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Hermann Mensing

Briefe an Annette von Droste Hülshoff



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Liebe Annette,

ich habe Die todte Lerche und Der Dichter vertont.

Die todte Lerche....

Der Dichter

Der "todten Lerche" habe ich ein paar Takte eines Liedes der afroamerikanischen Sängerin Mechelle Ndegeocello unterlegt, sie sind geloopt und laufen wie ein Karussellpferd im Kreis, dem "Dichter" hingegen das Adagio eines Schubert Quintets. D956/Op.3/163. So etwas geht recht einfach, aber ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll, es sind so viele aufregende Dinge erfunden worden, seit du die Welt verlassen hast. Aber da niemand von uns Lebenden weiß, wohin du gegangen bist, könnte es ja genausogut sein, dass du (falls es dich und die anderen irgendwo gibt) sehr gut weisst, wovon ich rede.

Höre es dir einfach an. Setze Kopfhörer auf. Ach, die kennst du ja auch nicht. Macht nix, ich lege dir einen MP3 Player und Kopfhörer unter die Matratze deines Bettes. Erschrick nicht. Die Bedienung ist ganz einfach. Nimm den Player zur Hand. Am unteren Rand findest du eine kleines Loch. In dieses Loch passt der Stecker des Kopfhörers. Schieb ihn da rein und setze dir den Kopfhörer auf wie Ohrenschützer. Dann nimmst du den Player, drückst auf einen Knopf, auf dem On steht, ein Licht leuchtet auf, nichts Gefährliches, es kann nichts passieren, drücke einfach auf Play, dann hörst du, was ich mit deinen Gedichten angestellt habe. Und stell dir vor, es gibt in Münster einen Musiker, der mit mir einige deiner Gedichte aufführen will. Er spielt Saxophon, ich spreche/singe deine Texte. Wann wir da realisieren können, wissen wir noch nicht, aber er ist der Wenigen bisher, der das, was ich vertont habe, gut findet, sehr gut sogar. Ah, wie schön, Hermann, hat er gesagt, als er's zum ersten Mal hörte. Das tat gut. Du musst wissen, mir geht es mit dem Erfolg meiner Arbeit ähnlich wie dir bis in die späten 30er Jahre des 19. Jahrhundert. Niemanden interessiert sich wirklich dafür. Aber ähnlich wie du hoffe ich, dass man mich in hundert Jahren zu schätzen weiß. Aber wer weiß. Vielleicht gelingt mir der Durchbruch ja noch im Diesseits. Verdient habe ich ihn längst. Mein Problem ist, dass ich mich nicht darum schere, was die Menschen lesen wollen, sondern nur das schreibe, was ich will. Ich bin frei. Das ist mein Erfolg.

Bis bald

Hermann

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