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mensing literatur 

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zum letzten eintrag


Do 1.05.25 20:26 warmer Sommertag

ist alles gut
ja gut
und sonst
geht auch ja ja
ganz schön
die frau
ach die ja auch
die kinder
ja
die seh ich
manchmal
und die rente
ich komme rum
und selbst
dem wird das leben unerträglich
es kotzt es will
dass alles anders wird
dass endlich was passiert
was denn
das weiß es nicht


Sa 3.05.25 12:13 deutlich kühler

Ich weiß noch nicht, wie das weitergeht. Erst einmal gemäßigtes Schweigen.

22:38

wir müssen schreiben
schreiben müssen wir
über dinge die geschehen
geschehen sind geschehen werden
schreiben über den tag
mit anselm kiefer
über all das
was vergessen wird
wenn man es nicht aufschreibt
darüber müssen wir schreiben
während wir schweigen
und schwören nie wieder zu schreiben
nie mehr rufen wir hört ihr
lachen müssen wir
über unsere dreisten lügen
unsere zugehörigkeit zur kirche
der einsamen
über das bekleckerte hemd
über die frauen an unserer seite
lachen über den letzten atemzug
nichts darf unerwähnt bleiben


So 4.05.25 10:55 kühl

was bleibt
gibt es nicht
was es nicht gibt
sorgt niemanden
was es gibt
sorgt noch mehr
es gibt nichts
was nicht sorgt


11:08

Gestern: fadenscheinige, zahllose parallel ziehende zarte Wolkenfäden, die langsam nach Nordwesten drifteten und sich in größeren Wolken auflösten.

12:38

nach einer Stunde am Klavier:

was bleibt
gibt es nicht
was es nicht gibt
sorgt niemanden
es gibt nichts
was nicht sorgt
nur das leben ist schön

20:16

Auf dem Sofa fielen mir deeskalierende Worte ein, ich sagte sie und hinterließ Eindruck. Nach love raises it's ugly head jetzt Hoffnungsschimmer.


Mo 5.05.25 23:12 kühler Tag

Gelesen, Klavier gespielt, gelesen. Gestern kurz bei den Enkeln. Heute blind nach den Tagebüchern gegriffen und im Jahr 93/94 gelandet. Ich habe knapp vierzig Tagebücher voller Geschichten, die ich noch schreiben kann, wenn ich will, falls ich will. Zunächst aber weiterhin Pause. Große Pause, sicher über den Sommer. Ich muss Frauen auf Zebrastreifen liegen lassen. Ein Glück, dass ich eine Bibliothek habe. Heute lese ich Sodom Berlin, ein Roman von Yvan Goll über das Leben im Berlin der Zwanziger Jahre. Alles steht auf dem Kopf. Alle dürsten nach Klarheit. Nach dem Erlöser, der sagt, was zu tun ist. Morgen kommt die Miles Davis Autobiografie, auf die ich mich freue. Und abends ist Tango.


Di 6.05.25 16:52 kühl

Hubert Fichtes "Versuch über die Pubertät" hat mich bis jetzt durch den Tag gebracht und bewirkt, dass ich den Prolog zu Frauen auf Zebrastreifen umgeschrieben habe. Guter Dinge. Allerdings ist es zu frisch.


Mi 7.05.25 20:52 etwas milder sonnig

Auf dem Markt, mit der Schwester Kaffee getrunken, Spargel gekauft, Matjes gegessen, T-Shirt gekauft, heimgefahren. Miles Davis Autobiografie ist gekommen. Hank getroffen. Uns verbinden 50 Jahre sporadische Treffen und jedes Mal freuen wir uns.


Fr 9.05.25 23:15 sonniger Tag

Tanzen gehen, dies tun, das Klavier kennenlernen, das tun, ansonsten viel Schweigen bei guter Luft und prächtigstem Grün.


