September 2005 www.hermann-mensing.de
mensing literaturDo 1.09.05 8:40
Ein Martinshorn kommt näher, aller Voraussicht nach nicht wegen uns: wir sind hier und dort, wir sind, so weit ich weiß, sicher. Aber natürlich hat diese Sicherheit keine Gewähr. Um so aufregender und schöner ist es, zu leben. Wenngleich es weh tut und man sich oft wünscht, man hätte besser gar nicht erst damit angefangen.
Also: der erste Morgen des neuen Monats wäre begrüßt.
Eh es an die Arbeit geht, eh die Mopsi Rolle fortgeführt wird, will ich erzählen, wie es mir gestern auf meiner Reise zu meiner ersten festen Arbeitsstelle ging, seit Jahren die erste, zumindest, wenn man Arbeit definiert, wie sie landläufig definiert wird. Wenngleich ich natürlich sofort hinterher schicken muss, dass es privilegierte Arbeit ist, die nur an einem Tag in zwei Stunden pro Woche stattfindet.Millionäre könnten es nicht besser haben.
Meine Literaturwerkstatt also: erste Sitzung Mittwoch 13:15.
Herr M. hat die Autobahn gegen 12:30 hinterm Kreuz Herne über die Abfahrt 15 verlassen, weil er sich den Wechsel von der A43, die Durchfahrt durch Bochum Riemke und erneute Fahrt über die Autobahn 40 bis Wattenscheid sparen will. Lieber über die Dörfer, hatte er sich gedacht. Das bringt zwar keine Zeitersparnis, ist aber interessanter, vor allem, weil ihm das Ruhrgebiet noch fremd ist. Er ist die Strecke zwar schon einmal gefahren, allerdings in Gegenrichtung. Natürlich sah die Welt da ein wenig anders aus.Wenngleich Herr M. über ein präzises Ortsgedächtnis verfügt, sich auch erinnerte, dass es eine Kreuzung gab, an der er die Fahrtrichtung wechseln müsste, tat er an eben dieser Kreuzung doch das Falsche. Fuhr geradeaus, statt links abzubiegen, fuhr auf Wanne Solbad zu, geriet in eine Umleitung, die nach drei weiteren Schildern endete, wohl darauf vertrauend, dass hier nur Ortskundige unterwegs wären.
Herr M. fuhr aufs Geratewohl geradeaus und gelangte an eine Vollsperrung. Eine weite Straße, Straßenbahnschienen in der Mitte, Roadblock. Zum Glück fand sich an der Ecke eine Revierwache. Gezackte Linien am Straßenrand verboten jedes Parken, ein Polizei-Bulli stand auf dem Gehsteig. Herr M. wendete seinen Wagen, parkte auf den gezackten Linien, verließ das Auto und betrat die Wache.
Er musste warten, dann wurde er ins Büro gewunken.
Ein junger Polizist türkischer Herkunft.
Herr M. sagte, er habe sich vergeigt, er müsse nach Wattenscheid. Außerdem parke er, wo er nicht parken dürfe! Oh! sagte der Polizist. Wattenscheid. No-Go-Area. Falsch geparkt? 15 Euro. Aber wegen schönen Wetters heute mal nicht.
Nach diesem furiosen Auftakt war ich mit mir, mit der Welt und allem, was noch kommen sollte, versöhnt. Die Wegbeschreibung, die der Polizist mir gab, war präzis, ich war früh genug an der Schule, ich ging ins Lehrerzimmer, ich kopierte, dann begann meine Literaturwerkstatt.Sollten Sie mehr über die Ergebnisse dieser Arbeit wissen wollen, klicken Sie hermann-mensing.de/prs-texter an. Dort werden im Verlauf Texte der Teilnehmer auftauchen. Ich glaube, es wird eine interessante Seite. Mit aufregenden Texten.
Und nun, husch husch an die Arbeit....
Fr 2.09.05 8:45
de baas kümp un fräggt, of hij strom kriggen künnt: ik zegg, kein problem, heft u dann n verlängerungskabel? jau, zeggt hij un haalt het. ik stopp de stekker in de bükks op ussen balkon. fief minuten later bent se all an't kloppen en die flurfenster druit te slaoan, dat dat glas nur so dör ons treppenhuis scheppert un kracht. u moet well en beetken oppassen, zegg ik tegen de baas, met all dat glas. jau zeggt hij, aöwer het kracht en scheppert noch immer.
Das war Plattdeutsch.
Allerdings keine offizielle, eher eine lautsprachliche Version des westlichen Münsterlandes.
Sa 3.09.05 15:47
Schon siebzig, noch straffe Haut, höchst gepflegt das gesamte Ensemble, ein Spätzchen, hätte man früher gesagt, mit feinem, empfindsamen Gesicht, schmalem Mund, eine Zicke, wer's genau wissen will, eine gefährliche, eitle Person, die nach dem Schwimmen im Pool auf einem Liegestuhl hockt und ihr Haar kämmt und wirft, wirft und kämmt, danach die Lippen färbt und den Körper salbt, wieder die Haare wirft und empfindsam leidend die Welt betrachtet aus taubenblauen Augen. Die Pflege dauert eine Zigarettenlänge, danach wird das von Meisterhand geschnittene graue Haar noch einmal vom Nacken nach vorn, von links nach rechts und von rechts nach links gekämmt, dann ist man fertig. Man liest ein Buch über vegetarische Rohkost. Man markiert mit gelbem Stift. Man wirft mir ein scharf geschöntes Lächeln zu, aber ich verweigere den Empfang. Sieht aus, als hätte sie nie arbeiten müssen, die Dame. Hatte immer alle Zeit der Welt, jeden Körperteil ausgiebig mit feinstem Material zu erhalten. Wird wohl als Mumie enden.
