genug. Ab sofort kann ich wieder Lieder singen, die niemand hören will.


Sa 16.03.13 20:18

Da hängt dieses kleine Schwarze, und das will sie natürlich anprobieren. Es ist mit Größe 42 ausgezeichnet, sie hat Größe 40, also nimmt sie es mit und beginnt mit der Anprobe. Ich warte derweil. Dann höre ich, wie sie mich ruft. Ich gehe zu ihr. Sie steht in ihrer Umkleidekabe, das kleine Schwarze sitzt so eng, dass sie es allein nicht mehr ausziehen kann. Ich helfe. Ich zerre an ihr herum und eine Weile befürchten wir, dass ich sie mit einer Schere herausschneiden muss, aber dann klappt es doch. Wir lachen und fragen uns, was die anderen Kunden wohl denken mögen über das, was da in der Umkleidekabine vor sich geht.


So 17.03.13 15:27

Heute wird das Sofa wund gelegen. Morgen muss ich um sechs auf die Autobahn, um nach Mühlhausen zu fahren. Zwischen Start und Ziel liegen mehrere Autobahnkreuze und ein breiter Fluss. Am Ziel lese ich im Liebfrauengymnasium.

20:09

Alle Komplikation seit Erwerb meines neuen Rechners haben mit Dummheit zu tun, insofern ist jede Beschwerde obsolet, dennoch beschwere ich mich. Warum geht es nicht einfacher? Warum kann ein System nicht mit ein paar Klicks so funktionieren, dass ich nicht ständig damit beschäftigt bin. Ich habe die Nase voll, hörst du, System, ich will in Ruhe arbeiten, mehr nicht. Also hör jetzt endlich auf zu zicken.


Mo 18.03.13 15:33

Oh ja, ich war früh genug aufgestanden, ich saß um 5:55 Uhr in meiner Küche, hatte Kaffee, Zeitung und Butterbrot und war um zehn nach sechs unterwegs nach Mühlhausen. Prognostizierte Ankunft: 7:44 Uhr. Mühlhausen liegt hinter den Bergen, bei den sieben Zwergen, musste quasi nur über den Rhein. Da ich die Strecke kenne, hatte ich mein Navi, das mich nur die letzten Meter von der Autobahn bis zum Liebfrauengymnasium führen sollte, einfach auf den Beifahrersitz gelegt, so dass ich nicht registrierte, dass es mich kurz von Haltern vor einem Stau zwischen Gladbeck und Oberhausen warnte.

In Gladbeck warnte es mich noch einmal und schlug vor, ich solle über die B229 fahren. Ich sah die Straße vor mir, ich sah Ampeln und sich rückstauende LKW und PKW und dachte, dann doch lieber rechts ab auf die A2, an Oberhausen und Duisburg vorbei auf die A57 Richtung Venlo und dann irgendwann links Richtung Moers und wieder rechts etc. pp.

Aber die Rechnung ging nicht auf, so dass ich meinen Zielort erst eine dreiviertel Stunde nach vereinbartem Lesungsbeginn um 8:00 erreichte. Kein Problem, man hatte mich unterwegs angerufen, wenngleich ich natürlich im Stau steckend kochte vor Wut und Ungeduld. Übte Atmen, was die Sache ein wenig erleichterte.

Ich habe, das glaubt mir meist niemand, noch nie in einem ernst zu nehmenden Stau gestanden, höchstens mal für eine Viertelstunde bei Stop and Go, aber Stau, nein, so etwas kannte Herr M. bisher nur vom Hörensagen.

So aufgeladen betrat ich die Bibliothek des Gymnasium und da saßen sie schon, Fünftklässler, 60 Jungen und Mädchen. Die mussten das jetzt ausbaden, denen würde ich einheizen, und das gelang. Es gelang mir dreimal hintereinander, so dass ich jetzt platt bin wie eine Flunder und um Bares reicher, das mir das Defizit dieses Monats ausgleicht. Was will der Mensch mehr. Noch dazu ist es heute mild. Man könnte fast schwärmen.

Die interessanteste Frage, die mir ein Junge stellte, lautete, ob jedes Ereignis zu einer Geschichte tauge? Ich sagte und erklärte einschränkend, dass dieses Ereignis natürlich nur Rahmen sein könne, die die zu schreibende Geschichte unterstützt. Der Junge nickte, und ich war stolz, dass mir um 9:25 schon jemand eine so kluge Frage stellt.