So 11.05.25 19:09 sonnig

Der alte Markt in Enschede war illuminiert, die Cafés berstend voll, man hätte glauben können, im Süden zu sein. Tanzte Tango im de Tor, ein Jazzclub, in dem ich mit der Band, in der ich Percussionist war, vor 50 Jahren häufiger gespielt hatte. Fingerfood war im Preis, aber da ich die Holländer und ihren sprichwörtlichen Geiz kenne, war ich nicht verwundert, dass es außer ein drei Ecken Käse, einer geschnittenen Gurke, hellen und roten Weintrauben, kleinen zähen Cocktailwürstchen und einem aufgeschnittenen Baguette nichts weiter gab. Tanzte mit G. aus Belgien, eine zappelige Frau, mit L. eine Frau nicht ganz meines Alters, eine hervorragende Tänzerin und mit Mavis, eine Englisch sprechende Türkin. Auch sie tanzte gut. Nahm um halb elf den Zug nach Hause. Heute früh lange im Garten gesessen und die Miles Davis Autobiografie gelesen. Bin fast durch. Als nächstes wartet Hubert Fichte mit Die Palette. Wer nicht schreibt, kann immerhin lesen. Vorhin im El Beso noch ein wenig Tango getanzt. Morgen machen die alten Männer Musik, Dienstag ist Tango, Mittwoch Salsa, Donnerstag unterschreibe ich meinen Vertrag für den nächsten Roman, Freitag schaue ich mir Judith Hill im Jovel an. Wer nicht schreibt, muss sich die Zeit vertreiben. Aber immerhin habe ich jetzt ein paar Sätze notiert. Alles, was nicht aufgeschrieben wird, wird vergessen.

23:10

Bei Miles las ich, dass er Cameo gut fand, einmal hat er sogar mit ihnen gespielt, und da man im Internet alles findet, verbrachte ich den Abend mit Live-Auftritten von Cameo. So eine Kapelle würde ich gern mal wieder sehen. Der Schlagzeuger ist ein Wunder.

Mo 12.05.25 12:34 sonnig und windig

als erstes lasse ich
die präsidenten im regen stehen
bis sie wasserleichen gleichen
dann werf sie den krokodilen vor


23:17

Die alten Männer sind tot.


Di 13.05.25 15:40 sonnig, windig

Der Bauer auf seinem 150tsd Euro Trecker plus Egge hat kaum die erste Bahn seines Feldes am Stodtbrockweg geeggt, als der erste Storch einfliegt. Eine Viertelstunde später sind es sechzehn, dann kommt noch einer. Ich beobachte das nicht zum ersten Mal. Jedes Mal frage ich mich, wie die Störche so schnell bemerken, dass irgendwo im Kreis geeggt, noch besser gepflügt wird. Klappern sie sich's zu. Gibt es einen Aufklärungsflieger, der in großer Höhe kreist? Morgens losgeschickt, die Thermik genutzt, aha, da unten. Fliegt er dann zurück zu den andern? Ich weiß es nicht, aber ich empfinde immer helle Freude, wenn ich so viele Störche sehe. Als Kind habe ich nie einen gesehen. Ist also doch nicht alles verloren?


17:01

ich kann am horizont
die fahnen sehen
ich habe es versucht
steht drauf
ich muss noch viele kilometer gehen
und habe alles was ich brauch
wenn du es auch willst
bitte sehr
ich geb es liebend gerne her
denn dieser horizont
läuft vor mir weg
ich renne
komme aber nicht vom fleck
also wie es ist
rennst du mit
dann rennen wir zusammen
machen guten schnitt
und sind am ende
von dem höllenritt
den man gemeinhin leben nennt
erschöpft und eins
und nicht getrennt

22:20

Notiz: das Paar im Auto am stillen Ort. Sie isst Marschmallows. Kleine Geschichte. Morgen.