So 4.09.05 16:57
Geriet auf meiner Radtour ins Industriegebiet um die Siemensstraße und dort in die indoor-kartbahn, buchte zehn Minuten, stülpte mir eine Sturmhaube über, darüber den Integralhelm, setzte mich in ein Kart und fuhr los. Mit viel Respekt in den ersten Geraden, denn diese Karts fahren schnell. Da ich Flipflops trug, fühlte ich mich nicht ganz Meister meiner Pedale, so dass mich jeder überholen durfte, bis auf den einen, der knallte mir rechts hinten rein und dann in die Bande. Von Runde zu Runde jedoch traute ich mich ein bisschen mehr, und wenn ich wieder einmal dort vorbei komme, werde ich Vollgas die Spitzkehren radieren, die Ideallinien fahren, wer weiß, vielleicht werde ich Weltmeister in der Altersklass bis 60.
Gestern Abend sah ich den in Patagonien spielenden Film Bonbon. Eine melancholisch heitere Geschichte um einen Mann Anfang fünfzig, der seinen Job verliert, eine Weile bei seiner in zerrütteten Verhältnissen lebenden Tochter unterkommt, eines Tages einer jungen Frau auf einer bis an den Horizont sich wellenden Landstraße Patagoniens (wo immer einer scharfer Wind geht) bei einer Autopanne hilft, sie abschleppt auf den Hof ihrer Mutter und als Lohn eine argentinische Dogge bekommt: Bonbon.
Bonbon ist ein Riesentier. Die Rasse ist bekannt für ihren Blutrausch und ihre Schmerzunempfindlicheit. Dieser Hund aber ist eine Seele von Hund und ein bisschen schüchtern. Der Mann und er verlieben sich auf Anhieb. Bonbon bringt eine Wende in sein Leben. Plötzlich tun sich Verdienstmöglichkeiten auf, und sogar eine Frau kommt ins Spiel.Bonbon ist kein Film mit ausgeklügeltem Plot und Spezialeffekten, sonder einer, der beginnt und endet, ein Film, der eine Episode im Leben eines nicht sehr erfolgreichen Menschen schildert, ein sehr schöner Film, wärmsten empfohlen vom Schwerenöter Herrn M. und seiner bockigen Frau, die, hätte man sie beizeiten zum Mond geschossen, Herrn M. nicht so ärgern könnte, wie sie ihn manchmal ärgert. Und wie es so ist bei solchen Filmen: gestern Abend sahen ihn vier Besucher. Herr M. und seine Frau eingeschlossen.
Mo 5.09.05 11:10
Wieso erwachte Herr M. gegen zwei heute nacht? Hier ist die Antwort.
Di 6.09.05 8:40
Die Zeichen von Zu- bzw. Abneigung in meinem Gewerbe sind oft subtil. Fiel mir vor drei oder vier Jahren auf, dass der Chef meines Verlages mich um die Weihnachtszeit anrief, um mir Entsprechendes zu wünschen, fragte ich mich im Jahr darauf, wieso er es nicht tat.
Gestern nun erhielt ich einen Brief, der mit "Lieber Herr Mensing" tituliert, darauf hinwies, dass ein vom Verlag veröffentlichtes Buch mit Weihnachtsgeschichten (in dem ein Gedicht von mir steht) demnächst in der 9. Auflage erscheint, dass man sich freut, mir das mitteilen zu können, und man mir die horrende Summe von 107 Euro gleich nach Erscheinen überweisen wird. Solche Briefe kommen normalerweise als Vordruck aus der Honorarabteilung. Dieser war vom Chef höchstselbst. Ist das nun ein Zeichen? - Ich weiß es nicht. Es fiel mir nur auf. Wie immer sich die Dinge auch wenden, die versprochene Summe wird reichen, um mit der Familie Essen zu gehen. Was will der Dichter mehr außer Ruhm, Alkohol und jede Menge scharfer Frauen?9:00
Listen, dear reader from Tuvalu. I checked my map and found where your island-state is. I would be very much delighted to hear from you. So come on, Tuvaluvian, let me know who you are!!!
13:10
Der Altweibersommer spinnt Fäden. Wie immer wäre ich gern woanders. Zum Beispiel am Meer.
Do 8.09.05 8:40
Mit dem Rücken zur Wand angle hier und da einen Satz, und das schon seit 30 Jahren. Wenn die Sonne aufgeht, sehe ich immer nur, was noch nicht getan ist. Habe ich nicht Erfolg genug? Reicht es nicht, zwei Söhne in die Welt zu setzen??? Immerhin: ich habe das Rauchen wieder aufgegeben.
Fr 9.09.05 9:17Berechtigte Zweifel eines Dichters nach einer Nacht mit Gewitter
Wär' es klug, in Wattenscheid zu siegen
oder will ich lieber in Berlin Bananen biegen
reicht es, wenn ich nirgendwo gewinne
oder ist es besser, wenn ich in New York von vorn beginne
ist ein kleines Leben hier erstrebenswert
oder wär es klüger, wenn man anderswohin fährt
sollt ich nicht in meinem Alter erste Segel streichen
statt mit andren früh verprellten Leichen
immer noch den Dichter zu bemühen
wär's nicht schöner, langsam zu verblühen
wär Bescheidenheit nicht besser
liefert mich nicht jeder neue Satz ans Messer
wär's nicht ehrenvoller still ins Loch zu fahren
statt mit all den andren Narren
jeden Tag aufs Neu den Tanz zu wagen
virtuos in allen unbekannten Lagen
noch 'nen Satz ins All zu schleudern
und mich weiter zu vergeudern?Hätte wäre tute täte
leckt mich an der Mäte....
Sa 10.09.05 12:47
In fast 57 Jahren war über Herrn M. so gut wie nichts in Erfahrung zu bringen. Wir bedauern das.
