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Panama

Wir hatten uns verrechnet, als wir nach 24stündiger Busfahrt Panama City erreichten. Wir hatten geglaubt, es sei Donnerstag, also stünde uns noch einTag zur Verfügung, um uns über die Einreisebestimmungen für Kolumbien kundig zu machen. Aber irgendetwas hatte falsch geklickt. Es war Freitag. Freitag und die Stadt kam uns vor wie düsteres Haarlem.
Wo immer wir gingen, blieben wir dicht beieinander. Wir trauten der Sache nicht.
Und dann landeten wir in diesem Hotel. Schon bei Hochgehen im Treppenhaus hatte ich so ein seltsames Gefühl. Hatte es uns in einen Puff verschlagen? Wir bezogen unser Zimmer, Bruno, John und ich.
Auf dem gleichen Flur im Zimmer gegenüber wohnten drei junge Frauen. Sie interessierten sich für uns. Sie fanden wohl ungewöhlich, dass drei junge Europäer in einem Puff wohnten und keinerlei Anstalten machten, sich wie im Puff zu benehmen.
Sie giggelten vor unserer Tür, wir rauchten Zigaretten miteinander, und Bruno, der einzige von uns, der Spanisch sprach, sagte, die drei hätten angeboten, es mit uns zu machen.
Umsonst. Weil wir so nett wären.
Wir schauten uns an. Die Mädchen waren hübsch. Sie waren so alt wie wir, vielleicht sogar ein wenig jünger. Wir hätten es gern getan, glaube ich, aber wir trauten uns nicht. Wir trauten uns nicht, weil wir befürchteten, uns den Tripper zu holen, wir trauten uns nicht, weil noch keiner von uns es je mit einer Prostituierten getan hatte, und wir trauten uns nicht, weil wir feige waren.
Schade, denke ich jetzt.
Damals setzte ich mich hin und schrieb Tagebuch.
John legte sich schlafen und Bruno träumte in den Panama Himmel.
Am nächsten Morgen machten uns auf den Weg zum Flugplatz. Es gibt nämlich zwischen Panama und Kolumbien keine Straße. Man fliegt, oder man nimmt das Schiff.
Das Flugzeug war eine uralte, zweimotorige Propellermaschine. Es gab belegte Brote auf dem Flug, und wir nahmen so viel wir kriegen konnten. Unsere finanzielle Lage war katastrophal. Zu Dritt brachten wir es gerade mal auf 200 Dollar. Wir hatten gehört, dass die Kolumbianer bei der Einreise nach der finanziellen Lage des Einreisenden fragen würden. Man hatte uns gesagt, wenn man nicht mindestens 200 Dollar hätte, würde man abgewiesen. Man fragte uns tatsächlich, nachdem das Flugzeug in Medellin gelandet war. Jeder von uns sagte 200 Dollar. Aber keiner musste sie nachweisen.
Der Flug über Panama war atemberaubend. Nichts als dichtester Urwald unter uns, durchzogen von mäandernden, silbernen Flüssen. Flüsse, die entweder in den Pazifik oder in die Karibik mündeten.

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