Mi 14.05.25 17:14 sonnig

auch wieder nicht gut
dass jetzt ständig die sonne scheint
wo bleibt der westfälische regen
der im mai dschungel schafft
morgen also das gespräch

20:33

Was er sich wohl gedacht hat, als er mit seinem Corsa an der Baumschule vorbei rechts über die Autobahnbrücke fuhr und am Ende der Allee links abbog. Wenn er von hier ist, muss er gewusst haben, dass es da unten nicht weitergeht. Er parkt unten. Rechts gehts runter zur Aa, da kann er nicht hin, das ist ein Radweg. Felder, Hochspannungsmasten, der Lärmschutzwall der Autobahn. Er sitzt am Steuer, sie neben ihm. Was sie sich wohl gedacht hat, als sie einwilligte, mit ihm dorthin zu fahren? Sie fingert ein Marschmallows aus einer spitzen großen Tüte. Ob sie Musik hören? Welche? Ob beide dasselbe denken? Ist es nicht noch viel zu hell? Und ist der Wagen nicht viel zu eng? Oder wollen sie nur den Sonnenuntergang hinter den Hochspannungsmasten genießen? Dafür gäbe es bessere Plätze. Warum also sind sie hergefahren? Seit wann kennen sie sich? Sie reden, um die Spannung ertragen zu können. Sie weiß, was er will. Ist es schon ein Eingeständnis, dass sie mit ihm hier ist? Hat er ein Recht, etwas zu erwarten? Sie weiß es nicht? Er auch nicht. Einmal hat er ihre Schulter berührt, als sie gesagt hat, dass sie eigentlich heute mit Barbara joggen wollte. Ungesund, hat er gesagt und die Hand wieder zurückgezogen. Er hat nicht den blassesten Schimmer, wozu sie hier sind. Wozu sie hier sein sollten, weiß er, aber dass sie tatsächlich hier sind, macht ihn nervös. Er weiß auch nichts zu erzählen. Was interessiert sie denn? Seine Arbeit? Die interessiert ja nicht mal ihn selbst. Soll er ihr erzählen, wie er sich letztens ein neues Tatoo hat stechen lassen? Ein Radfahrer kommt vorbei. Noch einer. Das ist einfach kein guter Platz, denkt er. Aber in seine Wohnung wollte sie nicht. Da hat er gleich gedacht, au, das wird schwierig. Aber hier kriegt er's auch nicht in die Gänge. Und wenn er's in die Gänge kriegte, wie denn, in einem Corsa? Er schlägt vor, in die Stadt zu fahren, ein zu trinken. Sie wirkt enttäuscht. Also schon wieder falsch. Kann man denn mit Frauen nur alles falsch machen? Ich stürz mich da jetzt drauf, denkt er, aber das denkt er nur, er weiß ja, dass man das nicht tut. Und wenn doch? Wenn sie abwehrt, wird er sofort aufhören. Aber um das zu wissen, müsste er erst einmal anfangen. Er traut sich nicht. Joint rauchen? fragt er. Nö, sagt sie. Sie will nach Hause. Sie sagt, hör mal, bring mich nach Hause. Er nickt, wirft den Motor an, wendet und fährt sie nach Hause.


10:55

Was zieht man an, wenn man zum Verlag fährt? Die schönen Baggypants? Den Rock? Keinen dunklen Anzug. Eher was legeres. Arsch geht auf Grundeis, wenngleich es eigentlich keinen Grund gibt. Ich bin alt. Ich kann jeden Tag abkratzen. Alles, was kommt, ist Bonus. Also. Körperliche Grundreinigung gleich. Stick.

22:18

So könnte mein Roman Das grüne Kleid, der im nächsten Frühjahr erscheint, aussehen.




So 18.05.25 23:19 wechselnd bewölkt

verbringen sie doch eine schöne woche
und schauen weg
es geht
der mehrwert mehrt sich
und den syndicaten geht es prächtig
die lügen werden aufpoliert
und werden wahr die wahrheit
zeigte sich verwirrt
über die neue zeit
die ohne hirn auskommt
das töten machen die maschinen
und die maschinen töten gut


Mo 19.05.25 23:10 überwiegend sonnig

zu trocken natürlich
das ist nicht das klima
das ist das wetter
das richtige wetter
zum fensterputzen

Di 20.05.25 17:00 überwiegend sonnig

Die Küchenzeile zuende geschmiergelt und neu geölt. Die ist aber schön geworden, hat die selten lobende Liebste gesagt. Hach, hat der Mann gedacht, es besteht Hoffnung. Abends Tango getanzt.


