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Mexicali

Man hatte uns vor Halsabschneidern gewarnt, Männer mit Pistolen, Vorsicht, hatten alle geunkt. Wir hatten die Grenze ohne Komplikationen überquert, waren quer durch die lärmende Stadt voll schriller Bars und Prostitution zum Busbahnhof gelaufen und warteten auf den Bus nach Mexicali. Sombreros. Männer, Frauen, Kinder, Hunde, Berge Gepäck und Busse, die graublauen Rauch husten. Blecherne Ansagen. Vier Stunden bis Mexicali. Von dort fahren Züge nach Mexico City. Bruno und ich träumen von der Panamericana. Die Karibik wäre auch möglich. Oder Yukatan? Wie auf Bestellung taucht Jon auf. Er hat sein Architekturstudium in Leeds unterbrochen, um zu reisen. Wir haben den ganzen Tag, wir trödeln, reden, kaufen noch dies und das. Wir leben von der Hand in den Mund, und haben es trotzdem bis hierher geschafft. Wir haben festgestellt, dass man so leben kann. Wir glauben, dass es ein besseres Leben ist als das, aus dem wir kommen. Ob wir zusammen passen? Wir müssen noch mal durch die Passkontrolle. Hochnäsige Typen, die wollen, dass wir uns die Haare schneiden lassen, sonst kämen wir nicht rein. Wir sind zwar schon drin, aber bitte. Ich schneide Brunos Haar. Er ist nicht glücklich. Jon schneidet seins selbst. Meines ist dünn, ich fette es ein, kämme es nach hinten und kntote es zusammen. Hinter den Sonnenbrillen der Kette rauchenden Männer lauert etwas. Sie glauben, wir sind Gringos. Gringos sind reich. Sie nicht. Als die Nacht kommt, die brutal hereinbrechende tropische Nacht, als ein Ächzen durch alle Waggons geht und der Zug sich langsam hinaus schiebt, ist klar, wer wir sind und was wir wollen. Wir wollen nach Südamerika. Ohne Jon hätten Bruno und ich uns früher oder später verzettelt. Bruno ist ernst. Ich träume. Jon hat Humor.

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