Mo 12.09.05 9:34
Es ist 9:34 Uhr, versicherte er.
14:34
Es ist 9:34 Uhr, wiederholte er.
14:48
Es ist 9:34 Uhr, beharrte er. Zeit, abzuhauen.
17:08
Er ist 17:08 Uhr, knurrte er. Wieso sind Sie immer noch da?
Di 13.09.05 15:43Der Kanzler war da. Ich sah ihn dreimal. Zweimal sah ich ihn aus nächster Nähe.
Das erste Mal, als er kam. Da war er ein Kanzler, den ich nur deshalb sehen konnte, weil sich die Reihen der Polizisten plötzlich enger schlossen und Kameras in die Höhe gehalten wurden, direkt auf einen Pulk schnell laufender Männer in blauen Anzügen, Männer, die einer wie der andere aussahen, als wäre mit ihnen nicht allzugut Kirschen essen. Das muss der Kanzler gewesen sein, wahrscheinlich war die Manndeckung so gut, dass er nicht weiter auffiel.
Minuten später sah ich den Kanzler dann auf einer großen digitalen Leinwand. Er hatte sein Jackett ausgezogen, vielleicht, damit man ihn besser von den anderen Männern unterscheiden konnte, mit denen er quasi eingezogen war, fehlte nur der Narhalla Marsch. Der Kanzler redete mal laut und mal leise, ich erinnere mich eigentlich nur daran, dass er oft sagte, dass das Schicksal unserer Kinder und Kindeskinder in unserer Verantwortung lägen und dass er dafür sorgen tragen würde, dass das in Ordnung käme, wie, sagte er nicht so genau, aber ich hörte auch nicht so genau hin, denn Wahlreden interessen mich einen Dreck, ich war nur gekommen, um den Kanzler zu sehen und all die Leute, die gekommen waren, um den Kanzler zu sehen.
Ich streifte einmal herum, hoffte irgendwo, vielleicht doch noch näher an die Bühne zu gelangen, aber der Kanzler blieb nur ein digitaler Kanzler, ganz gleich, von welcher Seite ich es versuchte. Schließlich hatte ich das Gelände umrundet. Die Rede war vorüber, wieder wurden plötzlich die Reihen der Polizisten enger. Freundliche Polizisten, ohne jeden Anflug von Arroganz oder Paranoia.
Dann kam der Kanzler. Diesmal sah ich ihn. Er ist klein (fand ich), war wieder eingekreist von diesen Männern, die sich im Notfall über ihn werfen, er wirkte unnatürlich gebräunt und lachte übers ganze Gesicht, wenn ich auch das Gefühl nicht los wurde, es sei ein etwas gequältes Lachen. Eingekreist von diesen Männern schien er durch die enge Gasse zu torkeln, griff mal Hände links, dann Hände rechts, Herr Schröder, Herr Schröder, riefen Menschen, und dann war er auch schon wieder vorbei, verschwand in einem der Cafés am Domplatz, sofort gingen dort rote Vorhänge herunter, Security passte auf, dass niemand mehr in dieses Café hinein ging, fünfzig Meter weiter stand ein Trupp treuer CDU-Anhänger und hielt Transparente in die Luft, die Menge löste sich auf.
Das war mein Kanzler. Oder besser: der Kanzler, der diese Republik regiert und weiter regieren will. Mal sehn, ob er es schafft. An meiner Hilfe wird es nicht mangeln.
Mi 14.09.05 8:59
Nach meinen Lesungen im Bücherschiff, eine Kinder- und Jugendbibliothek in Wuppertal, stieg ich hinunter ins Zentrum der Stadt, um noch ein wenig zu bummeln, einen Espresso zu trinken und abzuschalten, eh ich die Rückreise über die Autobahnen des Landes antrat, die augenblicklich aus nichts als Baustellen zu bestehen scheinen.
An einer Ecke stieß ich auf einen kleinen türkischen Lebensmittelladen. Ich ging hinein. An der Kasse saß ein junges Mädchen. Sie trug ein Kopftuch. Ein türkischer Mann begrüßte mich überschwänglich. Ich sagte, ich wolle diese kleinen, mit viel Knoblauch gewürzten Würstchen. Er redete mit großen Gesten, aber auf Türkisch, bzw. auf eine Art Türkisch, die er für Deutsch hielt und wies auf ein Regal mit kleinen süßen Kuchen. Nein, nein, sagte ich, keine Kuchen, Würstchen. Sie heißen Sucuk, aber das wusste ich gestern noch nicht. Ich wusste nur, dass sie in der Regel in Kühltheken liegen. Als ich im hinteren Teil des Geschäftes eine Kühltheke sah, ging ich dorthin und fand, was ich suchte. Die Würstchen sind in der Regel zu sechst in ein Plastikbehältnis eingeschweißt. Da, wo ich diese Würstchen sonst immer kaufe, bekommt man sie auch einzeln. Ich sagte also, ich wolle vier. Der Türke nahm vier der Plastikbehältnisse aus der Kühlung. Nein, nein, vier Würstchen, sagte ich. Er schaute mich bedauernd an. Um weitere, fruchtlose Diskussionen zu umgehen, beschloss ich, eines der Plastikbehältnisse mit sechs Würstchen zu kaufen. Alle bei uns essen Sucuk gern, also war es eigentlich egal, ob vier oder sechs. Der Türke nickte freundlich und trug sie zur Kasse.
Die junge Frau, ich nehme an, seine Tochter, sprach akzentfreies Deutsch, sie hätte natürlich von Anfang an helfen können, ich nehme aber an, dass das Verkaufsgespräch Sache des Chefs ist, und dass die Tochter (die Frau) sich still verhalten muss, während der Vater radebrecht. Diese armen türkischen Patriarchen. Früher oder später werden ihre Frauen ihnen ordentlich Dampf machen.