Mi 21.05.25 19:28 überwiegend sonnig

Besuch von der Hausverwaltung. Unsere Wohnung und die darüber liegende sind verkauft und sollen grundrenoviert werden. Problem: wir wohnen hier. Es geht um alte Wasserrohre, um die Heizkörper, die Stromleitungen, es geht um das Bad und die Toilette. Am liebsten, das wurde zwar nicht gesagt, ist aber klar, wäre den neuen Besitzern, wir zögen baldmöglichst in eine andere Wohnung. Die geäußerte Aussicht: dabei könne man uns behilflich sein, man werde mal eine Liste zusammenstellen. Die Liebste ist in höchster Aufregung, ich warte ab, da sowieso alles kommt, wie es kommt, würde aber gern hier bleiben. Ich muss keinen Umzug mehr haben. Ich hatte gedacht, ich würde mein Leben hier zuende leben, aber wenn es woanders sein muss (das werden wir uns bezahlen lassen), dann soll es sein. Nach der Renovierung, die noch diesen Sommer beginnen soll, wird die Wohnung natürlich teurer. Mal sehn, wie sich die Dinge entwickeln.

Danach erster Termin für eine Paartherapie bei Pro Familia. Nicht uninteressant, in neutralem, abhörsicheren Rahmen die Dinge zu besprechen, die eine Liebe so kompliziert machen. Ich würde wieder hingehen. Heute war kostenlos. Danach (Warteliste 10 vor uns) nähme man 2% des Einkommens, bei mir wären das 32 Euro. Das ist okay.

Morgen fahren wir meine Aprilia zu U. in Borghorst. Der soll sie sich ansehen und mir raten, ob eine Reparatur noch lohnt, oder es besser wäre, die noch viel schönere Aprilia gleichen Modells in Brackwede zu kaufen.
Die hat erst 5.200 gelaufen, was daran liegt, dass sie dem Opa mal geschenkt worden war. Der hat sie nur alle Jubeljahre gefahren, ist längst tot, und nun will man sie aus der Garage haben. Sie sei in bester Verfassung. Der Besitzer hält schon seit Jahren seinen Oldtimer in Stand, und habe sich auch um die Aprilia gekümmert. Ich gehe also davon aus, dass er weiß, wovon er spricht. Dennoch, ein Motor will bewegt sein. Er altert schneller, wenn er ruht, es besteht also ein Risiko, falls ich sie kaufte. Ich habe vor vierzig Jahr einmal einen Peugeot 304 gekauft, best gepflegt, auch von einem Rentner und knappe 30. 000 auf dem Tacho. Bei der ersten Fahrt hatte er auf der Ijsselbrücke bei Deventer einen Kolbenfresser. Wahrscheinlich war das seine erste längere Fahrt überhaupt und der Motor war so etwas nicht gewohnt.

Ich werde sehen. Heute ist Die Odysee gekommen. Für die nächsten Tage habe ich zu lesen.


Do 22.05.25 16:49

Die alte Aprilia hat keine Kompression mehr, sie kommt als Ersatzteillager in meine Garage. Morgen kaufe ich die neue.


Fr 23.05.25 9:53 sonnig und frisch

Ich lese und lese. Karel Capeks Krieg mit den Molchen habe ich durch. Im Augenblick bin ich im 8 Gesang der Odysee. Odysseus ist auf dem Heimweg. Endlich. Zeus hat Hermes zu der Nymphe Kalypso geschickt. Sie hält Odysseus seit 7 Jahren gefangen. Zeug befiehlt, ihn freizugeben. Aber Hilfe bietet er nicht an. Odysseus kann gehen. Er baut sich ein Floss. Sein Sohn Telemach ist unterdess auf der Suche nach ihm. Penelope wird von Freiern bedrängt. Äußerst spannend das Homersche Griechenland. Gestern abend habe ich die WDR Bigband im Landesmuseum gehört. Stand um kurz vor acht vor dem Eingang, alles war ausverkauft. Ich wartete. Vielleicht, dachte ich, bleiben doch Plätze frei. Um acht kam jemand und sagte, es wären noch drei Plätze frei. Einer davon war für mich. Ich ging hinein. Ich fragte den Mann, der mir den Platz wies, bei wem ich denn nun bezahlen müsse. Er sagte, ach, werfen Sie einfach was in die Spendenbox.