20:00

Hallo Herr Mensing,

mit Glucksen lesen mein Sohn und ich gerade Ihre Erlebnisschilderung vom heutigen Tage. F. ist einer der Fünftklässler des Mülhausener Gymnasiums. Und ich darf Ihnen sagen, dass er sich sehr gut unterhalten fühlte. Besonders die musikalischen Einspieler haben ihn beeindruckt. Er lacht noch.


Di 19.03.13 12:12

Hermann Men-Sing, skandalumwitterter Kleinschriftsteller aus Hongkong, hat einen Teil seiner Weinsammlung für 6,2 Millionen Dollar versteigert. Besonders begehrt waren sechs Magnumflaschen der französischen Weinlage Romanée-Conti von 1995, die für 156.695 Dollar einen neuen Besitzer fanden. Die Weinsammlung Men-Sings lagert größtenteils in einem illegal erbauten Keller in seinem Luxusanwesen. Über diesen Verstoß war Men-sing vor seiner Nominierung zum Literaturnobelpreis für Kleinschriftsteller im vergangenen Jahr gestolpert.


Mi 20.03.13 10:19

Ein Charmebolzen, der Franzi-Papst, wie er Kinder herzt und Präsidentinnen auf die Wange küsst, soviel Sex hätte sich Ratzi nie zugestanden, aber die Zeiten sind hart, es gilt, viel zu vertuschen. Wenn demnächst die Sparguthaben einfrieren (das deutsche Großkapital hat sich nach Panama absetzt und die russischen Oligarchen kaufen das Mittelmeer), wenn uns der Arsch richtig auf Grundeis geht, ist so ein herzerwärmender Klaps von Franzis natürlich etwas Feines, damit kann selbst ein Ex-Protestant wie ich leben, Friede Freude Eierkuchen wird er zu Ostern rufen, weil er weiß, dass die Top 100 der Welt ihr Schäfchen auf Kosten der übrigen Milliarden im Trockenen haben. Hach, bin ich glücklich!!!!

20:45

Ein kleiner Dichter muss Eier legen. Nicht der Abnehmer-, sondern des Seelenheils wegen. Wenn dann der Crash eines alten den Kauf eines neuen Laptops erzwingt, obwohl gar kein Geld dafür da ist, wenn dieses neue Maschine dann alle Verkaufsversprechen Lügen straft, bei der Konfiguration bockt, und wenn sich so etwas hinzieht, wächst in einem das elende Gefühl von Machtlosigkeit, und dann kann man nicht legen. Dann treibt einen anderes um. Heute nun habe ich zum ersten Mal seit zwei Wochen arbeiten können. Das tat gut. Morgen werde ich weiter arbeiten. Es geht also (vorsichtige Prognose) aufwärts mit M. Das freut ihn. Schließlich ist bald Ostern.


Fr 22.03.13 11:16

Wäsche gewaschen, Wäsche aufgehängt, die Ergebnisse der letzten zwei Tage Korrektur gelesen, nicht die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen, jetzt noch ein wenig liegen gebliebene Hausarbeit erledigen, heute nachmittag auf den Markt, heute abend Tanzen, das hört sich gut an. Und währenddessen immer wieder den ein oder anderen Gedanken in das nächste Kapitel gesenkt, das sich schon vage abzeichnet. Ich bewege mich auf das Ende zu.

20:15

Mein Sofa steht am Spielfeldrand,
Kasachen bringen Tee,
Herr Löw ist wieder elegant,
auf meinem Tisch liegt Schnee.


Sa 23.03.13 18:39

Müde. Schon seit dem Aufstehen müde. Musste gestern Dauertanzen, war für den Abend sozusagen gebucht.


So 24.03.13 15:43

Bügeln mit Frank Zappa hört sich nach einer schönen Aufgabe an, wenn Sonnenschein Frühling suggeriert, während der Ostwind das Gegenteil um die Ecken pfeift. Ich habe One Size Fits All aufgelegt, eine Platte von 1975. George Duke ist dabei, die Fowler-Geschwister, Napoleon Murphy Brock, Chester Thompson und Johnny Guitar Watson. Bei den Pullovern, die eigentlich mit niederer Temperatur gebügelt werden sollten, modifiziere ich das Motto der Platte: One Temperature Fits All. T-Shirts und Spültüchern rücke ich bei Sofa No.1 zu Leibe. Bei Pyjama People ist die Hälfte geschafft. Bei Florentine Pogen mache ich mich an Sweatshirts. Bei Sofa No.2 ist alles fertig. Ich esse Torte. Tagwerk getan. Heute abend sehe ich das United Kingdom Ukelele Orchestra.