Do 15.09.05 12:42
Sagte fröhlich guten Tach (Chor: guten Tach guten Tach)
machen Sie sich nichts ins Hemd (Chor: nicht ins Hemd nicht ins Hemd)
Scheiße Mann wer hätt' gedach(t) (Chor: hätt gedach(t) hätt gedach(t)
dass die blöde Wumme klemmt (Chor: Wumme klemmt)Doch dann schoss sie plötzlich los (Chor:schoss sie los, schoss sie los)
macht' viel Löcher hier und da (Chor: hier und da hier und da)
nahm die Tüte mit viel Moos (Chor: mit viel Moos, mit viel Moos)
und flüchtete nach Sansibar (Chor: Sansibar)
Fr 16.09.05 12:25
Freitagabend. Es regnete in Strömen. Ich dachte, ein Spaziergang wäre nicht zu verachten. Es war dunkel, kein Mensch auf der Straße, nur ein Jogger, ein Genießer vielleicht, wie ich, oder ein Halbwahnsinniger. Nach hundert Metern wusste ich, dass ich plitschnass werden würde. Aber ich fror nicht. Der Regen war kein Herbstregen, es war dicker Spätsommerregen. Ich fror nicht, ich wurde nur nasser und nasser und dachte, jetzt nicht aufhören, weitergehen, immer weitergehen, nicht aufhören. Hörte aber dann doch auf und landete wieder da, wo ich schon seit hundert Jahren lande: auf dem Sofa. Entsetzlich! Als wäre das Leben zu nichts anderem da, als sich auf den Lebensabend vorzubereiten. Sofa. Fernseher. Wein. Sofa. Fernseher. Wein.
So 18.09.05 14:32
Liebes Volk,
eh um 18:00 MEZ die Lichter ausgehen, eh der Russe kommt, oder noch schlimmer: der Ami, eh du dich ins Messer stürzt oder an Jubel erstickst, bedenke, dass nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wurde. Sollte ein Wechsel stattfinden, müssen die, die heute noch alles besser wissen, morgen alles besser machen. Das schaffen sie nicht, wetten.
In diesem Sinne ihr ergebener Diener...
Mo 19.09.05 8:37
Arme Merkel. Nun werden Sie sie demontieren.
Arroganter Schröder. Nimmt den Mund ganz schön voll.
Dummes Volk. Konnte sich nicht entscheiden.17:20
Es war einmal ein Dichter. Er dichtete von morgens bis abends, er dichtete, während er schlief, und sogar im Urlaub hörte er damit nicht auf. Über die Jahre hatte er so viel gedichtet, dass er an jedes Blatt eines durchschnittlichen Baumes eine Seite gedichtetes Papier hätte hängen können, was er aber nicht tat.
Allerding konnte er nur ein Bruchteil dessen, was er tagein tagaus dichtete, verkaufen.
Überhaupt fand er das Verkaufen seiner Kunst überaus lästig, wenn auch unvermeidlich.
Eines Tages überreichte ihm jemand seine Visitenkarte. Eine Literaturagentin. Der Dichter steckte die Karte achtlos ein. Wieder Jahre später, der Dichter spürte zunehmenden Druck der Verwerter seiner Erzeugnisse, fiel ihm die Visitenkarte der Agentin wieder in die Hände. Er rief sie an, er schickte ihr seine Arbeiten, er besuchte sie, und dann, heute, um genau zu sein, entschloss sich die Agentin, sich in Zukunft um das Verkaufen seiner Ware zu kümmern. Im Vertrag hieß es: Der Dichter und die Agentur streben eine dauerhafte Zusammenarbeit zur Wahrnehmung der Rechte des Dichters an seinen Werken an. Die Agentur wird in diesem Zusammenhang in erster Linie geeignete Verwerter für die Werke des Dichters suchen und Nutzungsverträge mit diesen vermitteln.
Der Dichter war sehr erleichtert.
Di 20.09.05 15:45
würd ich kanzler werden woll
oder sollen lieber andere soll
haun wir mit jamaika in die voll
oder fahrn nach bayern fässer roll
in die uckermark zum sand toll
nach hannover, weil der alte nochmal woll
waren sonntag alle elefanten voll
oder hatte wer die toll
wut aus Angol
a oigeschleppte, vielleicht selbst geroll
te tüten, hopfen oder woll
lüstige kräuter?
wie auch immer. heute geht das leben weiter.
Mi 21.09.05 9:56
Damals hieß es: All you need is love.
Heute heißt es: All you need ist Arbeit.
So ändern sich die Zeiten.18:43
Heute in Wattenscheid beim Interview mit den Ruhrnachrichten.
Es ging um die Literaturwerkstatt.
Do 22.09.05 8:30
Halli hallo liebe Kleintierfreunde,
es ist schon richtig, dass die Arbeitgeber vor einem weiteren Abstieg Deutschlands warnen.
Immer weniger Menschen arbeiten immer länger, immer mehr Rechte werden ihnen beschnitten, und das alles für immer weniger Geld. Da kann man doch nichts verdienen. Es soll aber besser werden. Für den Arbeitgeber. Deshalb droht er permament (Globalisierung) und bald glauben ihm alle.
Darüber zerbrechen Solidarität, Familien, darüber zerbricht der Glaube daran, dass es außer Arbeit noch einen anderen Lebenssinn gäbe. Die Freude an Kleintieren. Der Familiensinn. Die Liebe. Ähnlich dummes Zeug. Alles, was nichts einbringt.
Und - sieht man die Massen auf Straßen?
Sieht man die 20-30jährigen sich für irgendetwas ins Zeug legen?
Liest man von Aufrufen zum Aufruhr?
