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Roermond

Er ist über sechzig, sitzt in einem Elektro-Rollstuhl und blickt von der Brücke auf den Kanal. Als er uns die Böschung hinauf radeln sieht, wird er unruhig. Als wir etwa in gleicher Höhe mit ihm sind, wirft er uns einen boshaften Blick zu und startet seinen Rollstuhl. Es scheint offensichtlich. Er will ein Rennen. Er fordert uns geradezu heraus. Immer wieder wirft er diese blöd bösen Blicke über die Schulter. Wir bleiben dicht hinter ihm, wir wissen längst, dass es für ihn wichtig ist, vorn zu sein. Wir spielen sein Spiel, allerdings gestatten wir uns eine kleine Abweichung. Als er Höchstgeschwindigkeit fährt, überholen wir ihn. Er blickt uns gehässig an. Wir lassen ihn hinter uns. Wir hören das Surren des Elektromotors. Wir beschließen, uns zurückfallen zu lassen. Er kommt wieder näher und überholt uns. Die nächste Weggabelung trennt uns. Er ist verrückt, sagt sie. Hmm, ich glaube auch, antworte ich. Wir nähern uns einem Atomkraftwerk. Hohe Zäune, unnatürliche Stille, keine Menschen. Die Sonne brennt.

start

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