Mo 25.03.13 11:46

Acht Instrumentalisten auf der Bühne, davon zwei Frauen, alle mit Ukulele. Aber einer einer der drei, der mich eingeladen hat, weiß plötzlich nicht mehr, ob das Ukelele Orchester, das er vor einer Weile gesehen hat, dasselbe ist, das nun da vorne sitzt. Er erkennt nämlich niemanden wieder. In der Pause verstärkt sich dieser Verdacht.

Das United Kingdom Ukuele Orchestra spielt wunderbare Lieder und mischt dabei den ein oder anderen tief gestapelten britischen Scherz unters Volk, die Musiker können auch wunderschön singen, das alles steht außer Frage, aber der Verdacht, dass hier ein Konkurrenzunternehmen unter anderem Namen den Rahm abschöpft, den ursprünglich das Ukelele Orchestra of Great Britain geschlagen hat, will nicht weichen.

Wie gesagt, es gibt nichts zu meckern an diesem Orchester, höchstens an diesem Publikum, schwer zu animierendes, westfälisches Kaltblut, das grundsätzlich auf der Eins klatscht, wenn es mitklascht. Zum Schluss gab es standing ovations, aber ich hätte nie im Leben 32 Euro dafür ausgegeben. Dann doch lieber 100 für Rammstein.

 

Di 26.03.13 9:33

Hurtig, hurtiger Herr Mann, schreibe ein neues Kapitel herrlicher Prosa von düsterstem Mord. Harre nicht länger
vor leerem Papier. Hau weg den Scheiß, bis um vier muss das ferrtich. Lass kein Weib Verwirrendes in deine Gehörrgänge flöten, Weiberrr wollen umhimmelt sein, sonst Alarrrrm. Also. Herrliche Welt. Wunderbarer Sonnenschein bei arrrktischem Frotz. Frrrühling quasi Hilfsausdrruck. Jawoll.


Mi 27.03.13
8:59

Mit ein wenig Fantasie (die, wie Sie wissen, weiblich ist) strahlt berauschender Frühling durchs Fenster. Da war alles Fensterputzen umsonst,
die Streifen sind noch da, der Staub ist zurück, Illusionen hängen in Spinnweben und können nun auch nicht mehr helfen. Ich habe die Nase voll. Ich reagiere nicht mehr auf Minusgrade, ich ziehe mich warm an, ich setze mich aufs Rad, ich riskiere Erfrierungen in meinen vitalsten Regionen, Hauptsache frei. Einsam und frei, das ist ein Zustand, mit dem ich mich auskenne. Ich bin noch immer erschüttert, ich war mutig und feige, aber was tut man nicht alles für seine empfindsame, kleine, unerklärliche Seele. Alles ist schön und grausam, heute abend gehe ich Tanzen, morgen treffe ich mich mit den alten Männern und mache Musik. Den Rest verstehen nur Götter.

18:30

Das mit den alten Männern ist leider vertagt. Unser Probenraum auf dem Land ist im Augenblick trotz des großen Ofens, der darin steht, nicht warm zu kriegen. Das mit dem Radfahren habe ich vertagt. Der Wind war mir zu scharf. Aber ich habe den Tag genutzt, nähere mich Seite 180 und fühle mich fit.


Do 28.03.13 11:12

Kaum einen Tanz ausgelassen, Schweiß vergossen, vom Drogentherapeuten als coole Sau apostrophiert worden, was will ein alter Sack mehr. Er will nur in Ruhe seine Tage vertrödeln und Romane schreiben, mehr nicht. Also, an die Arbeit.

22:26

Ein etwas herunter gekommenes Paar, Mitte Fünzig, kugelrund. In ihrem Einkaufswagen liegen 6 Flaschen Wodka, vier Tafeln Erdbeer-Joghurette, ein Paket Duplo, ein großes Weißbrot. Beide sprachen Russisch. Ich kann sie nicht mehr sehn, diese Russen. Es muss doch auch andere geben. Aber nein, wo immer ich sie treffe, sehen sie aus wie Kartoffeln und benehmen sich auch so. Wahrscheinlich liegt das am Ariernachweis, den sie dank ihres deutschen Schäferhundes problemlos erbringen konnten, um dreihundert Jahre nach ihrer Migration ins Land der Zarin in die Heimat zurück zu kehren. Das haben sie jetzt davon.