Nichts da. Am Arsch Welt, kannst du mich kaputt schlagen.
Fr 23.09.05 11:04
Um zum Ausgangspunkt dieser Geschichte zu gelangen, wären Umwege notwendig. Ich müsste auf der Wiese hinterm Amtsgericht beginnen. Da, wo wir Fußball spielten. Manchmal mit Elmar. Damals - zwischen 1962 und 1965.
Heute ist Elmar Leiter des Kulturamtes meiner Heimatstadt. Und augenblicklich Leiter des dortigen Rotary Clubs. In dieser Funktion hatte er mich vor einer Weile gefragt, ob ich nicht Lust hätte, auf einem Abend der Rotarier zu lesen? Ich hatte zugesagt. Nächsten Dienstag wird das sein.
Letzte Woche nun ging das Telefon. Elmar rief an und fragte, ob ich Lust hätte, mir ein Bill Wyman Konzert anzuhören, zwei Karten lägen an der Abendkasse. Ja, warum nicht, sagte ich. Hätte ich zahlen müssen, ich wäre nicht auf die Idee gekommen, mir Bill Wyman anzuhören. Kein Interesse. Hat mal bei den Stones gespielt, ja und? Aber so - eingeladen, umsonst? Gern!
Vielleicht war das die beste Voraussetzung, denn ich erwartete nichts.
Fuhr über Land, über mein Lieblingsland, dieses frühherbstliche Westfalen mit unendlich vielen Grünvarianten, mit getuschten Horizonten, frisch aufgerissener, umgeworfener Erde, mit Bodennebeln und Weiden und Vieh und blühendem Raps, ein so herrliches Land, dass ich Tage um Tage herum fahren könnte, immer wieder einen noch schmaleren Landwirtschaftsweg wählend, um von Münster an die holländische Grenze zu gelangen. Zum Glück kenne ich viele.
Um schließlich nach Gronau zu kommen, dieses elende Kaff, an dem mein Herz immer noch hängt, obwohl es nichts hässlicheres gibt als seine Neustraße, seine Bahnhofstraße und all die Orte der Kindheit, die so nicht mehr sind, und doch an jeder Ecke laut rufen.
Das Konzert beginnt. Ein Mann betritt die Bühne. Er ist schüchtern, er ist witzig, wenn er knappe Ansagen macht. Es ist Bill Wyman, sein Job ist es, mit Freunden seine Lieblingsmusik zu spielen und er wirkt, als müsse er niemandem etwas beweisen. Was da alles aufs Tapet kommt! Soulklassiker, Country, Blues. Taxman wird gespielt und If Paradise was half as nice, mit einem hervorragenden Andy Fairweather Low, der eine raue Gitarre spielt und damals, 1969 bei Amen Corner spielte, eine Gruppe, für die ich mit dem Moped bis nach Doetinchem fuhr. Chris Stainton von der Clapton Band ist dabei, Albert Lee, der auch für Clapton gespielt hat, für Joe Cocker und viele andere.
Komisch, nun habe ich Jahrzehnte lang nie Bands meiner Jugend gesehen, plötzlich sehe ich innerhalb von vier Wochen erst Spencer Davis und dann Bill Wymans Rhythm Kings und bin beide Male begeistert. Es wird wohl damit zu tun haben, dass es bei beiden Konzerten um nichts als Musik ging, während es früher um Stars und Hype und Kommerz gegangen ist.
Wer mehr will zu Bill Wyman, klicke hier: http://www.billwyman.com/
12:41
Meine Literaturwerkstatt wird langsam lebendig. Heute bekam ich diese Mail eines Teilnehmers.
Hallo Herr Mensing
Ich hätte da noch eine Bitte. Ich bin letztens auf die Internetseite von unserem Kurs gekommen und gesehen das von meiner Gesichte einiges weggelassen worden oder umgeändert worden ist. Ich fände es besser wenn es dort genau das gleiche steht, was ich auch geschrieben habe. Denn jeder Autor hat schließlich seinen eigenen Schreibstil und ich möchte auch das jeder dann das lesen kann so wie ich es geschrieben habe.
Sa 24.09.05 9:36
Hier ein Beispiel gekonnter Subventionsprosa...
Projektbeschreibung: Das Soap-Ding
Mit dem Soap-Ding wird die schon länger währende Idee einiger Jugendlicher aus dem Cactus-Pool endlich realisiert - eine soap mit Jugendlichen, eine dramatisierte Serie im Theater. Cactus gestaltet und präsentiert damit ein neues Format im Bereich Jugendtheater.
Geplant ist es, eine Serie von Theateraufführungen zu erarbeiten, die nach der "Pilotsendung" im Frühling 06, monatlich in Folge gezeigt werden sollen. Nach dem Vorbild der TV-soaps, wie z.B.: "Gute Zeiten Schlechte Zeiten", "Verbotene Liebe", "Marienhof" etc. soll eine Geschichte rund um eine Clique junger Menschen erzählt werden, die sich mit den alltäglichen Dramen und Höhepunkten des Erwachsenwerdens auseinandersetzt. Themen, die von Cactus-Jugendlichen mitgebracht werden, wie sich in Vorgesprächen zeigt, kreisen im weitesten Sinne um Identitätssuche - und findung wie berufliche Perspektive?, Abnabelungsprozesse und Konflikte mit dem Elternhaus, angebliche "Entscheidungsfreiheit" als Leistungsdruck, "Gibt es Lebensmodelle und wenn, welches macht Sinn für mich?". In den TV-soaps werden diese Problematikern in der Regel auf wundersame Weise "wegdesignt" - alle tragen Designerklamotten, leben in gestylten Wohnungen, bevorzugt ist man in Agenturen (Werbung, Medien etc.) tätig oder hat schon gerade der Minderjährigkeit entwachsen einen eigenen hippen Club oder store, im kurzen Mittagsbreak wird natürlich Sushi gesnackt.