13:26
Im Bus zum Hauptbahnhof. 14:10 Im Zug nach Brackwede. 14:26 planmäßige Ankunft. Unterwegs dunkle Wolken im Überfluss.

21:10

Ich hatte die Aprilia bezahlt, der Besitzer hatte mir den Weg gewiesen. Ich fuhr los. Ich sah, dass mir dunkle Wolken entgegen kamen. Ich erreichte die Gütersloher Straße, und noch eh die Ampel auf Grün sprang, begann es kräftig zu regnen. Zum Glück war eine Tankstelle am Weg. Ich tankte, kaufte mir ein Twix, zog meine Regenhose an und den Reißverschluss meiner Jacke hoch. Ich trug drei Schichten Textil, eine davon Merino, die andern Baumwolle, darüber die Motorradjacke. Ich hatte darüber nachgedacht, Handschuhe mitzunehmen, es aber nicht für nötig gehalten. Als ich nach etwa eineinhalb Stunden zu Hause ankam, war ich bis auf die Knochen durchgefroren. Selbst jetzt spüre ich es noch. Wochenlang war es sonnig und warm. Aber der Roller läuft rund und sieht aus, als käme er direkt aus der Fabrik, dabei ist er zwanzig Jahre alt.

21:25

wir stehen auf der klippe
wir sehen hören und wissen alles
wir hören von hunger und tod
wir sind ratlos
gerettet werden nur die
die was haben
die andern müssen sehen
wo sie bleiben
es ist dunkel wie lange nicht
die retter sind gefährliche scharlatane
dumm wie brot
sie interessiert nur der deal
der ihnen Geld auf die Konten schaufelt
selbst wenn man sie tötete
würde sich nichts ändern


So 25.05.25 14:01 regnerisch, mild

Würde gern mit dem neuen Roller nach Osnabrück fahren, aber die Regenwahrscheinlichkeit ist zu hoch.


Mo 26.05.25 13:17 wechselnd bewölkt, mild

Klickt man die Seite des Straßenverkehrsamtes an, erfährt man, dass man Fahrzeuge nur noch online an/ab oder ummelden kann. Keine schlechte Idee, dachte ich, das erspart unnötiges Hin- und Herfahren, dann aber wurde schnell klar, dass ich, um das Geschäft online abwickeln zu können, zunächst einmal eine Ausweis App downloaden muss, die aber nur funktioniert, wenn man die nötige PIN dazu hat. Die hatte ich nicht. Bei Freunden erfuhr ich, dass es rund um das Straßenverkehrsamt Dienstleister gibt, die das Ummeldeprozedere für mich übernehmen. Da war ich gerade. Nun ist es aber so, dass man das alte und das Kennzeichen des neuen Rollers abgeben muss, und da der Ummeldeprozess dauere, Personalmangel, krankheitsbedingte Ausfälle, könne ich, da beide Nummernschilder beim Amt lägen, für ein paar Tage nicht fahren. Um das zu umgehen, könne ich aber das alte Kennzeichen behalten. Ich fahre nun also eine Bielefelder Nummer. Das Problem mit der nicht funktionierenden Tankanzeige habe ich gelöst. Ich habe den Tankgeber, so ein kleines Röhrchen mit Schwimmer, der beim alten Roller funktionierte, aus- und in den neuen Roller eingebaut. Jetzt funktioniert es. Ich bin ein wenig stolz, denn meine Qualitäten als Mechaniker sind eher beschränkt.