Fr 29.03.13 13:37

Leise rieselt der Schnee,
still und starr liegt der See,
österlich glänzet der Wald,
freue dich, Ostern wird kalt.


16:56

Der Bus fährt stadtwärts, es ist grau, ich hocke im Schneidersitz und habe zwei Seiten geschrieben. Gleich koche ich, den Abend vertrödle ich. Vielleicht höre ich mir ein Hörspiel an. Seit der neue Rechner im Hause ist, habe ich RSS Feeds in die Favoritenliste geladen. Feeds vom Deutschlandradio, Bayern und WDR, Hörspiele, Kultur, was immer mich interessierte, aber wenn ich die Feeds anklickte, stürzte Firefox ab. Manchmal zwei, drei, viermal hintereinander, bis er dann doch funktionierte. Nervig war das.

Ich habe Firefox de- und neu installiert, habe es in seinen Ausgangszustand zurückgesetzt, Add-Ons und Plugins aktiviert und deaktiviert, nichts hat geholfen. Der Verdacht, an einen Montagsrechner geraten zu sein, wurde lauter. Gestern sprach ich mit jemandem, der mir von ähnlichen Problemen erzählte, den Internet Explorer installierte und seitdem keine Probleme mehr hat. Das habe ich heute früh auch getan. Seitdem läuft das System stabil. Natürlich weiß ich um den Spott der Nerds, aber die können mich mal.

19:44

Mächtiger Fortschritt in jeder Beziehung.
Und für Sie hier ein kleiner Hinweis: man sagt: Hilfsausdruck.
Scheiße hoch drei quasi Hilfsausdruck.
Oder: Liebe quasi Hilfsausdruck.
Aber wie wir alle wissen, stirbt die Hoffnung (quasi Hilfsausdruck) zuletzt.
Mehr dazu bei Wolf Haas.

22:06

O ja.
Nein.
Ich glaube nicht.
Oder?
Na mal sehn.

Sa. 30.03.13 14:38

Ich dachte, da schnüren Füchse über das Feld, aber es waren Attrappen. Da die Tiere, denen der Fuchs gefährlich werden kann, nicht dumm sind, werden sie längst bemerkt haben, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Ich sah insgesamt vier auf dem Hinweg. Auf dem Rückweg sah ich sieben Rehe, aber die waren echt.

Und jetzt?
Mittagsschlaf? Ostereinkäufe?

Man weiß es nicht. Man bibbert noch. Radfahren Ostern 2013 ist kein Vergnügen, aber richtig ärgerlich wird es, wenn man an leichten Steigungen von älteren Menschen überholt und abgehängt wird. Westfälische Rentner sind zunehmend auf Elektrofahrrädern unterwegs, gründen Banden, ziehen sich Kutten an und terrorisieren harmlose Radler wie mich. Dagegen muss etwas unternommen werden. Vielleicht sollte man sie abschießen, das entspannt die Rentenkassen.


So 31.03.13
1:20

Ein Osterwunder ist es nicht, aber seit ich vor etwa vier Stunden Mozilla Firefox 19.0.2. installiert habe, funktionieren die RSS-Feeds. Ich verabschiedete mich vom Internet Explorer, den ich installierte, weil die Instabilität des Firefox mich verrückt gemacht hatte. Wenn ich will, kann ich nun wochenlang unabhängig von Tageszeiten Features, Hörspiele oder Dokumentationen hören. Feine Sache.

Ich habe getanzt, jetzt geht es ins Bett. Frohe Ostern.


15:54

Die alte Dame war guter Laune und erinnerte sich, woher sie kommt. Ich versprach, demnächst mit ihr und ihrer Tochter dorthin zu fahren. Das freute sie sehr. Wüsste ich nicht, dass sie an Alzheimer leidet, heute hätte ich es nicht bemerkt.

17:11

Das Frikassee ist angesetzt, das Fleisch ist fest, die Sauce hat einen leicht zitronigen Geschmack, dazu reichen wir Reis und lassen Ostern verstreichen.

21:42

Dass junge Männer so Recht haben, ist erstaunlich. Ich war auch einmal so.

22:12

da hackt ein mann ein dickes ei,
die dotter fließt heraus,
er hat sehr großen spaß dabei,
doch nun ist alles aus.

das ei kaputt, die dotter fort,
das eiweiß in gibraltar,
jetzt hackt er anderes vor ort,
und denkt nicht mehr ans alter.

 





 

 

 



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