Die gängigen Folien in der überzeichneten TV-Soap wollen wir mit dem Soap-Ding ironisch und authentisch brechen. Für unser neues Format konnten wir ein professionelles Autorenteam, Schriftsteller Hermann Mensing und Kabarettist Harald Funke gewinnen. Mensing als Dialogschreiber und Funke als Plot-Schreiber werden direkt im Proberaum mit dem Kernensemble von 5-6 Jugendlichen Charaktere und Geschichten entwickeln. Themen und setting werden in diesem unmittelbaren Arbeitsprozess gefunden, erfunden und geschrieben, ausgehend von den Stoffen, die das Leben der Jugendlichen selber schreibt. Die experimentelle Methode des "Simultanschreibens" ist eine für Cactus neue Herangehensweise, die über bisherige Schreibwerkstätten oder dramaturgische Textbearbeitung hinausgeht. Mit Hilfe von Aufgaben, die das Autorenteam stellt, wie z. B. die eigene Biografie durch Veränderung von Eckdaten oder Setzen anderer Nähte im Lebenslauf in eine fingierte Biografie zu verwandeln, werden Figuren für das Soap-Ding entworfen. Gleichzeitig werden über schauspielerische Improvisation Handlungsstränge entwickelt und zu einem Grund-plot geführt. Die Inszenierung des "Piloten" liegt in den Händen des Regie-Teams Ulrike Rehbein und Pitt Hartmann, die sich der Regeln und Strukturen einer Soap bedienen. Das Gerüst jeder Soapstory spielt mit den archetypischen Figuren der griechischen Sagen, des klassischen Dramas und des bürgerlichen Trauerspiels. In unserem Soap-Ding sind die klassischen Konstellationen mit den aktuellen Themen und Inhalten der teilnehmenden Jugendlichen. Theater kann dabei weiter gehen als TV, weil es als Kunstform in schauspielerischer und gestalterischer Hinsicht andere Möglichkeiten bietet. Figuren lassen sich bewusst überzeichnen, Schicksale und Entscheidungen lassen sich bildhaft dramatischer darstellen, Mysterien finden eine andere Andeutung, Erzählstränge können groteske Formen annehmen. Die Problematiken der Jugendlichen aber sollen "authentisch" dargestellt werden. Formen sind im Wandel, das Soap-Ding spielt mit neuen Formen.
Nach der "Pilotsendung" wird Alban Renz, der von Beginn an als Produktionsleitung involviert ist, die Inszenierung einzelner Folgen (im Wechsel mit dem Pilotenregieteam) übernehmen. Das Kernensemble wird je nach Folge und Bedarf "Schauspieler-Gäste" auf der Bühne haben, die aus dem Umfeld von Cactus und dem Pumpenhaus stammen, um das Geschehen zu bereichern und zu beeinflussen und um verschiedene Generationen einzuflechten.
Jede Folge wird live mitgeschnitten durch Rudolf Gier vom Mauritz Filmteam und zu einem 10minütigen Clip verarbeitet. Der Clip in bei TV-Münster gesendet und jeweils zu Beginn der neuen Folge im Theater gezeigt. So kann sich eine "Soap-Fangemeinde" entwickeln, die die kommenden Folgen mit Spannung erwartet und zum Stammtheaterpublikum wird. Jeder Theaterzuschauer bekommt über den filmischen Rückblick zu Anfang des Stückes ein up-date der laufenden Geschichten. Angedacht ist auf Dauer eine Vernetzung mit dem internationalen Video-Projekt "Brookenia", indem jetzt bereits Videos von Soaps in Brooklyn, Kenia und Südamerika verlinkt sind.
Diese neue Herangehensweise an das "Stück" und die Vielzahl der beteiligten Köpfe machen eine lange Vorbereitungszeit erforderlich. Ab Herbst diesen Jahres wird es Gespräche und Experimente im Proberaum geben, an denen die Jugendlichen, die Autoren und die Regisseure beteiligt sind. Die Intensivprobephase soll im Januar 06 beginnen, damit das Soap-Ding nach den Osterferien über die Bühne des Pumpenhauses gehen kann. Für die Programmierung nach dem Piloten, wäre es wünschenswert monatlich einen festen Spieltermin zu bekommen (z.B.: 3. So im Monat), damit sich für die Zuschauer nicht mehr die Frage stellt, wann es mit der Soap weitergeht.Künstlerische Leitung: Barbara Kemmler
Autorenteam: Hermann Mensing, Harald Funke
Regieteam: Ulrike Rehbein, Pitt Hartmann
Produktionsleitung und Folgeregie: Alban Renz
Film: Rudolf Gier, Mauritz Filmteam
Bühne: N.N.
Kostüme: Bettina Zumdick
Licht: Björn Schimpf
Ensemble: 5-6 Jugendliche
Mo 26.09.05 12:08
Ich möchte nicht in meiner Haut stecken.
13:58
Aber noch lieber stecke ich nicht in meiner, als in Ihrer.
16:26
Herrn M. hatte immer gehofft, die Demütigungen, die Väter mit Söhnen erleben, nicht erleben zu müssen.
Er hat sich geirrt.
Sein Sohn M. tut alles, um ihn vom Sockel zu stürzen.
Normal, werden Sie sagen.
Normal, sagt Herr M., dennoch hatte er sich das weniger schmerzvoll vorgestellt.
Abgehakt.
Nächster Tagungspunkt: Beerdigung vorbereiten.
