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Hermann Mensing

ich betrete jetzt häufig ein haus
es ist hundert jahre alt
die räume sind hoch
das haus ist aus sandstein
hat tausend zimmer
und träumt vor den bergen
die nachtmare vieler verwirrter
die das leben von hinten aufrollen
und das land sehen
als trüge es tiefe schnitte im fleisch
es ist noch nicht lange her
da hätte man sie
schamlos ins gas getrieben
jetzt: kreuze über türbögen
nehmen ihnen den atem
wege sind angelegt
damit sie herumgehen können
die gesichter verzerrt
von allem
was männer wie ich alltag nennen
wenn ich sie sehe
grüße ich
und sie reißen die augen auf
fragen sich wann der mond auf sie fällt
und warum oder fragen sich
ob das leben
eine tonne ist die bergan rollt
und ein sack der sie ersäuft
ich kann nicht antworten
aber ich habe kleine geschenke für sie
die verstecke ich unter büschen
mache knoten in schneeglöckchen
und dirigiere vögel auf simse
damit sie nicht so allein sind
denn heute und morgen
wird in den reisebüros ihre zukunft all inclusive verkauft
sie lachen noch
und sie wissen bestimmt
das das letzte lachen
das beste ist
sie haben keine namen
für davor und danach
und ich bin mir sicher
dass es auch keine gibt
hin und wieder halte ich ihnen türen auf
und sie gehen hindurch
oder bleiben im rahmen stehen
und versuchen ein wort zu sagen
ein wort nur
aber sie triefen aus mundwinkeln
und ihre wörter sind anderen sprachen entlehnt
und so bleibt es dabei
das haus wird sie fressen
man wird ihnen löcher graben dahinter
und ein priester wird sagen
dass sie mühselig waren
beladen
wie containerschiffe ohne kapitän
auf einer see die so groß ist
dass keiner mehr weiß
nur der priester weiß noch
der hat sie gefickt

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