16:34

schöne pallas athene
mächtige göttin
berühr mich mit deinem goldenen stab
verzaubere mich
wie du odyseus verzauberst
penelope vorübergehend die sinne verwirrst
oder ihren dreisten freiern
da ich keinen stress mit poseidon habe
und auch bei zeus nichts gegen mich vorliegt
geb ich dir freie hand
schenk mir den mann zurück
der mich ende 50 schamlos im stich ließ
und seitdem mit blick zur erde verharrt


22:51

 

Di 27. 05.25 15:27 bewölkt, wird noch regnen

ich habe gewonnen
ich habe verloren
und beides ist mir gänzlich egal
ich bin ein seher mit großen ohren
zwischen den schulterblättern hab ich ein mal
wüste kraft und zartes sehnen
weitblick hab ich und bin doch fast blind
ich denke gern und unter uns toren
bin ich das unverstandene kind
so trostlos wie wüste so wüste so süß
so schmerzhaft ich büßte
ich bin ein glückskind
das unglück kennt


17:49

du hast gewonnen
du hast verloren
beides ist dir gänzlich egal
ein seher bist du mit großen ohren
zwischen den schulterblättern hast du ein mal
wüste kraft und zartes sehnen
weitblick hast du und bist doch fast blind
du denkst gern und unter den toren
bist du das unverstandene kind
so trostlos wie wüste so wüste so süß
du bist ein glückskind das unglück kennt

18:27

du hast gewonnen
du hast verloren
beides ist dir gänzlich egal
ein seher bist du mit goldenen ohren
zwischen den schulterblättern hast du ein mal
wüste kraft und zartes sehnen
weitblick hast du und bist doch fast blind
denken kannst du und unter den toren
bist du das unverstandene kind
so trostlos wie wüste so wüste so süß
du bist ein glückskind das unglück kennt


Mi 28.05.25 11:13 bewölkt, es wird regnen

Die Wohnung, in der ich seit 1983 lebe, ist verkauft worden. Nun will man grundsanieren. Und wir sollen, wenn möglich, ausziehen. Man werde uns Wohnungen anbieten, hieß es beim ersten Gespräch vor ein paar Tagen. Heute kam das erste Angebot. Eine 2 Zimmerwohnung mit ca. 69,82 Quadratmetern, Kellerraum, Balkon, TG-Stellplatz. Die Wohnung befindet sich im 1. OG mit Fahrstuhl. Die Kondtitionen lauten: Kaltmiete 975 Euro plus Betriebskostenbvorauszahlung 219, plus Tiefgaragenplatz 90 = 1248 Euro. Meine Rente: knappe 1.6. Kaution 3 Kaltmieten 2952. Hinzu kommen noch die Kosten für Wohnungsstrom sowie die Kosten für ihr privates Internet. Die Einbauküche ist Mietereigentum und müsse wenn möglich, mit übernommen werden.


16:05

Die in den Menschen tobende Gier vermasselt alles. Ich kenne sie gut.