Di 27.09.05 9:11
Nachruf:
Herr M., der Zeit seines Lebens nichts anderes fertig brachte, als zwei Kinder zu erziehen, vom Lohn seiner Frau zu leben und wenig nachgefragte Kinderbücher zu schreiben, darf ab sofort im Mausoleum besichtigt werden. Dort steht er gut gekühlt und wird hin und wieder reanimiert, um Kindern, die sich nicht wehren können, aus eben diesen Büchern (nichtsdestotrotz hervorragende Bücher) vorzulesen.
9:30
Zur Komplettierung seiner grandiosen Niederlage hier ein paar Zahlen aus den Honorar-Abrechnungen des vergangenenen Halbjahres: Titel/Title: Der zehnte Mond - minus 39 Expemplare // Große Liebe Nr.1 plus 57 Exemplare // Flanken, Fouls und fiese Tricks plus 7 Exemplare // Voll die Meise 0 Exemplare // Sackgasse 13
plus 41 Exemplare // Das Vampir Programm plus 24 Exemplare //9:36
PS.
Soeben habe ich einen Vertrag mit einer renommierten Literatur-Agentur über Der Vogel und der Zauberer geschlossen.14:22
Sehr geehrter Herr,
es gibt einiges, was Sie nicht wissen, nicht wissen können. Etwa, dass Ihre Tante sehr unter Ihrem Opa gelitten hat. Auch, dass sie Ihren Vater häufig aus der Schusslinie zog, wenn es gefährlich wurde in der Bismarckstraße.
Dass Ihre Tante einen Mann heiratete, der schon bei Ihrer Hochzeit wegen Trunkenheit zu spät kam. Es gibt tausend Dinge, von denen Sie noch nie gehört haben, und die, wüssten Sie davon, Sie veranlassen könnten, Ihr Verhalten zu überdenken.
Sehr geehrter Herr,
ich beschwöre Sie, wie in aller Welt haben Sie auf die Idee kommen können, jemand wolle Ihnen Ihren Platz streitig machen. Nie und niemals wäre das vorgekommen. Die Idee, Ihrer Tante einen Platz in unserer Gemeinschaft einzuräumen, hatte einzig und allein mit deren Gesundheitszustand zu tun.Sehr geehrter Herr,
Sie sind noch jung. Sie wissen nicht, wie es sich anfühlt, wenn die erste, schwerwiegende Erkrankung einen überzieht wie ein Gewitter das Land. Sie wissen nicht, welche Ahnungen in einem Menschen hochsteigen, der sich nach einem langen Berufsleben plötzlich mit der Tatsache konfrontiert sieht, mit einer 50% Schwerbehinderung frühzeitig auszuscheiden. Die Linderung des Schmerzes, die solche Ahnungen verursachen, war es, die uns veranlasst hat, Ihre Tante einzuladen.Jede andere Deutung der Vorgänge ist absurd und entspringt allein Ihrer blühenden Phantasie.
In der Hoffnung, Ihnen hiermit gedient zu haben, verbleiben wir mit vorübergehend gebrochenem Herzen
...gez.
Mi 28.09.05 9:24
Las gestern im Heidehof Erwachsenen aus der Sackgasse 13 vor. Brachte sie dazu, den uralten Schrank mit einem lähmenden, durch Mark und Bein fahrenden Geräusch zu öffnen. Sie waren ein wenig zurückhaltender als Kinder, aber immerhin, sie quietschten und kreischten und lachten anschließend.
Enttäuschend an diesem Abend war das Essen. Ich hatte geglaubt, wenn Rotarier sich träfen, würde nicht gespart, aber weit gefehlt. Nach dem Eingangssmalltalk mit einigen sehr freundlichen Menschen brachten Kellner jedem einen kleinen, dafür bis an den Rand gefüllten Teller mit grünen Bandnudeln. Obenauf lag ein Lachsfilet. Dazu kam pro Tisch eine Schüssel grüner Salat.Ich dachte, was für eine seltsame Vorspeise und war gespannt, was danach käme, aber danach kam nichts. Danach hielt der Vorsitzende eine kurze Rede und kündigte meine Lesung an. Ich las also gegen den einsetzenden Verdauungsprozess von etwa fünfundzwanzig Erwachsenen.
Ich las schnell und langsam, ich las nicht sehr lange, denn ich wollte die Damen und Herren nicht über Gebühr strapazieren, aber alle schienen gut unterhalten und kauften mir anschließend Bücher ab.
Der erste, dem ich begegnete, als ich gegen 19:05 den Heidehof betrat, war ein großer, aufgeschwemmter Holländer mit bläulich rotem Alkoholikergesicht, der mich fragte, ob hier das Treffen der Rotarier stattfände. Ja, sagte ich. Er war nett, ich weiß nicht, welchem nervenaufreibenden Geschäft er nachgeht, ich sah ihn später im Flur aufgeregt telefonieren, dann war er fort.
Ein Schiffbauingenieur erzählte mir von seltsamen Sitten der Schiffbauer. Man stünde auf dem Tisch und müsse Bier mit einem Schnuller trinken. Er habe das oft getan. Zudem rülpse man. Zu welchem Anlass das aber geschieht, erfuhr ich nicht, oder ich erfuhr es und habe es nicht registriert.
Ein Textilfabrikant sprach mit mir über das Schreiben. Ein netter Mann, kultiviert, ich hätte gern länger mit ihm gesprochen, aber dann mischte sich ein Herr M. aus E. ein, der vorgab, mich noch von früher zu kennen, mich Herm nannte, weil man mich früher so genannt hat, ein strunzdummer CDU Oberer, der Strunzdummheit ausstrahlt, strunzdumm ist und dazu noch aus dem Mund und allen übrigen Körperöffnungen riecht. Sie glauben, das wäre überzogen? - Nein. Ist es nicht. Selbst ein objektiver Beobachter müsste, bei der Wahrheit bleibend, Gleiches konstatieren. Ich hatte den Eindruck, auch die übrigen Teilnehmer dieses Abends wussten, dass sie es mit einem Idioten zu tun haben, was mich beruhigte.
Alles in allem war es ein interessanter Abend. Vielleicht hat er Folgen, was ja der Sinn der Sache war, Anschlussaufträge, eine Lesung in der Sparkasse im nächsten Frühjahr zum Beispiel, eine Serie von Lesungen in meiner Heimatstadt, solche Dinge. Wir werden sehn.
Es ging auf 22:00 Uhr, als ich zurück nach Münster fuhr. Kurz nach 23:00 saß ich schon hinterm Schlagzeug im Hot Jazz Club und spielte auf der letzten Session dieses Monats.
16:06
Anschlussaufträge: Lesungen vom 17. - 20. Mai 2006.
Do 29.09.05 9:15
Schaute mit großem Vergnügen zwei erwachsenen Männern zu, die versuchten, sich gegenseitig zu töten, zumindest aber, sich krankenhausreif zu schlagen. Der eine aus Amerika, der andere aus Deutschland. Der aus Deutschland war der bessere Boxer, der aus Amerika der gefährlichere Schläger. So kam es, dass der Amerikaner den Deutschen in der neunten Runde derart hart traf, dass dieser technisch K.O. ging. Während aber der K.O. Gegangene schon wenig später wieder lächend vor Kameras stand und sich dafür entschuldigte, eine Sekunde lang nicht aufgepasst zu haben, musste der alte und neue Weltmeister aus Amerika von seinen Sekundanten unterm Arm gefasst mehr oder weniger aus der Halle geschleift werden, denn allein hätte er wohl nicht mehr gehen können.
So ungerecht ist das Leben. Da boxt einer sauber und mit Stil gegen einen, der Tiefschläge austeilt und hin und wieder mit gesenktem Kopf überfallartige Angriffe startet, und wer gewinnt durch den Lucky Punch?
Richtig!
Schade war das, denn es war ein spannender Kampf. Ich hoffe, dass es eine Wiederholung gibt. Dann aber mit einem Ringrichter, der weiß, was er tut.
Glückwunsch also für den Verlierer, der ein großer Verlierer war und wahrscheinlich einer der wenigen Kosovo Albaner, den die Deutschen ins Herz geschlossen haben.
Bereite mich vor. So Gott will bin ich morgen dort.
13:03
Nachtrag zu meiner Lesung bei den Rotariern (geschrieben vom Niederländischen Sekretär der Vereinigung).
RC Gronau-Euregio
Protokoll des Treffens vom 27.9.2005
29.9.2005
Präsident:
...
Tel. ...
1. Sekretär:
...
Tel. ...
Distrikt 1870
Bericht-Nr.: 13-2005/2006, 27.9.2005 Heidehof
Zum Abendmeeting mit Damen verwillkommte der Präsident insbesondere unser neuer Freund J.B.
und seine Frau C. Frau B. schenkte er ein schöner Blumenstrauss.
Dann begrüsste er als spezieller Gast der Schriftsteller Hermann Mensing, der später am Abend "Kinderliteratur
für Erwachsene" vortragen wird.
Der Präsident blickt voraus auf eine randvolle rotarische Woche. Vier Freunde werden mit ihren Damen an das
Euromeet in Antwerpen teilnehmen. Doppelt soviele Freunde werden mit Freund K. nach Kaliningrad
fahren. Die restlichen Freunde wird aufgerufen am normalen Meeting teil zu nehmen.
Er teilt als Erinnerung mit das das Essen der Damen immer selber bezahlt werden muss und das die Clubkasse
das Essen der Herren übernimmt am vierten Dienstag der Monat.
Dann zum Benefizkonzert "Help New Orleans", dazu erzählt er das die Mannschaft vom Jazzfest beschäftigt ist
mit den Vorbereitungen. Das Konzert ist am 18.10 ab 19.30 Uhr in der Bürgerhalle. Die Westfälische
Nachrichten haben sich als Sponsor an dieses Konzert verbunden. Auch werden Freundschaftsbänder für diese
Aktion verkauft, die auch an diesem Abend verkauft werden. Näheres folgt noch.
Der Präsident introduziert der Schriftsteller Hermann Mensing. Beide haben als Kinder schon zusammen
Fussball gespielt und kennen sich schon seit langem. Hermann Mensing ist Musiker, Künstler, Autor von
Hörspiele, Kinderbücher u.v.m.
Bevor Hermann Mensing anfangt vor zu lesen aus sein Buch "Sackgasse 13" bringt er die Anwesende kurz in
Stimmung auf Hitchcock ähnliches "Suspense and Disbelief". Seine wirkungs- und ausdrucksvolle Vorlesung
wird mausstill angehört. Anschliessend beantwortet er viele Fragen aus der Runde. Er besucht etwa 50 Schulen
im Jahr um vor zu lesen. Abhängig der Ältergruppen der Kinder sucht er sich einer seiner Titel aus. Einige
autobiografische Elemente kann mann in seine Búcher zurück finden, u.a. aus seine Gronauer Jugendzeit. Er
fragt ihm weiter zu empfehlen, "ich kann es gebrauchen".
Mehr zu Hermann Mensing ins Internet unter www.hermann-mensing.de , es lohnt sich wirklich diese Seite auf
zu suchen. Viele Freunde kaufen sich anschliessend seine Bücher, die er auf Wunsch mit ein Paar Wörter
personalisiert. Der Präsident dankt Hermann Mensing für das Besuch und beendet dann das offiziëlle Teil des
Meetings. Die meisten Anwesende klingen den Abend in bester Atmosphäre aus.
_____________________________________________________________________________
(aktuell) - (download) - (galerie) - (in arbeit) - (notizen) - (start