16:06

Die Stadt mit dem Roller ist augenblicklich ein Abenteuer. Alle Ampeln sind rot, Baustellen, lange Schlangen, an denen ich mich, dank der guten Beschleunigung meiner Aprilia, vorbei mogle, wenn der Gegenverkehr es zulässt. Ich bin unterwegs, um drei Dinge zu erledigen. Drei Dinge braucht ein Mann, dem die Investoren die Pistole auf die Brust gesetzt haben. Zunächst Wein bei der Portugiesin. Dann zum Fotogeschäft. Ich will meine Dias digitalisieren lassen. Das wird nicht ganz billig, aber ich wette, dass ich große Freude habe, sie wiederzusehen. Fotos aus Gronau 1973, Fotos aus unserer WG 1974 in Nottuln. Fotos von meinen Reisen. Hunderte. Die junge Frau, die mich bediente, war kaum über zwanzig, groß, schlank, entspannte Haltung, schulterlanges kastanienbraunes Haar, ebensolche Augen, freundlich, dunkle Brille. Schockverliebt, aber Vorsicht, kein falsches Wort, kein Kompliment, nichts, was auch nur im Entferntesten als Grenzüberschreitung gedeutet werden könnte, nicht "mooo, sind Sie schön" sagen. Weiter zur Kreis-Zulassung, die Papiere für den Roller abholen. Auf dem Hohenheckenweg fängt der Regen an. Die Ouvertüre. Am Kanal der erste Satz, kurz, kräftig, mit Gewitter sogleich in den zweiten Satz übergehend. Ich erreiche die Kreis-Zulassungen. Der junge Mann, kleiner Zopf am Hinterkopf, Deutsch-Türke, ist gesprächig. Ich auch. Wir scherzen. Ich zeige ihm den Roller. Ne Lackierung wie'n Benz, changiert grünlich, geil. Ja, sach ich ganz stolz. Draußen ein ruhigeres Zwischenthema, aber kaum bin ich wieder auf dem Roller, geht es zum furiosen Ende der Symphonie. Ich bin eh nass. Ist man auf dem Roller vor Blitzeinschlag sicher? Zuhause arbeitet die Liebste an ihrer Kunst. Ich seh ihr gern zu, wie sie schneidet, abmisst, Stoffe vergleicht, befühlt, ganz aus dem Häuschen gerät über manche. Und hier sollen wir ausziehen?


Do 29.05.25 11:11 bewölkt

Wir könnten panisch in die nahe Zukunft schauen. Tun wir aber nicht. Wir schaffen das. Wir kriegen das hin, sagen wir. Wir haben Argumente.


17:33

Nachdem ich den Tankgeber der alten Aprilia aus- und in den neuen eingebaut hatte, ohne dass Blut geflossen war, wie meist Blut fließt, wenn ich mit Werkzeugen umgehe, wuchs meine Zuversicht als Hobbyschrauber. Deshalb habe ich gestern den Seitenständer der alten Aprilia abgebaut und heute versucht, ihn an die neue zu schrauben. Endlich ein paar Tropfen Blut. Nach mehrmaligen Versuchen habe ich es aber bleiben lassen. So, wie er bei der alten angebaut war, funktionierte er an der neuen nicht. Die Schraube müsste eigentlich von innen gesetzt werden, ihr Kopf saß aber außen. Um die Schraube innen einzusetzen, müsste ich unterm Roller liegen, aber da ist nicht genügend Platz. Ich werde U. fragen. Die Tage fahre ich hin und erkläre ihm das Problem. Er wird lachen, er wird sagen, im Ansatz nicht schlecht, er wird den Roller aufbocken und mit das Problem in fünf Minuten erledigen.

22:03

bedingungslose kapitulation
der eingezogene schwanz eines hundes
macht es deutlich
dazu kaffee
ein tüte vom bäcker am eck
knusprig und süß
singen gegen die angst
des verlierers
nein sagen
hunde kapitulieren
ich kenne den weg
eine tür führt hinaus
hoog sammy
kijk omhoog sammy
want daar is de blaue lucht
und sie werter herr
lecken sie fett
sagte mutti
geh mir weg sagte sie
ich schaue hoch
der himmel ist gut
die erde ist gut
die menschen sind gut
woher also das grauen


Fr 30.05.25 13:28 bewölkt, wechselnd bewölkt, recht warm

Die Aprilia hat wieder einen Seitenständer. Das Problem waren die Rillen der Schraube. U. hat sie ein bisschen in Form gefräst, dann passte es.

18:42

er schreibt ein gedicht
ein gedicht lacht ihn an
ein gedicht lacht ihn aus
ein gedicht ist so alt
wie die welt
jemand soll sagen
das ist ein schönes gedicht
das ist kein schönes gedicht
das ist gar kein gedicht
dann eben nicht
sagt ein gedicht
und verabschiedet sich
von toten hungernden
von verlorenen seelen
von zerfetzten gliedmaßen
und zu trümmern
gebombten städten
in denen dichter
von frieden singen


Sa 31.05.25 17:48 schwül

Ich lasse Sie mit dem Mai allein und verschwinde im Juni. Wer weiß, wo ich im Juli wohne?